Stuttgart. Die deutsche Nationalmannschaft gewinnt gegen Ungarn auch ihr zweites Gruppenspiel und steht vorzeitig in der K.o.-Runde der EM.

Manuel Neuer drehte mit seinen Kollegen der deutschen Fußball-Nationalmannschaft gerade eine Ehrenrunde, als ihn Bastian Schweinsteiger zur Seite zog und ihm noch ein paar Worte mit auf den Weg gab. Die DFB-Auswahl hatte sich soeben durch den 2:0 (1:0)-Sieg gegen Ungarn vorzeitig für das Achtelfinale der Heim-EM qualifiziert. Und daran hatte auch Torhüter Neuer mit mehreren Paraden einen großen Anteil. „Wir tun alle gut daran, Manuel den Rücken zu stärken. Wenn er so weiterspielt, können wir weit kommen“, sagte Schweinsteiger über seinen langjährigen Bayern-Kollegen, mit dem er 2014 in Brasilien Weltmeister wurde.

Nun will Neuer bei seinem wahrscheinlich letzten großen Turnier auch noch Europameister werden. Der zweite Gruppensieg durch die Tore von Jamal Musiala (22.) und Kapitän Ilkay Gündogan (67.) war ein weiterer Schritt zu einem neuen Sommermärchen. Die Mannschaft von Bundestrainer Julian Nagelsmann spielt nun am Sonntag in Frankfurt gegen die Schweiz um den Gruppensieg und die Frage, in welcher Stadt Deutschland um das Viertelfinale kämpft. „Wir spielen jetzt gegen den stärksten Gruppengegner“, sagte Neuer.

Nagelsmanns Plan ging fast nach hinten los

Mit der EM-Stammelf und erstmals bei diesem Turnier in pinken Trikots planten die Deutschen wie schon beim 5:1 gegen Schottland einen Traumstart, erwischten aber um Fußbreite einen Alptraumstart. Fehlpass Gündogan nach drei Sekunden, Fehler Joshua Kimmich nach 15 Sekunden, fertig war die erste Großchance für Ungarn durch den Freiburger Roland Sallai. Nachdem Manuel Neuer gegen Schottland keinen Ball halten durfte, zeigte er nach nicht mal 20 Sekunden, dass die Torwartdiskussion in Deutschland eigentlich keine ist.  

Ungarn hat die besseren Chancen, Deutschland trifft

Aber auch die Ungarn haben einen sehr guten Torwart, wie der Leipziger Peter Gulacsi gegen Kai Havertz bewies (11.). Nach einer nervösen Anfangsphase steigerten sich die Deutschen und gingen nach 22 Minuten in Führung. Gündogan ging nach einem Angriff im Strafraum an der Grenze des Erlaubten in den Zweikampf mit Willi Orban. Der Abwehrchef der Ungarn, ebenfalls ein Leipziger, kam ins Stolpern. Gündogan setzte nach und legte ab für Musiala, der mit einem abgefälschten Schuss zum 1:0 traf (22.).

Die Ungarn protestierten, doch der niederländische Schiedsrichter Danny Makkelie ließ das Tor zählen. Damit wurde der Münchner Musiala im Alter von 21 Jahren, drei Monaten und 23 Tagen zum jüngsten deutschen Spieler der EM-Geschichte mit zwei Turniertreffern. Nur vier Spieler waren jünger, darunter Cristiano Ronaldo und Wayne Rooney. Unter den Zuschauern auf der Ehrentribüne in Stuttgart jubelte auch Bundeskanzler Olaf Scholz an der Seite von Ungarns Regierungschef Viktor Orban, in ihrer Sitzreihe nur getrennt durch Uefa-Präsident Aleksander Ceferin. „Was für ein spannendes Spiel, was für eine mitreißende Mannschaft! Ihr habt uns alle begeistert – hier im Stuttgarter Stadion und überall im Land“, schrieb Scholz später auf X.

Ungarns Szoboszlai stellt Deutschland vor Probleme

Im 38. Duell der alten Rivalen, das 1909 mit einem 3:3 in Budapest begann, machte Ungarn der DFB-Auswahl weiter das Leben schwer. Der Ex-Leipziger Dominik Szoboszlai hatte zweimal den Ausgleich auf dem Fuß. Zunächst parierte Neuer einen Freistoß des Liverpool-Stars (26.), dann blockte Jonathan Tah einen Linksschuss des Rechtsfußes (29.).

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Kurz vor der Halbzeit hatte der Kapitän der Ungarn wieder seine Füße im Spiel, als Sallai nach einer Freistoßverlängerung und einer Neuer-Parade traf, aber im Abseits stand (45.+2). Dann war Pause. „Das Beste ist das Ergebnis. Ungarn hatte die besseren Chancen. Wir haben den besseren Torwart“, sagte Schweinsteiger.

Das 2:0: Ilkay Gündogan trifft mit links, Peter Gulacsi ist chancenlos.
Das 2:0: Ilkay Gündogan trifft mit links, Peter Gulacsi ist chancenlos. © DPA Images | Tom Weller

Auch in der zweiten Halbzeit machte Ungarn Druck. Varga scheiterte knapp per Kopf (60.). Nagelsmann musste reagieren. Niclas Füllkrug und Leroy Sané kamen für Havertz und Florian Wirtz. Es waren die richtigen Wechsel zur richtigen Zeit, auch wenn beim 2:0 andere Spieler beteiligt waren. Musiala spielte links Maximilian Mittelstädt frei, der bei seinem Heimspiel in der Mitte Gündogan fand - die Vorentscheidung! „Oh, wie ist das schön“, sangen die 54.272 Zuschauer in Stuttgart und feierten mit den Jokern Chris Führich und Deniz Undav zwei weitere VfB-Profis auf dem Platz.

Deutschland ist in diesem Jahr nun schon seit sechs Spielen ungeschlagen. Schafft Nagelsmanns Mannschaft noch einmal so eine Serie, führt der Weg ins Endspiel nach Berlin. Schweinsteiger ist dort als Experte auf jeden Fall dabei. „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin“, sangen die Fans. Die Deutschen müssen sich aber trotz des Sieges steigern, wenn sie Schweinsteiger nach Berlin begleiten wollen.