Dortmund. BVB-Zugang Niclas Füllkrug drängt in die Startelf von Borussia Dortmund. Sebastian Haller ist nicht gut drauf. Auf wen sollte der BVB setzen?
Edin Terzic steht vor einer schweren Entscheidung. Vor dem ersten Champions-League-Spiel heute bei Paris Saint-Germain (21 Uhr/Prime) lässt der Trainer von Borussia Dortmund noch offen, auf welchen Stürmer er bei den favorisierten Franzosen setzen wird. In den letzten Wochen und Monaten war Sebastien Haller unumstritten, doch der 29-Jährige steckt in einer schweren Formkrise. Beim 4:2-Sieg des BVB in Freiburg wurde er in der 59. Minute durch Niclas Füllkrug (30) ersetzt. Der deutsche Nationalspieler sammelte eine Torvorlage und stellte unter Beweis, dass er der Borussia weiterhelfen kann. Füllkrug fiebert seinem Debüt in der Champions League entgegen. „Für mich ist es das erste Mal und ich hätte es nicht besser treffen können. Ich spiele in drei Top-Stadien auswärts und wir haben drei unfassbar starke Heimspiele. Die Auslosung ist klasse“, sagte der deutsche Fußball-Nationalstürmer
Am vorletzten Tag der Transferphase wurde Füllkrug für 15 Millionen Euro von Werder Bremen verpflichtet. Mit einer Rolle als Backup hinter Haller wird sich der Nationalstürmer nicht zufrieden geben. Es läuft auf ein Duell um den Startplatz im Sturmzentrum hinaus. Doch was sind die Stärken und Schwächen der beiden Angreifer? Wie unterscheiden sie sich voneinander? Und wer ist der bessere Stürmer für den BVB? Die Daten der Experten von Createfootball liefern einige Antworten.
Stats mit Ball | Haller | Füllkrug | AVG Bundesliga st 2022/23 |
Schüsse | 1.9 | 2.5 | 2.2 |
Schussgenauigkeit in % | 71% | 49% | 44% |
xg | 0.5 | 0.45 | 0.36 |
xg pro Schuss | 0.26 | 0.18 | 0.22 |
Chancenverwertung | 32% | 21% | 17% |
Dribblings | 1.2 | 2.5 | 3.1 |
Pässe | 18.5 | 26.7 | 20.2 |
Passgenauigkeit | 78% | 68% | 72% |
Ballbehauptung unter Druck | 73% | 65% | 66% |
Ballverluste | 10.2 | 17 | 12.3 |
Alle Daten pro 90 Min. im Vergleich zu allen Stürmern mit min. 1300 Spielminuten in der Bundesligasaison 2022-23.
Stats ohne Ball | Haller | Füllkrug | AVG Bundesliga st 2022/23 |
Balleroberungen | 2.6 | 2.6 | 3 |
erf. Gegenpressingaktionen | 2 | 2.1 | 2.1 |
Pressingaktionen | 5.3 | 3.7 | 7.4 |
Zweikämpfe | 20.4 | 30 | 24.2 |
Gewonnene Zweikämpfe % | 38% | 39% | 38% |
Gewonnene Luftduelle % | 50% | 46% | 38% |
Laufangebote | 43.8 | 38.6 | 42.9 |
Torgefahr pro Lauf | 0.05 | 0.03 | 0.03 |
Intensive Läufe | 73.3 | 58.3 | 71.7 |
Flankenläufe | 13.3 | 7.7 | 8.6 |
Tiefenläufe | 14.1 | 12.8 | 13.6 |
Niclas Füllkrug oder Sebastien Haller: Wer ist der bessere Stürmer?
Die Präsenz eines technisch starken Neuners im Sturmzentrum hatte einen maßgeblichen Anteil an den deutlich besseren Leistungen des BVB in der vergangenen Rückrunde. Als Haller in der Hinrunde aufgrund seiner Krebserkrankung fehlte, mangelte es dem BVB an einem Fixpunkt in der Offensive, was sich nicht nur in den Ergebnissen, sondern auch statistisch niederschlug. In der Hinrunde kam die Borussia nur zu 1,7 Treffern pro 90 Minuten (aus 1.8 Expected Goals), kein guter Wert für eine Spitzenmannschaft. Es fehlte ein treffsicherer Mittelstürmer, der die Angriffe effizient verwertete. Auch fuhr der BVB deutlich weniger Positionsangriffe und kam seltener zum Abschluss, weil das Spiel mit dem technisch limitierten Anthony Modeste viel zu berechenbar war.
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Die Rückkehr Hallers, seine Fähigkeiten am Ball und seine gegnerbindende Präsenz im Strafraum ermöglichten es auch Karim Adeyemi und Julian Brandt, vom Flügel aus deutlich häufiger in die Tiefe zu starten als in der Hinrunde, wodurch die Chancenqualität des BVB deutlich zunahm. Haller als Fixpunkt steigerte die Effizienz der Offensivbemühungen deutlich. So erzielte der BVB in der Rückrunde im Schnitt 3,1 Tore pro 90 Minuten aus 2,5 Expected Goals. Haller in guter Form macht das Angriffsspiel variabler, da er am Kurzpassspiel teilnehmen kann, aber genauso auch eine Anspielstation für vertikale Pässe und Flanken darstellt, was Malen und Adeyemi nicht können.
BVB: Haller technisch besser als Füllkrug
Mit Niclas Füllkrug hat der BVB seit einigen Wochen nun einen Stürmer, dessen physische Präsenz der von Haller ähnelt, jedoch ist der Ex-Bremer technisch klar schwächer (wenn auch besser als Modeste) und bei weitem nicht so effizient vor dem Tor. Er benötigt zwei Chancen mehr für einen Treffer als der Ivorer. Seine Schussgenauigkeit ist deutlich schlechter.
Ein weiterer Vorteil Hallers ist seine Ballsicherheit und Durchsetzungsfähigkeit mit dem Ball auf engstem Raum. Für das Ballbesitzspiel des BVB ist diese Fähigkeit elementar, zum Dortmunder Kurzpassspiel passt Füllkrug mit seinen Schwächen im Passspiel und der Ballbehandlung unter Druck eher weniger. Er ist aus Bremen einen deutlich vertikaleren Stil gewöhnt. Gerade unter Gegnerdruck zählt Haller zu den besten Stürmern der Liga, während Füllkrug in diesem Bereich nur im statistischen Durchschnittsbereich liegt. Bälle festmachen und auf engstem Raum für die Kollegen ablegen oder zum Schuss zu kommen: Das sind die Stärken Hallers.
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Füllkrug ist dafür etwas agiler als Haller und lässt sich in der Chancenkreation häufiger ins Mittelfeld fallen, um den Ball selbst in die Tiefe durchzustecken. Anders als Werder agiert der BVB jedoch nicht mit einer Doppelspitze und der Neuner ist in der Chancenkreation weniger gefordert, sondern soll die Speerspitze aller Angriffe im Zentrum bilden.
BVB-Stürmer Sebastien Haller benötigt Vertrauen
Ein weiteres Argument, das den Zweck der Füllkrug-Verpflichtung hinterfragt, ist, dass Haller das absolute Vertrauen eines Trainers braucht, um zu funktionieren. In Frankfurt, Utrecht, Amsterdam und auch in der vergangenen Saison beim BVB war er die klare Nummer eins im Sturm. Bei West Ham United scheiterte er unter anderem am nicht vollständigen Vertrauen in seine Leistungsfähigkeit, der Transfer von Füllkrug versetzt ihn möglicherweise erneut in diese Lage. Gegen Heidenheim und in Freiburg war deutlich zu sehen, dass Haller nicht so selbstbewusst und zielstrebig aufspielte, wie man es von ihm gewohnt ist. Dass mit Füllkrug ein Neuner von ähnlichem Format Haller nun den Stammplatz streitig macht anstatt sich als Back-Up einzuordnen, könnte Hallers Selbstvertrauen und damit wiederum das Dortmunder Spiel negativ beeinflussen. Möglicherweise erlebt Haller derzeit aber einen aufgrund seiner schlimmen Krankheitsgeschichte befürchteten Durchhänger. Körperlich fit wirkt der Stürmer seit Beginn der Saison nicht. Eine Pause wäre daher aktuell die logische Konsequenz.
Im direkten Vergleich hat Sebastien Haller dank seiner Präzision im Abschluss, seiner technischen Qualitäten und der Souveränität unter Druck die Nase vorn, da er deutlich besser zum Spielstil des BVB passt - wenn er sein volles Leistungsvermögen abruft. Niclas Füllkrug muss sich noch an den flachen Ballbesitzstil des BVB gewöhnen und seine Fehlerhaftigkeit unter hohem Gegnerdruck abstellen, wird aber mit seiner Strafraumpräsenz in der Lage sein, nach Einwechslungen dem Spiel seinen Stempel aufzudrücken. Das tat er bereits in Freiburg.
Haller oder Füllkrug: Das BVB-Fazit
Steigert Niclas Füllkrug seine Effizienz im Strafraum und leistet sich weniger Ballverluste – gerade dieser Aspekt ist enorm wichtig, um gegnerische Umschaltsituationen zu vermeiden – kann er Sebastien Haller im Angriff den Startelf-Platz streitig machen. Jedoch wird kritisch zu beobachten sein, wie sich die neue Konkurrenzsituation im Sturm auf das Selbstvertrauen Hallers in seine Fähigkeiten und damit letztendlich auch auf die Chemie innerhalb der Dortmunder Mannschaft auswirkt – denn keiner der beiden BVB-Stürmer wird sich mit einem Bankplatz über weite Strecken der Saison zufrieden geben.