Gelsenkirchen. Karel Geraerts ist weg, doch die Sorgen auf Schalke bleiben. Auch Interimstrainer Jakob Fimpel wird in zwei Wochen nicht alle Probleme lösen können.
In nur wenigen Stunden vom Regionalliga-Trainer zum Zweitliga-Coach. Nachdem Jakob Fimpel noch am Freitagabend als Verantwortlicher der U23 von Schalke 04 in Wuppertal an der Seitenlinie stand (0:1-Niederlage), leitete der 35-Jährige schon am Samstagmorgen das Training der S04-Profis. Nach der Freistellung des Belgiers Karel Geraerts übernimmt das Schalker Trainertalent interimsweise für zwei Spiele bis zur Länderspielpause.
Für Jakob Fimpel (seit elf Jahren auf Schalke) ist es die erste Chance, sich als Trainer auf der großen Bühne zu präsentieren und Eigenwerbung zu zeigen. Doch leicht hat es der Interimstrainer nicht, denn er übernimmt viele der Probleme seines Vorgängers, die er schon bis zum Auswärtsspiel bei Preußen Münster am Samstag (20.30 Uhr/Sky) bestmöglich lösen muss.
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Schalke fehlt das Selbstvertrauen - der Druck steigt
Erster Ansatz des Trainers muss es sein, die verunsicherte Mannschaft wieder aufzubauen, denn die 3:5-Niederlage gegen Darmstadt 98 wird die Profis noch länger beschäftigen. Nach 3:0-Führung noch zu verlieren, hinterlässt Spuren und ist Gift für das Selbstvertrauen. Dass dann noch individuelle Fehler zu Gegentoren führen, kann auch ein Problem für die eigentlich ganz gute Stimmung in der Kabine werden.
Nach nur sechs Spieltagen ist der Druck auf Schalke mal wieder groß. Die Mannschaft steckt schon jetzt im Tabellenkeller der 2. Bundesliga – und sollte es auch bei Aufsteiger Münster nicht zum Sieg reichen, dürfte es so schnell auch nicht aufwärtsgehen. Der Ballast ist groß.
Schalke: Die Stimmung bei den Fans kippt
Als die Profis nach der peinlichen Niederlage gegen Darmstadt in Richtung der Nordkurve gingen, platzte vielen der Fans auf der Stehplatztribüne der Kragen. Die Schalker Mannschaft wurde von den Fans gnadenlos ausgepfiffen und wüst beschimpft. „Der Ärger ist völlig verständlich“, sagt Marcin Kaminski. „Wenn man ein solches Spiel zeigt, kann man nichts Anderes erwarten.“
Die Geduld vieler Anhänger mit der Mannschaft scheint schon jetzt zu Ende zu gehen. Eine gefährliche Konstellation, schließlich braucht das ohnehin verunsicherte Team gerade jetzt die Unterstützung – und nicht noch zusätzlichen Druck durch Pfiffe. Doch diese Unterstützung müssen sich die Schalker zumindest mit Leidenschaft verdienen. „Wir müssen versuchen, die Fans wieder auf unsere Seite zu bringen“, sagt Innenverteidiger Kaminski. „Aber wir wissen natürlich, dass uns niemand unterstützt, wenn wir so weiterspielen.“
Schalke: Es fehlt an Führungsspielern
Gerade in Krisenzeiten sind in einer Fußballmannschaft Führungsspieler gefragt – davon allerdings gibt es auf Schalke nicht mehr viele. Charakterstarke Anführer wie Simon Terodde, Marius Müller oder Danny Latza haben den Verein im Sommer verlassen, Dominick Drexler ist aussortiert und spielt keine Rolle, auch Marcin Kaminski wurde von Ex-Trainer Geraerts entmachtet. Seit dem Sommer musste sich deshalb eine neue Hierarchie bilden in der Kapitän Kenan Karaman sowie seine Vertreter Paul Seguin und Tomas Kalas zentrale Rollen einnehmen sollen. Bislang mit mäßigem Erfolg.
Karaman, der eigentlich eher ein ruhiger Typ ist, ist sehr bemüht, diese Führungsrolle auszufüllen. Er spricht seit einigen Monaten viel mehr mit seinen Kollegen, kommt aus sich heraus und will auch auf dem Platz durch Leistung und Körpersprache vorangehen – ein natürlicher Leader ist er trotz seiner Bemühungen aber nicht.
Ähnlich sieht es bei Paul Seguin und Tomas Kalas aus. Beide werden wegen ihrer sportlichen Qualitäten in der Mannschaft geschätzt, doch Seguin steht nicht gern im Mittelpunkt, ist ein ruhiger Typ und zudem seit Wochen verletzt. Kalas ist bei seinen Teamkollegen zwar beliebt aber der Tscheche war bislang niemand, der in schwierigen Situationen regelmäßig das Wort ergriffen hat.
Schalke stellt die schlechteste Defensive der 2. Bundesliga
Das wohl größte sportliche Problem ist die löchrige Defensive. Schon 16 Gegentore haben die Königsblauen in sechs Zweitligaspielen kassiert – der schlechteste Wert der Liga. Erschreckend ist, dass immer wieder grobe individuelle Fehler zu Gegentreffern führen und die Abwehr noch längst nicht eingespielt ist.
Auch, weil Ex-Trainer Geraerts sich nie auf eine Abwehr-Kette festgelegt hat. Nach jedem Spiel tauschte er die Innenverteidiger und sorgte so für noch mehr Verunsicherung auf dem Platz. „Jeder weiß, wie wichtig Stabilität ist“, sagt Innenverteidiger Marcin Kaminski, der in drei von sechs Ligaspielen zum Einsatz gekommen ist. „Es kann nicht sein, dass wir immer die Innenverteidiger wechseln. Es braucht Spieler, die immer da sind, auf die man sich verlassen kann.“
Genau da muss Interimstrainer Jakob Fimpel ansetzen und sich auf ein Pärchen im Abwehrzentrum festlegen. Vize-Kapitän Tomas Kalas dürfte nach seiner Rückkehr aus der Verletzung gesetzt sein – an Fimpel liegt es, den besten Nebenmann für den 31-Jährigen zu finden und ihm Vertrauen zu schenken.
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