Dortmund. Im Interview bezieht BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl Stellung zur Personalie Youssoufa Moukoko. Das Talent kommt in dieser Saison kaum zum Zug.
Dies ist der zweite Teil unseres großen Exklusiv-Interviews mit Sebastian Kehl, Sportdirektor von Borussia Dortmund. Teil eins lesen Sie hier:
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Herr Kehl, Youssoufa Moukoko fehlt es an Spielpraxis. Soll er im Winter verliehen werden?
Sebastian Kehl: Weder der Klub noch Youssoufa denken jetzt an den Winter. Wir haben im Sommer sehr offene Gespräche geführt nach der Verpflichtung von Niclas Füllkrug. Wir wissen, was wir an Youssoufa haben, natürlich hofft er auf mehr Einsatzzeiten. Aber der Kader ist sehr groß, es gibt viele andere Spieler, die sich genauso mehr Spielzeiten wünschen. Bei Youssoufa kann ich sagen, dass er das zu 100 Prozent annimmt, sich reinknallt im Training und hart an sich arbeitet. Wir werden ihn wieder brauchen. Auch an ihn glauben wir.
Sebastian Kehl über BVB-Vertrag von Gregor Kobel: Es gibt keine Hintertür
Immer noch sind Mats Hummels und Marco Reus wichtig. Hätten Sie gedacht, dass sich die Hierarchie im Kader schneller verschiebt?
Sebastian Kehl: Dass sie aktuell weiterhin so einen Einfluss auf unser Spiel haben, bestärkt uns darin, dass es richtig war, die Verträge mit beiden Spielern nochmal zu verlängern. Sie werden mit ihrer Erfahrung wichtig bleiben. Und dann werden wir uns im nächsten Jahr zu gegebener Zeit zusammensetzen und schauen, wie wir die weitere Zukunft gestalten.
Mit Gregor Kobel hat der BVB sogar bis 2028 verlängert.
Sebastian Kehl: Es war ein starkes Zeichen von Gregor, so lange zu unterschreiben.
Gibt es eine Hintertür im Vertrag?
Sebastian Kehl: Nein, es gibt keine Hintertür, kein Wenn und Aber. Und dies, obwohl national und auch international viele Klubs an ihm interessiert waren. Gregor spürt, dass wir hier etwas entstehen lassen wollen. Für mich ist er aktuell der beste Torhüter in Deutschland. Und er wird sich noch weiterentwickeln. Er wird ein Gesicht von Borussia Dortmund sein. Dass er der zweite Kapitän ist, zeigt ja, dass wir an seine Qualität und an seine Persönlichkeit glauben. Gregor ist jemand, dessen Stimme in der Kabine Gewicht hat. Der zudem immer wieder mit guten Leistungen überzeugt und gierig auf Erfolge ist.
Sebastien Haller hat eine beachtliche Rückkehr nach seiner Krebserkrankung geschafft. Jetzt kämpft er mit Formschwankungen. Was erhoffen Sie sich von ihm?
Sebastian Kehl: Sebastien hat vom Klub, vom Trainer, vom Umfeld bedingungslose Unterstützung erhalten. Er hatte maßgeblichen Anteil daran, dass wir in der Rückrunde wieder in die Spur gefunden haben. Doch es ist für jeden von uns unglaublich schwer einzuschätzen, was nach so einem Prozess im Körper passiert, zudem wird er während des Afrika-Cups fehlen. Im nächsten und im übernächsten Jahr. Auch deswegen haben wir uns kurz vor Transferende entschieden, Niclas Füllkrug zu verpflichten, den Torschützenkönig der vergangenen Saison.
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Trotzdem hat das die Situation von Sebastien Haller deutlich verändert.
Sebastian Kehl: Das ist im Moment nicht einfach für Sebastien, aber er ist ein so professioneller Fußballer, dass er die Dinge reflektieren und gut einschätzen kann. Wir hoffen einfach, dass er bald wieder auf seinem eigenen Top-Niveau sein wird. Denn ich glaube an ihn, an den Konkurrenzkampf. Die Breite eines Kaders kann enorm zum Erfolg beitragen.
Ärgern Sie sich nun, Victor Boniface im Frühjahr nicht verpflichtet zu haben?
Sebastian Kehl: Ich ärgere mich überhaupt nicht, weil ich weiß, dass gerade in meinem Job Timing und Rahmenbedingungen unfassbar wichtige Elemente sind, um im richtigen Moment eine Entscheidung treffen zu können. Zu dem Zeitpunkt, zu dem solche Transfers angebahnt und umgesetzt werden, wussten wir nicht, dass Jude Bellingham verkauft werden würde. Es gab ergo kein Budget. Außerdem war es damals nicht unbedingt der Plan, dem Kader einen weiteren Neuner hinzuzufügen. Ich finde es unabhängig von der Personalie Boniface trotzdem spannend, wie sich Spieler, die wir auf dem Zettel haben, bei anderen Klubs entwickeln. Es gibt übrigens auch viele Beispiele, bei denen ich froh bin, dass sie nicht bei Borussia Dortmund unter Vertrag stehen. (lacht)
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Trainer Edin Terzic hat sich aus dem Gegenwind zu Beginn der Saison gearbeitet. Täuscht der Eindruck, dass auch er sich weiterentwickelt, jetzt zum Beispiel mehr Einfluss während eines Spiels nimmt?
Sebastian Kehl: Wenn ein Trainer, der erst 40 Jahre alt ist, nicht in der Lage wäre, sich weiterzuentwickeln, dann würde das ja nicht funktionieren und wäre ein schlechtes Zeichen. Edin kann harte Entscheidungen treffen. Er beweist Mut, wenn er Spiele in der Halbzeit verändert. Er möchte diese Mannschaft in allen Bereichen weiterentwickeln. Ich nehme tagtäglich wahr, dass er unglaublich ehrgeizig ist, unglaublich ambitioniert. Wir waren und sind überzeugt von ihm und haben daran nie einen Zweifel gelassen.
Ihr Vertrag läuft bis 2025. Ein großer Klub wie Borussia Dortmund braucht Planungssicherheit. Da sollte es bald Gespräche geben, oder?
Sebastian Kehl: Ich bin da sehr entspannt. Ich spüre das Vertrauen der Geschäftsführung. Wir werden uns irgendwann ganz unaufgeregt zusammensetzen und darüber sprechen. Aber auch das ist wirklich nichts, woran ich im Moment denke. Jetzt geht es nur um die nächsten Spiele und den sportlichen Erfolg dieses großartigen Klubs.