Bangkok/Osaka. Felix Nmecha wurde für viel Geld verpflichtet und wartet auf seinen Durchbruch. Der erste BVB-Test in Asien macht wenig Hoffnung. Wann zündet er?
Die große Leinwand verriet auch noch eine Stunde nach dem Abpfiff das bittere Ergebnis, 0:4 hatte Borussia Dortmund gegen BG Bathum United verloren. Felix Nmecha aber schaute, als er die Kabine verließ, zu den Fans, die unten an der Tribüne gewartet hatten in der Hoffnung, noch ein Foto mit ihren normalerweise sehr weit entfernten Lieblingen zu ergattern. Die Sonne war in Bangkok längst untergegangen, Mücken schwirrten durch die feuchte Luft, in Nmechas Ohren glänzten Ohrringe, während er die Wünsche der Dagebliebenen erfüllte.
Neben dem Stadion wartete der Mannschaftsbus, der die Fußballer zum Flughafen bringen sollte. Noch in der Nacht ist der BVB von Thailand nach Japan gereist. Hier wird die Elf am Mittwoch (12.15 Uhr, deutscher Zeit) gegen Cerezo Osaka spielen und in Shinji Kagawa eine Legende wiedertreffen.
Felix Nmecha wartet auf den Durchbruch beim BVB
Und eigentlich sollte jemand wie Felix Nmecha in dieser Phase, in der viele Stammkräfte aufgrund der EM fehlen, zeigen, dass seine Erzählung in dieser Saison eine andere werden könnte, dass er sich endlich auf dem Weg befindet, anzukommen in diesem großen Klub. Intern halten sie weiterhin große Stücke auf den 23-Jährigen, vor einem Jahr wurde der Zentrumsspieler für 30 Millionen Euro vom VfL Wolfsburg verpflichtet. Ein riesiges Potenzial schlummere in ihm, meint Julian Brandt. Nur zeichnet sich auf dem Platz meist ein anderes Bild ab.
Am Sonntagabend wirkte Nmecha gegen Bathum United erneut seltsam fahrig; vor dem ersten Gegentor vertändelte er den Ball, schon zuvor hatte er einen miserablen Fehlpass gespielt, später verlor er noch ein Dribbling – und dies gegen einen Gegner, der, bei allem Respekt, in der ersten thailändischen Liga antritt und bei weitem nicht über das Niveau der Dortmunder verfügt.
BVB-Trainer Nuri Sahin ist nach Blamage sauer
„Auch wenn die Jungs müde sind, kann ich nicht sagen: ,Schwamm drüber.‘ Wir müssen darüber reden“, sagte Trainer Nuri Sahin. „Heute hat es mir in Sachen Restverteidigung überhaupt nicht gefallen, das sind die Basics, die haben nichts mit schweren Beinen zu tun. Wer die Basics nicht macht, der wird nicht spielen.“ Und Nmecha? Der habe auf der Doppelsechs eine ungewohnte Rolle ausfüllen müssen, meinte Sahin. „Felix ist ein sehr, sehr guter Fußballer, der sich eigentlich weiter vorne wohler fühlt, aber im Moment haben wir nicht so viele Spieler.“
Weniger Fehler darf man von einem Profi, der eine Menge Geld gekostet hat, trotzdem erwarten. Die Anfälligkeit für Missgeschicke hat sich neben den Verletzungen durch das erste schwarz-gelbe Jahr von Felix Nmecha gezogen. Manchmal erweckt er auf dem Platz den Anschein, als wisse er nicht, wo er sich positionieren solle, als suche er nach einem Anker, der ihm im Dortmunder Spiel Halt gibt. So orientierungslos bleibt ihm nur eine Nebenrolle, die eigentlich nicht für ihn vorgesehen war.
Nmecha bei Trikot-Präsentation nicht dabei
Diese Rolle drückte sich in Bangkok darin aus, dass er derjenige war, der am ersten Tag die Pressekonferenz zum Duell gegen Bathum United besuchte. Nicht etwa, weil von ihm die größte Strahlkraft ausgeht, sondern weil der deutlich wichtigere Termin in den wuseligen Gassen der wilden asiatischen Großstadt stattfand. Julian Brandt, Karim Adeyemi, Julian Ryerson und Niklas Süle präsentierten das neue, aufgrund des Aussehens umstrittene Cup-Trikot. Nmecha war für diese Präsentation nicht vorgesehen.
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Immerhin sorgte sein Medientermin dafür, dass der Nationalspieler, der selten spricht, ein paar Fragen beantworten musste. Es gehe gerade darum, so Nmecha, „fit zu werden und in den Rhythmus zu kommen“. Die Umstände seien zwar schwierig, aber „am Ende hilft es uns, weil es uns fordert. Man fühlt sich energiegeladener, wenn man zurück zu Hause ist und bei nicht mehr so schwülheißem Klima spielen muss.“
BVB: Felix Nmecha setzt auf seinen Glauben
Um aber zu verstehen, wie der hochveranlagte Fußballer mit kritischen Situationen umgeht, muss man vor allem seinen strengen christlichen Glauben betrachten (dessen Auslegung bei der Verpflichtung für enorme Diskussionen gesorgt hatte, weil Nmecha bei Instagram homophobe Beiträge geteilt hatte). Dabei kann ein kleines Buch helfen, das vor den Europameisterschaftsspielen in Köln verteilt wurde. Darin erklären Profis ihren christlichen Glauben, darunter Felix Nmecha, der davon berichtet, wie ihm „sein Weg zu Jesus“ geholfen habe, Rückschläge wegzustecken. Man muss all das nicht teilen, ihm aber soll dieser Glaube nun Kraft geben, endlich den Durchbruch zu schaffen.
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