Paris. Neun von neun Teams überstehen die Vorrunde. Während es oft bei Olympia hapert, läuft es für Deutschland am Ball rund. Ein Kommentar.
Niklas Kaul eilte dem Ziel entgegen, als könnte er den olympischen Zehnkampf gar nicht schnell genug hinter sich. Der Vorwurf an den ehemaligen Weltmeister, der vor abschließenden 1500-Meter-Lauf in Paris keine Chance mehr auf eine Medaille besaß, lautete: Er hätte lieber Tempo für seinen Kameraden Leo Neugebauer machen sollen, um dessen Silbermedaille abzusichern. Kaul sei kein Teamplayer.
Stattdessen ist der 26-Jährige das komplette Gegenteil. Weil er somit noch auf Platz acht lief, schüttet die Stiftung Deutsche Sporthilfe mehr Prämien für ihn und seine Verbandskollegen aus.
Olympia: Warum es für deutsche Ballsportler in Paris so gut läuft
Die Beträge dürften sich demnächst erhöhen. Denn alle deutschen Ballsportmannschaften (zweimal Basketball, zweimal Handball, zweimal Hockey, Volleyball-Männer, Fußball-Frauen und 3x3-Basketballerinnen) haben bei Olympia die Vorrunde überstanden. Warum läuft es am Ball runder als ansonsten beim Team Deutschland?
Ein Faktor ist immer Glück, ein anderer das aktuelle Talentlevel einiger goldener Generationen. Schaut man ansonsten genauer hin, fällt vor allem auf, dass es sich um „große“ Sportarten handelt, die mediale Präsenz besitzen und in deren Systemen losgelöst von Verbandsstrukturen viel Geld und gute Trainingsbedingungen stecken.
Erfolge der Mannschaften sind keine des deutschen Sportsystems
Die meisten Profis können sehr gut von ihrem Sport leben. Abgesehen von den Handballern, deren nationale Liga die stärkste der Welt ist, spielen viele deutsche Teamsportler im Ausland, wo Niveau und Gehälter höher sind als daheim.
Im Hockey wird seit Jahrzehnten vorwärtsgewandt am Puls der trainingswissenschaftlichen Zeit gearbeitet. Die Ausnahme bilden die 3x3-Damen, deren Sportart allerdings noch jung und daher für alle Nationen resultatsvolatil ist. Der Erfolg der Ballsportler ist in erster Linie keiner des deutschen Sportsystems.
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Den gibt es dennoch. In puncto der Ausbildung eines vorbildlichen und gemeinschaftlichen Denkens. Ein Beispiel dafür ist Kaul. Aber auch, dass Schwimm-Olympiasieger Lukas Märtens aus Rücksicht auf noch aktive Teamkollegen wie seinen Zimmergenossen Florian Wellbrock auf eine Siegesfeier verzichtet, belegt: Der Mannschaftsgeist im deutschen Sport existiert. Fehlen bloß noch die Erfolge und Förderungen, um diese Einstellung zu belohnen.