Hamburg. Pascal Groß ist bei Borussia Dortmund schon nicht mehr wegzudenken. Der Zugang behebt eine große Schwäche des alten Kaders.

Sebastian Kehl war sehr überrascht, dass der erste Pokal in dieser Saison bereits in den Besitz eines Spielers von Borussia Dortmund gewandert war. Nein, der Sportdirektor zweifelte nicht an, dass dies verdient gewesen sei, er wunderte sich bloß, dass der Deutsche Fußball-Bund bereits in der ersten Runde des Pokals einen Spieler des Spiels ausgezeichnet hat. „Jetzt schon? Ehrlich?“, fragte Kehl am Samstagabend im Hamburger Volksparkstadion. Aber Pascal Groß hielt natürlich zurecht die Trophäe in der Hand, er habe ja ein „gutes Spiel“ gemacht und sei „total souverän“ gewesen.

Kehls Laune ist in diesem Sommer prächtig. Das 4:1 (3:0) über Regionalligist Phönix Lübeck, eine Pflichtaufgabe für den Champions-League-Finalisten, ist dafür freilich nicht der Hauptgrund, sondern viel mehr die Erkenntnis, dass Kehl in Person von Groß ein wichtiges Puzzlestück zum BVB-Kader hinzufügen konnte. Erst ein Pflichtspiel ist absolviert, doch schon jetzt ist Groß, 33, als Ballverteiler nicht mehr aus dem Dortmunder Mittelfeld wegzudenken.

BVB: Großes Lob von Trainer Nuri Sahin

Innerhalb von wenigen Wochen – wie die anderen EM-Teilnehmer war Neuzugang Groß erst Anfang August ins Training eingestiegen – ist der Mannheimer, der als Kind Dortmund die Daumen drückte und Tomas Rosicky bewunderte, zum Taktgeber aufgestiegen, der das Spiel an sich reißt. „Ein Spieler schafft das in kurzer Zeit, wenn er intelligent ist, Fußball denkt und weiß, wie der Hase läuft. Das weiß Pascal, deswegen haben wir ihn geholt“, lobte Trainer Nuri Sahin, und das nicht zum ersten Mal: „Ich muss aufpassen, dass ich nicht zu viel über Pascal rede, weil ich das Gefühl habe, sehr viele Fragen zu Pascal zu bekommen.“

Gegen Lübeck: Borussia Dortmunds Pascal Groß.
Gegen Lübeck: Borussia Dortmunds Pascal Groß. © Max Ellerbrake / firo Sportphoto | Max Ellerbrake

Die gab es am Samstagabend auch in Hamburg aus gutem Grund. 169 Ballkontakte hatte Groß, 162 Pässe spielte er, 95 Prozent davon kamen bei den Mitspielern an. Es waren die einfachen, mit denen Groß den Rhythmus des Spiels formen, mit denen er die gegnerischen Spieler aus der Formation locken kann. Manchmal musste er den Ball nur klatschen lassen, um die Angriffe zu verlagern. Es wirkt, als sei Groß seinen Gegenspielern gedanklich mindestens zwei Schritte und einen Pass voraus. Sein Spiel ist einfach und effektiv. „So ein Spielertypus hat uns in unserem Spiel ehrlich gesagt ein wenig gefehlt. Er tut uns einfach gut“, meinte Sahin.

BVB: Pascal Groß gibt zwei Vorlagen

Groß lässt sich allerdings nicht nur darauf reduzieren, denn in dessen Fuß schlummern auch spektakuläre Pässe wie jener in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit. Wie ein American-Football-Quarterback ließ sich Groß tief in die eigene Hälfte zurückfallen. Da sah er Julian Brandt in die Tiefe des Raumes starten und schlug einen punktgenauen Pass über das gesamte Spielfeld. Der 28-jährige Brandt veredelte den langen Ball zum 3:0.

Bejubeln das 3:0: Borussia Dortmunds Julian Brandt (r.) und Pascal Groß.
Bejubeln das 3:0: Borussia Dortmunds Julian Brandt (r.) und Pascal Groß. © Max Ellerbrake / firo Sportphoto | Max Ellerbrake

Brandt und Groß, aus dessen Eckstoß das 1:0 durch Waldemar Anton resultierte, bilden ein Mittelfeld-Duo, das dem BVB in dieser Saison eine Menge Freude bereiten kann. Es war ja nicht nur die Vorlage, die auffiel, sondern auch die vielen Kombinationen auf engem Raum, durch die Brandt und Groß in Windeseile viel grüne Wiese überbrücken können. Sie sollen die neue Zentrums-Achse bilden. „Fußballerisch ist es einfach, sich mit Jule zu verstehen, weil er ein sehr guter Spieler ist“, sagte Groß. „Wenn man ihn einsetzt, kann er seine Qualitäten zeigen. Das versuche ich zu machen. Und er ist ein feiner Mensch.“

Auf BVB wartet gegen Eintracht Frankurt Standortbestimmung

Groß, für den Dortmund samt Prämien knapp 10 Millionen Euro Ablöse an Brighton & Hove Albion überweisen muss, bemühte sich im Anschluss darum, auf die Bremse zu treten, wie er es auch während der 90 Minuten tut, wenn er spürt, dass zu viel Hektik im Spiel ist. Weil der Gegner eben nur ein Regionalligist war und Groß sich selbst nicht so wichtig nehmen will. „Ich probiere, die Dinge nicht zu hoch zu hängen, aber ich versuche schon gut Fußball zu spielen“, sagte er über die Auszeichnung zum Spieler des Spiels. Dass er nun einen kleinen Pokal in der Hand hält, sei eine Bestätigung dafür. „Wenn der Trainier das auch so sieht, ist das okay“, ergänzte Groß und schmunzelte.

Aber, betonte er, „jetzt in der Bundesliga erwartet uns ein anderes Kaliber, deswegen ist es wichtig, dass wir in der Woche gut arbeiten und uns richtig vorbereiten, dann werden wir sehen, wie weit wir sind.“ Gegner ist am Samstag Eintracht Frankfurt (18.30 Uhr/Sky), eine Standortbestimmung. Auch die Hessen übrigens buhlten im Sommer wie der BVB intensiv um Groß‘ Dienste. Man sieht bereits jetzt, warum.

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