Essen. Bundestrainer Julian Nagelsmann lobt die Möglichkeiten in Deutschland. Zurecht. Doch auch die Probleme lassen sich überall erkennen.
Der Reporter befindet sich mit den Gedanken bei seiner Kolumne, für die noch ein Thema gefunden werden muss, dann steht da André. Die Klamotten müssten mal wieder gewaschen werden, die Schuhe haben Löcher, die Zähne vermutlich auch. Sein Zittern deutet daraufhin, dass André Substanzen konsumiert, die man nicht jeden Tag, am besten gar nicht konsumieren sollte.
Seine Mutter sei vor anderthalb Jahren gestorben, er lebe nicht auf der Straße, sondern habe in der Nähe eine Wohnung, brauche jetzt aber trotzdem Geld. „Bitte“, sagt André, in zwei Tagen sei sein Geburtstag. Natürlich kriegt er was, doch noch die kurze Frage, ob er schon etwas mitbekommen habe von der Europameisterschaft in diesem Land. „Ja, ja klar. Türkei hat verloren, ne? Schade.“
Schon zuvor am Dortmunder Hauptbahnhof hatte ein Mann auf einem Teppich geschlafen, irgendwie friedlich, obwohl an seinem Kopf vorbei Menschen zu ihren Zügen hasteten. Ein Mann im schwarz-gelben BVB-Trikot war gerade aufgewacht, saß in seinem Schlafsack auf dem Boden. Ein anderer ging rastlos auf und ab, fragte nach kleinen Spenden. Später wird der Reporter auf dem Weg zur Redaktion viermal gefragt, ob er Kleingeld dabei habe. Auf einem Schild steht: „Ich habe Hunger“.
Bundestrainer Julian Nagelsmann schwärmt von Deutschland
Julian Nagelsmann, der deutsche Bundestrainer, hat in seinen zu Recht gelobten Worten über Deutschland gesagt, dass es nötig sei, „dass wir realisieren, in was für einem wunderschönen Land wir leben. Landschaftlich, kulturell. Aber auch, welche Möglichkeiten wir in dem Land haben.“
Das stimmt. Es kommt aber auch immer auf die Perspektive an.