Herning. Deutschland kommt bei der Handball-WM gegen Titelverteidiger Dänemark mit 30:40 unter die Räder. Gerät das Viertelfinale in Gefahr?

Wenn man immer einen Gegenspieler am eigenen Trikot hängen hat, bedrängt, gestoßen, am einfachen Wurf gehindert wird, kann man schon mal ein wenig den Überblick verlieren. Marko Grgic muss es so ergangen sein, denn als der 21 Jahre alte Handball-Nationalspieler nach der 30:40-Lehrstunde gegen Weltmeister Dänemark über die Partie sprechen sollte, hörte sich das so an. „Das ist die Crème de la Crème“, sagte der Rückraumspieler des ThSV Eisenach. „Aber ich weiß gar nicht: Haben die Dänen überhaupt 100 Prozent gespielt?“

Handball-WM: Zehn-Tore-Pleite gegen Dänemark fühlt sich für Golla „mies“ an

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Die Erkenntnis, dass es bei 40 Toren der Rot-Weißen so gewesen sein muss, kam Grgic allein und auch sehr flott. Zur allgemeinen Erheiterung hatte der Hauptrunden-Auftakt der deutschen Nationalmannschaft bei der WM In Dänemark allerdings nur bedingt beigetragen. „Minus zehn Tore fühlt sich extrem mies an“, klagte DHB-Kapitän Johannes Golla. „Beim Blick auf die Anzeigetafel fühlt man sich ein bisschen so, als wäre man ein Partygast gewesen, der irgendeine Nummer ist und dann abgefertigt wird.“

Enttäuscht von der Leistung gegen Dänemark: Für Bundestrainer Alfred Gislason und die deutschen Handballer geht es nun gegen Italien um den Einzug ins WM-Viertelfinale.
Enttäuscht von der Leistung gegen Dänemark: Für Bundestrainer Alfred Gislason und die deutschen Handballer geht es nun gegen Italien um den Einzug ins WM-Viertelfinale. © AFP | BO AMSTRUP

Fünf-Tore-Mann Renars Uscins analysierte: „Wir sollten das Spiel nicht mit Olympia vergleichen“, sagte der 22 Jahre alte Hannoveraner und dachte an 13 Tore Unterschied bei der Finalpleite in Lille gegen die Dänen. Im Hier und Jetzt „haben wir es nicht geschafft, über die ganze Strecke offensiv Druck zu machen und uns defensiv zu stabilisieren.“ Wer wollte, konnte die 30 eigenen Treffer aber auch als durchaus respektable Offensivausbeute deuten: „Ich glaube nicht, dass wir schlecht oder charakterlos gespielt haben“, so Linksaußen Timo Kastening, der sechs von sieben Siebenmetern mit einem Torjubel vollendet hatte. „Wir haben uns den Allerwertesten aufgerissen. Aber wir müssen lernen: Wir sind nicht Dänemark.“

Handball-WM: Gegen Italien geht es am Donnerstag um alles für das Gislason-Team

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Was das nun für das Italien-Spiel am Donnerstag (18 Uhr/ZDF) bedeute? „Gar nüscht“, sagte Kastening mit einem sprachlichen Ausflug ins Plattdeutsche, „wir kriegen jetzt den Pöter hoch, wollen die nächsten Spiele gewinnen und ins Viertelfinale einziehen.“ Seinen angesprochenen Allerwertesten und die der Teamkollegen gilt es tatsächlich zu mobilisieren, denn nur ein Sieg gegen das Überraschungs-Team der WM würde den vorzeitigen Einzug in Osloer Viertelfinale (29. Januar) bedeuten, alle anderen Konstellationen lassen es nicht mehr zu, dass Deutschland von Platz zwei verdrängt werden könnte. Bei einem Unentschieden gegen Italien und einem dänischen Sieg gegen die Schweiz wäre das Weiterkommen immer noch in eigener Hand: Am Samstag müsste dann aber Tunesien besiegt werden, das Torverhältnis spräche dann aller Voraussicht nach für die Gislason-Auswahl.

Und wenn die deutschen Handballer… Eine Pleite am Donnerstag und damit verbundene Aus in der Hauptrunde nimmt wenig Gedankenraum im deutschen Team ein. „Das ist uns durchaus bewusst“, so Renars Uscins, aber auf die Brisanz in der Begegnung „freuen wir uns auch. Wir brauchen den Kopf nicht in den Sand zu stecken.“ Ihn hochzunehmen und mal „eine gute Leistung von der ersten bis zur letzten Minute zu zeigen“ (Golla) ist den deutschen Handballern wärmstens zu empfehlen.