Oslo. Ex-Nationalspieler Paul Drux erklärt, wo beim DHB-Team vor dem Viertelfinale Verbesserungspotenzial herrscht und was er der Auswahl zutraut.

Paul Drux ist weit weg und doch irgendwie ganz nah dran. Während sich die deutsche Handball-Nationalmannschaft in Oslo auf das Viertelfinale gegen Portugal (Mittwoch, 20.30 Uhr, ARD) vorbereitet, geht der 29-Jährige in Berlin mit seiner jüngsten Tochter spazieren. Spätestens seit der Profi der Füchse Berlin im Oktober wegen anhaltender Knieprobleme seine Karriere beenden musste, ist seine Zeit beim Deutschen Handballbund (DHB) vorbei.

Doch diese Weltmeisterschaft, die lässt sich der ehemalige Nationalspieler trotzdem nicht entgehen. Als Co-Kommentator bei SportdeutschlandTV oder als Fan seiner einstigen Teamkollegen ist er gefühlt dann doch mittendrin.

Handball-WM: Luftveränderung in Oslo wird der Mannschaft guttun

„Es macht großen Spaß, die WM so zu erleben“, sagt Drux, der in den vergangenen Tagen immer mal wieder mit Marian Michalczik, Julian Köster oder Füchse-Teamkollege Nils Lichtlein geschrieben hat.

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Sieben große Turniere hat Drux gespielt, 127 Länderspiele bestritten, dabei Olympia-Bronze gewonnen. Er kennt die Tücken dieser intensiven Wochen im Januar, die Herausforderungen und Ansprüche. Auch jetzt, nachdem der DHB-Tross von Herning in Dänemark zur K.-o.-Runde nach Oslo in Norwegen umgezogen ist.

„Natürlich ist man da, um eine Weltmeisterschaft zu spielen“, erklärt der einstige Rückraumspieler. „Aber der Lagerkoller kommt zwangsläufig. Deshalb ist es gut, jetzt in Oslo zu sein, sich ein bisschen ablenken zu können, die Stadt anzuschauen. Das wird helfen.“

Drux sieht Chance auf Bronze für das DHB-Team

Mit dem Viertelfinale beginnt die entscheidende Phase des Turniers. Während junge Spieler wie Justus Fischer (21) und David Späth (22) freimütig vom WM-Titel träumen, sieht Drux den realistischen Weg. Sieg im Viertelfinale, Halbfinale gegen die wahrscheinlich unschlagbaren Dänen und dann ins Spiel um Platz drei.

„Im Viertelfinale gibt es keinen klaren Favoriten“, sagt der Berliner. „Aber wenn wir weiterkommen, bin ich gespannt, was passiert, wenn die Dänen das erste Mal Druck haben und nicht mehr in der Heimat in Herning spielen. Wir haben eine super Chance auf Bronze.“

Paul Drux bestritt 127 Länderspiele für den Deutschen Handballbund.
Paul Drux bestritt 127 Länderspiele für den Deutschen Handballbund. © imago/Camera 4 | imago sportfotodienst

Eine Medaille – dafür braucht es nun die eine oder andere Steigerung im Vergleich zur Hauptrunde. „Wir haben uns vorn schon ein bisschen gemüht. Da hat der Flow gefehlt. Ich würde mir von allen ein bisschen mehr Tempo wünschen, das würde dem Spiel guttun“, meint Drux. „Auch ein paar mehr einfache Tore aus der zweiten Welle würden helfen.“

Juri Knorr gibt grünes Licht für Einsatz im Viertelfinale

Vor allem gegen die Portugiesen, die bislang ein famoses Turnier spielen. „Sie haben echt eine gute Abwehr, die 6:0, die sie haben, legen sie sehr offensiv an, sind beweglich, haben kräftige Innenblock-Spieler.“

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Da sind die Costa-Brüder Martim und Francisco. Aber eben auch Profis wie Salvador Salvador, „der einen super Job in der Abwehr macht und das Tempospiel belebt, der läuft oftmals unter dem Radar“. Außerdem hat Torhüter Diogo Rema Marques den gewissen „X-Faktor“. Drux attestiert Andreas Wolff und David Späth zwar „ein super Turnier“ und sieht die Deutschen in der Überlegenheit im Tor, „aber Marques kann so ein Spiel auch an sich reißen“.

Das kann Juri Knorr auch. Dafür muss der Spielmacher aber wieder fit werden. Der 24-Jährige war das erste Opfer einer kleinen Grippewelle, die das DHB-Team erwischt hat, gab am Montag aber grünes Licht für einen Einsatz im Viertelfinale. „Er ist ein Spieler, der den Unterschied machen kann“, gibt Drux zu. Dass es aber auch Alternativen gibt, haben die vergangenen Spiele ohne den Ausnahmekönner gezeigt.

Juri Knorr ist nach eingehenden Untersuchungen in Flensburg am Montag wieder bei der Mannschaft des DHB in Oslo eingetroffen.
Juri Knorr ist nach eingehenden Untersuchungen in Flensburg am Montag wieder bei der Mannschaft des DHB in Oslo eingetroffen. © imago/Kessler-Sportfotografie | IMAGO/Gerhard Koffler

Gratwanderung zwischen Gemeinschaftsgefühl und Ansteckungsgefahr

Luca Witzke hat das stark gemacht gegen Tunesien, auch Nils hat ein erfrischendes Element reingebracht. Gerade die Möglichkeit, mit zwei Linkshändern zu spielen, wenn Juri nicht dabei ist, vielleicht mal Witzke auf halb zu stellen, um drei schnelle Spieler im Rückraum zu haben, ist eine echt gute Option.“

Wichtig ist nur, dass sich nicht noch weitere DHB-Profis anstecken. Dafür wurden auch die Hygienemaßnahmen innerhalb des Teams noch einmal angepasst. „Das ist schon komisch“, erklärt Drux. „Du willst die Laune hochhalten, spielst abends mal Karten oder gehst gemeinsam in die Stadt. Du willst Zeit zusammen verbringen und nicht nur auf dem Zimmer hocken. Das ist ja auch wichtig fürs Mannschaftsgefühl. Aber wenn du einen Virus im Team hast, musst du schon darauf achten, dass du den Ärzten sofort Bescheid sagst, wenn du erste Anzeichen fühlst.“

Beim DHB würden sie jetzt lieber Anzeichen dafür sehen, dass es im Turnier noch weit geht. Bis zum Sonntag, wenn in Oslo die Spiele um die Medaillen stattfinden. Da wird Paul Drux dann auch nicht mehr spazieren gehen.

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