Dortmund. Die EM 2024 endet am Sonntag. Ein Euphorie-Feuerwerk hat sie nicht ausgelöst, aber auch in Problembezirken sorgt sie für ein Lächeln.
Es muss noch schnell ein Rezept abgeholt werden, die Kinderärztin hat ihre Praxis in Scharnhorst, einer der berüchtigten Dortmunder Stadtteile. Hochhäuser reihen sich aneinander, in der Schlange vor dem Bäcker wird sich darüber unterhalten, dass das Geld kaum noch zum Einkaufen reiche. „Früher habe ich 50 Euro für einen Monat ausgegeben, jetzt 200 Euro für eine Woche“, meint eine Frau. Nicken.
„Grauer Beton, rauer Jargon“, singt der Künstler Treetmann über solche Gegenden. Hat die Europameisterschaft hier Spuren hinterlassen?
Vor dem „Kiosk im EKS“, also Einkaufszentrum Scharnhorst, steht ein blaues Auto, in das Münzen geworfen werden müssen, damit es loswackelt. Es gibt, so steht es im Schaufenster, „Tabakwaren, Süßigkeiten, Zeitschriften, Spirituosen und noch vieles mehr“. Manuela Böhm arbeitet seit acht Jahren an diesem Ort. Sie habe „ein bisschen mehr Getränke“ verkauft durch die EM. „Aber nur wenn Deutschland oder die Türkei gespielt haben.“ Ach, und am Mittwoch seien natürlich die Holländer da gewesen, sie hätten die freien Parkplätze hier genutzt, um dann mit der Bahn in die Innenstadt zu fahren. Dortmund strahlte an diesem Tag in Orange, die Niederlande verlor ihr Halbfinale gegen England trotzdem 1:2.
Was bringt die EM? „Es gibt in einer Gesellschaft mehr zu organisieren als reines Wirtschaftswachstum“
Professor Christoph Breuer von der Deutschen Sporthochschule Köln forscht am Institut für Sportökonomie und Sportmanagement über die finanziellen Auswirkungen von sportlichen Großveranstaltungen. Er sagt, dass es Effekte gebe, aber „es ist nicht so, dass plötzlich das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland nach oben ausschlägt“. Auf die Frage, ob man sich solche Events dann nicht sparen könne, antwortet Breuer: „Wir sind eine Gesellschaft, die unterschiedliche Zielsetzungen hat. Man kann immer argumentieren, wir brauchen das nicht, sollten das Geld sparen. Das kann man aber auch bei jedem Museum, bei jedem Theater, eigentlich bei allen sozialen Ausgaben tun. Es gibt in einer Gesellschaft mehr zu organisieren als reines Wirtschaftswachstum.“
Es ist schwierig zu sagen, was von der Europameisterschaft bleiben wird, die am Sonntag endet. Ein Euphorie-Feuerwerk wie die WM 2006 hat sie nicht ausgelöst, Spuren hat sie hinterlassen. Wie bei Manuela Böhm in Scharnhorst, die mehr Getränke verkauft hat - und jetzt noch über die etwas verrückten Holländer lacht.