Arnsberg. Eine Gesetzesänderung soll den Wildwuchs beim Neubau von Windenergieanlagen stoppen. Nun formiert sich Widerstand in der Energielobby.

Der Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE) hat den Kompromiss zwischen Union, SPD und Grünen im Bund zum Stopp des drohenden Wildwuchses beim Windenergieausbau kritisiert. „Für das Energieland NRW und eine schwarz-grüne Landesregierung ist das ein fatales Signal“, erklärte der LEE-Vorsitzende Hans-Josef Vogel. „Gerade erst hat die Landesregierung sich dafür gefeiert, Spitzenreiter bei neuen Windgenehmigungen zu sein. Jetzt will sie diese Ausbaudynamik abwürgen“, so Vogel weiter. Anträge pauschal abzulehnen, sei der falsche Weg, sagte Vogel der WESTFALENPOST.

Am Wochenende hatten sich Union, SPD und Grüne nach wochenlangen Verhandlungen auf eine Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes geeinigt. Diese Änderung sieht vor, dass Windenergieanlagen nur noch auf Flächen genehmigt werden müssen, die in den noch zu verabschiedenden Landesentwicklungsplänen dafür vorgesehen sind. Zuletzt hatten Investoren eine Regelungslücke im Gesetz genutzt, um Windräder auch in Außenbereichen zu beantragen - zum Ärger von Anwohnern, Kommunen und der schwarz-grünen Landesregierung.

Regelungslücke betrifft 1500 Anlagen

Mit der neuen Regelung, die in dieser Woche noch vom Bundestag verabschiedet werden muss, können in Nordrhein-Westfalen nun etwa 1000 Anträge auf Windenergieanlagen doch abgelehnt werden, davon betreffen mehrere hundert das Sauerland. Nach Angaben der Landesregierung beträgt die Gesamtzahl der unter die Regelungslücke fallenden Anlagen rund 1500.

Windräder erzeugen saubere Energie, sind jedoch häufig bei Anwohnern umstritten.
Windräder erzeugen saubere Energie, sind jedoch häufig bei Anwohnern umstritten. © FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Die Windenergielobby räumt zwar die Notwendigkeit kommunaler und regionaler Steuerung ein, warnt nun aber vor einer Delle beim Ausbau der Windenergie. In den Regionalplänen sei zwar auf dem Papier ausreichend Fläche für neue Windräder ausgewiesen, häufig seien die Bereiche aber für moderne Anlagen gar nicht geeignet, kritisierte LEE-Sprecher Ralf Köpke. Im Regierungsbezirk Arnsberg sei beispielsweise die 1000-Meter-Abstandsregel zur Wohnbebauung wieder eingeführt worden, außerdem müsse ein Mindestabstand zu Wanderwegen eingehalten werden. Im Raum Köln verhindere die Nähe zu zwei Militärflughäfen den Bau von Windrädern über 200 Metern Höhe.

Er würde sich nicht wundern, wenn Investoren gegen die Gesetzesänderung klagten, sagte Köpke. Schon im vergangenen September waren Projektierer vor dem Oberverwaltungsgericht Münster erfolgreich, als sie dagegen vorgingen, dass die Bezirksregierungen ihre Anträge für ein Jahr aussetzen wollten. Die Regelungslücke im Gesetz legten sie damit schonungslos offen.

Städte- und Gemeindebund fordert schärfere Regeln

Der LEE fordert nun, dass die Regionalpläne schnellstmöglich vorgelegt werden. Dort müssten Flächen ausgewiesen werden, die für Windenergieanlagen tatsächlich geeignet seien. Bis zu diesem Zeitpunkt müssten Baugenehmigungen nach geltendem Recht wie gehabt sorgsam geprüft werden. Alles andere würde das Vertrauen von Bevölkerung und Unternehmen in die Energiewende erschüttern und auch der Akzeptanz vor Ort einen Bärendienst erweisen“, erklärte Vogel.

Nach Berechnungen des LEE könnten die 1000 Windenergieanlagen, die nun wohl nicht genehmigt werden, rechnerisch etwa den Stromverbrauch von vier Millionen Haushalten decken. Die „undifferenzierte Gesetzesnovelle“, so der Verband, bedeute einen Rückschritt für den zuletzt dynamischen Windenergieausbau im Land und führe zu einer „pauschalisierenden unverhältnismäßigen Ablehnung von Genehmigungsanträgen“.

Der Städte- und Gemeindebund NRW begrüßte den von CDU, SPD und Grünen vorgelegte Gesetzentwurf, kritisierte ihn aber als nicht weitgehend genug. Denn der Entwurf erfasse nur die Hälfte der 1500 Anträge auf die Errichtung von Windkraftanlagen außerhalb der Konzentrationszonen. „750 zusätzliche Windräder außerhalb der Windenergiebereiche sind schlicht und einfach zu viel“, erklärte Hauptgeschäftsführer Christof Sommer in einer Pressemitteilung. „Der unkontrollierte Ausbau muss ein Ende haben“, forderte Sommer.