Gelsenkirchen. Spanien untermauerte seinen Status als EM-Topfavorit. Gegen den enttäuschenden Titelverteidiger Italien gewann die Furia Roja mit 1:0.

Das Ergebnis klingt, als sei irgendetwas knapp gewesen an diesem Fußballabend in Gelsenkirchen. War es aber nicht. Spanien zeigte über weite Strecken des vermeintlichen Topspiels gegen Italien eine zauberhafte Leistung und untermauerte auch im zweiten EM-Spiel seinen Status als Topfavorit. Dass es am Ende nur 1:0 (0:0) für die Spanier stand, lag allein an Italiens Torwart Gianluigi Donnarumma.

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Endlich wieder zu 0: Deutschland schlägt Ungarn

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Selten gibt es einen Fußball-Kracher wie diesen in einer Vorrunde der Europameisterschaft, seit diese auf 24 Mannschaften aufgestockt wurde. Zwei fußballverrückte Nationen, die in den vergangenen 18 Jahren jeweils Welt- und Europameister geworden waren, Italien tritt sogar als Titelverteidiger an - die fußballerischen Erwartungen reichten von spannend bis hochklassig. Sogar Spaniens König Felipe schwebte ein, um den Klassiker zu verfolgen.

Beim EM-Topspiel überzeugt nur Spanien

Doch wunderbar spielte nur eine Mannschaft. Die Spanier, die schon beim 3:0 über Kroatien überzeugt hatten, kombinierten sich immer wieder vor das italienische Tor, die Dominanz wurde zeitweise so groß, als wäre Liechtenstein der Gegner, nicht Italien. Allein Italiens Kapitän Donnarumma zeigte eine Weltklasse-Leistung. Nur ihm war es zu verdanken, dass es zur Pause 0:0 stand. Und nicht 5:0 für Spanien.

Tor für Spanien: Der Italiener Riccardo Calafiori (r.) trifft ins eigene Netz.
Tor für Spanien: Der Italiener Riccardo Calafiori (r.) trifft ins eigene Netz. © AFP | Ina Fassbender

Chancen genug gab es: Pedri scheiterte per Kopf an PSG-Torwart Donnarumma (2.), Nico Williams köpfte freistehend knapp vorbei (10.). Alvaro Morata (24.) und Fabian Ruiz (25.) fanden in Donnarumma ihren Meister. Nach etlichen Turnier-Enttäuschungen ist das Spanien 2024 von Luis de la Fuente keins mehr, in dem Blöcke von Real Madrid und des FC Barcelona die Elf dominieren - aus dem Champions-League-Siegerkader von Real spielte allein Dani Carvajal von Beginn an. Elf Spieler aus neun verschiedenen Vereinen bildeten eine wunderbare, variable Einheit, die in Rodri aus der Pep-Guardiola-Schule von Manchester City einen fabelhaften Strategen hatte und auf der linken Seite einen herausragenden Dribbler in Nico Williams. Eine großartige Mischung, die in der ersten Hälfte nur eine Schwäche hatte: Sie traf das Tor nicht.

Die Italiener retteten dank Donnarumma das 0:0 - die offensive Bilanz: traurig. Keine Ecke, nur zwei Flanken, lediglich zwei Dribblings und nur ein Torschuss. Und der verdiente diese Bezeichnung nicht: Federico Chiesas Rechtsschuss flog weit am Tor vorbei, 45 Minuten waren da bereits gespielt. Den italienischen Fans, unter den 50.000 Zuschauern in der Überzahl, war‘s egal. Trotz dürftiger Vorstellung stimmte das Ergebnis, ein Gegentor war nicht gefallen - das genügte ihnen, um zu applaudieren.

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Zur Pause wechselte Italiens Trainer Luciano Spalletti zweimal aus - es brachte: nichts. Es wirkte, als hätten die Spanier zwei Spieler mehr auf dem Feld. Mit herausragender Technik erspielten sie sich weiter eine Chance nach der anderen - doch die ersten nach der Pause waren wieder nicht drin: Pedri gelang es, aus fünf Metern Entfernung ganz allein vor dem Tor vorbeizuschießen (52.). Die Spanier benötigten italienische Hilfe, um eins der überfälligsten Tore der jüngeren EM-Geschichte zu erzielen. Nach einer Williams-Flanke verlängerte Morata den Ball mit dem Kopf in den Strafraum. Vom Bein des Italieners Riccardo Calafiori sprang der Ball ins Netz - Eigentor in der 53. Minute. Die Entscheidung verpassten Morata (58., wieder einmal parierte Donnarumma) und Williams (71., Pfosten).

Italien tritt mit fünf Europameistern an

Die Italiener, angetreten mit fünf Europameistern von 2021, wachten nun aber nicht auf. Sie verbarrikadierten trotz des Rückstands weiter den eigenen Strafraum, ihnen fehlten die technischen und strategischen Mittel, um Spaniens Tor in Gefahr zu bringen.

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    Nur dreimal gab es so etwas wie ein Raunen bei den sonst leise gewordenen Tifosi: In der 66. Minute sauste ein Flachpass von Bryan Cristante durch den spanischen Fünfmeterraum (in dem kein Italiener stand). Sieben Minute später legte sich Lorenzo Pellegrini den Ball bei einem Freistoß aus rund 25 Metern Entfernung zurecht - doch er schoss weit drüber. Und in der 86. Minute erarbeiteten sich die Azzurri ihre erste Ecke - die aber in den Armen des sonst beschäftigungslosen spanischen Torhüters Unai Simon landete. Dass die Spanier nach einigen Auswechslungen abgebaut hatten, nutzten die Italiener nicht. Klare Torchancen über 90 Minuten: null.

    König Felipe musste deshalb auf seinem Sitzplatz nicht zittern. Und konnte nach 90 ungleichen Minuten applaudieren - zum Erfolg, zum Gruppensieg, zum Einzug ins Achtelfinale. Geht es so weiter, sollte er sich für den 14. Juli nichts vornehmen. Dann findet in Berlin das EM-Endspiel statt.