Stuttgart. Nach dem bitteren Aus im Viertelfinale der Heim-EM fließen viele Tränen bei den Spielern. Was Kroos und Kimmich in der Kabine sagten.
Ilkay Gündogan war der letzte Spieler, der am Samstag den Homeground in Herzogenaurach verließ. Der Kapitän der deutschen Fußball-Nationalmannschaft wollte sich von allen Teamkollegen verabschieden. Viele Spieler hatten Tränen in den Augen, als sie sich nach sechs gemeinsamen Wochen voneinander trennten. Es waren emotionale Momente, keine zwölf Stunden nach dem dramatischen Aus im Viertelfinale der Heim-EM gegen Spanien. In der 119. Minute war der große Traum der Mannschaft in der Verlängerung geplatzt, als Mikel Merino mit seinem Kopfballtor zum 2:1 eine ganze Fußballnation in Trauer versetzte.
Deutschland-Aus: Nationalspieler sitzen noch lange in der Nacht zusammen
Bis tief in die Nacht saßen die deutschen Spieler noch im Teamquartier zusammen und sprachen über das Spiel, aber auch über die intensiven Wochen zuvor. Zu gerne wären sie noch eine Woche länger zusammen geblieben und hätten in Berlin um den Titel gespielt. Trotz des Ausscheidens herrschte neben der Trauer auch ein wenig Stolz auf das, was die Mannschaft in den drei Turnierwochen geleistet hatte.
„Wenn die erste Traurigkeit weg ist, werden wir resümieren, dass wir wieder auf Augenhöhe sind mit einer Mannschaft wie Spanien“, sagte Toni Kroos in seinem letzten Interview als Fußballprofi. In seinem letzten Interview als Nationalspieler. „Es ist eine gewisse Leere zu spüren. Das Turnier-Aus tut weh, vor allem die Art und Weise“, sagte Kroos in einem schwarz-rot-goldenen T-Shirt, ehe er mit einer Tasche in der Hand zum Mannschaftsbus ging. Es sollte seine letzte Fahrt mit der Nationalmannschaft werden.
Noch in der Kabine hatte Kroos zur Mannschaft gesprochen und das gesagt, was er später auch in die Mikrofone der Medienvertreter sagte. „Der Glaube in der Mannschaft ist wieder da. Ich hätte nicht gedacht, dass wir so schnell wieder so nah dran sein können“, sagte Kroos. Am Ende war aber auch er zu müde, um das Spiel gegen die Spanier noch auf die Seite der Deutschen zu ziehen. In einem packenden und dramatischen Kampf hätte es an diesem Abend in Stuttgart eigentlich zwei Sieger geben müssen.
Am Ende hatten die Spanier das glückliche Ende für sich. Die Deutschen haderten mit dem nicht gegeben Elfmeter nach dem von Marc Cucurella mit der Hand geblockten Schuss von Jamal Musiala. Niclas Füllkrug köpfte knapp daneben, Moreno köpfte ihn rein. Es waren Zentimeter und Sekunden, die über den Ausgang der Nationalmannschaft bei der Heim-EM entschieden.
Joshua Kimmich hält Rede in der Kabine
Den deutschen Spielern fiel es in der Kabine schwer, die Entscheidung zu akzeptieren. Neben Kroos und Julian Nagelsmann hielt auch Joshua Kimmich eine kleine Rede. „Es ging darum, mich beim Trainerteam und dem Staff zu bedanken. Sie hauen immer alles rein, auch bei den Turnieren zuvor. Dieses Jahr haben sie gemerkt, dass wir alles investiert haben und eine klasse Gruppe waren“, sagte Kimmich. „Und es ging auch darum, Toni danke zu sagen für all das, was er für Fußball-Deutschland geleistet hat.“
Auch Kimmich und seine Kollegen hatten etwas geleistet bei diesem Turnier. Die Spanier waren zwar fußballerisch über alle Spiele hinweg die bessere Mannschaft, aber Deutschland hat sich vor allem wieder als das präsentiert, was sie in den Jahren zuvor nur in ihrem Marketingnamen trug: als Mannschaft. Ein Turnier im eigenen Land zu spielen, war für Kimmich, Gündogan, Antonio Rüdiger oder auch Manuel Neuer etwas Besonderes. Und so sind sie auch aufgetreten. „Wir haben in Deutschland wieder ein bisschen was bewegt“, sagte Kimmich.
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Umso trauriger waren die Spieler und Trainer Nagelsmann über das Ausscheiden. Allen voran Kroos, der in Stuttgart nicht nur von den deutschen, sondern auch den spanischen Fans und Spielern gehuldigt wurde. Es war ein trauriger, aber würdevoller Abschied als Fußballspieler.
Toni Kroos schreibt vom ersten Anruf von Nagelsmann
Der 34-Jährige erinnerte sich am Tag danach in seinem Abschiedsstatement an den ersten Anruf des Bundestrainers am 29. September 2023. Bitte: Rückkehr in die Nationalmannschaft. „Der erste Gedanke in meinem Kopf: Ich bin doch nicht bescheuert! Erster Gedanke in meinem Herzen: Scheiße, ja! Das Herz hat bekanntlich entschieden“, schrieb Kroos nach seinem 114. und letzten Länderspiel.
Kroos wirkte leer, aber gefasst. Anders als etwa Thomas Müller, der noch auf dem Platz nach seinem wahrscheinlich letzten Spiel für Deutschland Tränen verdrückte. Oder Kimmich, der mit glasigen Augen das Stadion verließ.
Die letzte Bitte von Kroos zum Schluss: „Jetzt wo Deutschland sein liebstes Kind zurückgewonnen hat, lasst es nicht mehr los. Deutschland ist wieder wer.“ Auch dank Kroos. Er wird dem deutschen Fußball fehlen.