Dortmund. Der BVB hat seine erste Debatte: Ist der Kader zu dünn? Sportdirektor Sebastian Kehl verneint. Stimmt das? Eine Analyse.
Die Saison ist noch jung und doch beschäftigt den BVB bereits die erste Debatte, nämlich die, ob der Kader zu dünn besetzt sei. „Ich arbeite gerne mit kleineren Kadern“, entgegnete Trainer Nuri Sahin. Sportdirektor Sebastian Kehl meinte, dass es ein Teil der Planung gewesen sei, die Mannschaft zu verschlanken und mit jungen Spielern aufzufüllen.
Doch schon im Heimspiel am Freitag (20.30 Uhr/DAZN) in knapp zwei Wochen gegen den 1. FC Heidenheim tritt ein Engpass auf; Nico Schlotterbeck darf aufgrund seines Platzverweises in Bremen (0:0) nicht spielen. Sahin muss improvisieren, er wird wohl wieder von einer Dreier- auf eine Viererkette umstellen. „Das sollte uns nicht so oft passieren“, mahnte Kehl, ergänzte aber: „Der Kader bietet sehr, sehr viele Optionen.“
Na was denn nun? Fünf Fußballer hat der BVB für die Profimannschaft verpflichtet, zählt man die Leihgeschäfte hinzu, haben sich zehn Spieler verabschiedet. 24 Mann sitzen noch in der Kabine. Zu wenig? Eine Analyse.
Die BVB-Defensive und ihre Probleme
Auf der Torhüterposition genießt Nuri Sahin den Luxus, in Gregor Kobel einen der stärksten Torhüter der Liga aufstellen zu können. Sein Vertreter Alexander Meyer gehört zu den besten Ersatzmännern. Dann aber wird es komplizierter. Drei Innenverteidiger, die alle für die Nationalmannschaft infrage kommen, zählen zu Sahins Auswahl: Schlotterbeck, Niklas Süle und Waldemar Anton. Das klingt angenehm, in einer langen Spielzeit mit der aufgeblähten Champions League und der Klub-WM muss aber damit gerechnet, dass auch mal zwei dieser Abwehrspieler ausfallen. Filippo Mané, 19, müsste einspringen, genauso könnten Kapitän Emre Can oder Linksverteidiger Ramy Bensebaini aushelfen. Alles keine Dauerlösungen.
Hinzu kommt das Problem auf den Außenverteidigerposition. Bensebaini (links) hat im ersten Jahr enttäuscht, Neuzugang Yan Couto (rechts) muss sich erst an seine neue Umgebung gewöhnen. Julian Ryerson kann beide Seiten bearbeiten. Ein weiterer Linksverteidiger konnte nicht verpflichtet werden. Ob das Talent Almugera Kabar, 18, bereits eine Alternative sein kann, lässt sich nicht sagen.
Das BVB-Mittelfeld: Viel Qualität, die abgestimmt werden muss
Hier soll Nationalspieler Pascal Groß der Fixpunkt im Dortmunder Spiel werden als Ballmagnet, als Ballverteiler. Bislang hat Sahin im Zentrum neben Groß seinen Kapitän, Emre Can, aufgestellt, der Tempo und Härte mitbringt, dem es aber an taktischer Finesse fehlt. Und sonst? Felix Nmecha bleibt rätselhaft. Kjell Wätjen, 18, ist hochveranlagt, aber noch unerfahren. Marcel Sabitzer kann in der Mitte fast jede Rolle ausfüllen. Julian Brandt gehört zu den besten Vorbereitern der Liga, auch der seit langem schwächelnde Giovanni Reyna verfügt über eine enorme Ballsicherheit. Viel Qualität vereint sich hier, aber seit mehreren Spielzeiten schafft es der BVB nicht, diese Fähigkeiten zu einem stimmigen Konstrukt zu formen.
Die BVB-Offensive und die Hoffnung auf Serhou Guirassy
Zugang Serhou Guirassy wird nach seiner Knieverletzung bald mitwirken können, möglicherweise kann er schon gegen Heidenheim in den Kader springen. Der Stürmer, gekommen vom VfB Stuttgart, soll der Fixpunkt im Angriff werden. In Bremen wurde Maximilian Beier von der gegnerischen Verteidigung verschluckt. Der 21-Jährige ist als Ersatz für Niclas Füllkrug (West Ham United) verpflichtet worden, Youssoufa Moukoko (OGC Nizza) und Sebastien Haller (CD Leganés) wurden verliehen. Die Lösung seien „polyvalente Spieler“, erklärte Kehl. Karim Adeyemi etwa begann gegen Eintracht Frankfurt (2:0) in der Spitze, genauso kann Donyell Malen nach vorne rücken.
Malen und Adeyemi gehören allerdings eigentlich zu den Dortmundern, die über die Außenbahn Spiele verändern sollen. So wie Jamie Gittens, dem das mit seinen beiden Treffern gegen Frankfurt gelang, und der junge Julien Duranville, 18. Die sportliche Führung setzt auf die Hoffnung, dass möglichst zwei dieser potenziellen Unterschiedsspieler es schafft, konstant zu überzeugen. Bislang ist dies noch keinem von den Vieren gelungen.
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Und so bleibt das Risiko, dass, wie Nuri Sahin sagte, „du vier, fünf große Verletzungen hast. Dann kann es eng werden“. Es fehlt ein weiterer Linksverteidiger, es gibt wie in der vergangenen Spielzeit nur drei Innenverteidiger auf Topniveau. Es müssen einige Talente den nächsten Schritt schaffen. Auch Serhou Guirassy sollte, sobald er zurückkehrt, funktionieren. Der Dortmunder Kader wurde im Sommer sinnvoll verstärkt, viel schiefgehen aber darf in dieser langen BVB-Saison nicht.