Paris. Annett Kaufmann ist die Entdeckung des Tischtennis-Turniers. Mit 18 Jahren trumpft sie bei Olympia groß auf und spielt mit dem Team um Bronze.

Annett Kaufmann titscht den kleinen weißen Plastikball noch einmal mit ihrem Schläger kräftig auf den Boden. Als wolle sie sich nach dem Motto vergewissern: Ich kann das, der Ball gehorcht mir. Dann setzt sie zum Aufschlag an und reißt kurz darauf die Arme in die Luft. Mit 3:0 hat sie im Halbfinale des Tischtennis-Teamwettbewerbs der Frauen Miwa Harimoto – die Nummer acht der Welt – bezwungen. Es ist der fünfte Sieg im fünften Spiel für die 18 Jahre alte Olympia-Debütantin. „Ich war ein bisschen schockiert, wie klar es war“, erklärt die Nummer 100 der Welt ihre Reaktion nach dem Matchball.

Vier Augen für Olympia

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    Anders als im Viertelfinale gegen Indien, in dem Kaufmann mit zwei Einzelsiegen glänzte, reicht ihr Coup diesmal nicht fürs Weiterkommen. Kaufmann, Yuan Wan (27) und Xiaona Shan (41) unterlagen den favorisierten Japanerinnen mit 1:3 und treffen an diesem Samstag (10 Uhr) im Spiel um Platz drei auf Südkorea. Das Finale bestreiten Japan und China.

    Vom Ausnahmetalent zur Olympia-Überfliegerin

    Die Hoffnungen werden wieder auf Annett Kaufmann ruhen. „Natürlich bin ich ein bisschen traurig und frustriert, dass wir ausgeschieden sind, weil wir nicht chancenlos waren“, sagte Kaufmann nach ihrer Leistung auf Weltklasse-Niveau. Aber: „Für das nächste Spiel bin ich natürlich wieder bereit.“

    Die Bayerin, die erst kürzlich ihr Abitur gemacht hat, ist die Entdeckung des Frauen-Turniers. Schon lange gilt sie als Ausnahmetalent, als Überfliegerin. In Paris spielt sie so cool, selbstbewusst und souverän, als wäre sie nicht bei den Olympischen Spielen, sondern wieder in Erfurt, bei der Deutschen Meisterschaft.

    Selbstbewusst und bärenstark: Annett Kaufmann bei den Olympischen Spielen 2024 im Tischtennis.
    Selbstbewusst und bärenstark: Annett Kaufmann bei den Olympischen Spielen 2024 im Tischtennis. © dpa | Petros Giannakouris

    Dort hatte sie erst im Juni erstmals den Einzel-Titel bei den Frauen gewonnen. Doch erst durch die Verletzung von Ying Han unmittelbar vor den Spielen rückte sie ins Olympia-Team. Nachdem dann auch noch Topspielerin Nina Mittelham mit einer Bandscheibenproblematik während des Einzelwettbewerbs ausgefallen war, rückte sie im Team noch eine Position auf, ist im Verlauf des Duells früher gefragt. Aus der Ersatzspielerin ist eine Stütze geworden.

    Olympia: Annett Kaufmanns Mutter ist zeitlich ihre Psychologin

    Wenn die 18-Jährige vom Bundesligisten SV DJK Kolbermoor über ihren derzeitigen Höhenflug spricht, geht sie mit den Worten genauso pointiert um wie am Tisch mit ihren Topspin-Schlägen. Ihre Entspanntheit sieht sie in ihrem Charakter begründet. Auch ihre Familie – der Vater ehemaliger Eishockeyspieler, die Mutter frühere Skiabfahrtsfahrerin –unterstützen sie. „Ich bin selbstbewusst am Tisch, egal wer auf der anderen Seite steht“, sagt sie. „Ich weiß, was ich kann und dass die andere Person auch erstmal taktisch gut gegen mich spielen muss.“

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    Doch Annett Kaufmann ist nicht nur taktisch bestens aufgestellt, auch mental wirkt sie viel weiter als manch Erfahrene. Kopfkino habe sie eigentlich nie. Die Ergebnisse im Training gäben ihr Sicherheit. Und sie rede viel mit ihrer Mutter, „die auch meine Psychologin ist“. Vor jedem Spiel versuche sie zu denken: „Ich kann, was ich kann, sonst wäre ich nicht hier.“

    Annett Kaufmann: Mit Alexander Zverev eine Bühne geteilt

    Diese Einstellung hat sie schon auf eine Bühne mit Alexander Zverev gebracht. Als der Tennis-Star 2021 nach seinem Olympiasieg Sportler des Jahres wurde, wurde sie bei der gleichen Gala als Newcomerin des Jahres ausgezeichnet. Damals war sie 15, jüngste U21-Europameisterin und mit dem Frauen-Team Mannschafts-Europameisterin.

    Sollte Deutschland am Samstag gegen Südkorea gewinnen, wäre Annett Kaufmann die jüngste deutsche Medaillengewinnerin im Tischtennis. Sie werde jeden Moment genießen, denn: „Man steht nicht jeden Tag bei Olympia und spielt um eine Medaille.“ Was für eine Geschichte.

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