Hagen/Lüdenscheid. Straßen.NRW hat Kommunen und Wirtschaft in Südwestfalen gefragt, was sie vom Landesbetrieb halten. Das Ergebnis ist ernüchternd.
Zu bürokratisch, zu umständlich, zu unbeweglich: Kommunen und Wirtschaft in Südwestfalen lassen im Zusammenhang mit der Sperrung der Autobahn 45 bei Lüdenscheid kein gutes Haar am NRW-Landesbetrieb Straßen.NRW. Das geht aus der Analyse hervor, die eine von Straßen.NRW beauftragte Kommunikationsagentur nach Gesprächen mit Städten, Gemeinden, dem Märkischen Kreis und der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer vorgelegt hat.
Die Untersuchung ist Bestandteil des Dialogprozesses zur „verkehrlichen Infrastruktur Straße Südwestfalen“, den das NRW-Verkehrsministerium angestoßen hat. Darin sollen die wichtigsten Akteure der Region gemeinsam mit Straßen.NRW einen Maßnahmenplan abstimmen, um das unter der A-45-Sperrung leidende Straßennetz der Region möglichst schnell wieder in Schuss zu bringen. Starten können die Sanierungsarbeiten erst nach der Freigabe der neuen Rahmdetalbrücke der A 45, mit der Mitte 2026 zu rechnen ist. Für die A 45 selbst ist Straßen.NRW nicht zuständig. Die Analyse liegt der WESTFALENPOST vor.
Vorwurf: Informationen fließen nicht
Die Kritik der Kommunen an der Landesbehörde hat es in sich: Aus ihrer Sicht fehlen bei Straßen.NRW der Analyse zufolge klare Ansprechpersonen, die Erreichbarkeit sei teils unzureichend, Terminvereinbarungen dauerten zu lange, der Informationsfluss rund um die Brückensperrung und Umleitungsverkehre werde deutlich kritisiert. Informationen kämen oft nur schriftlich oder aus der Presse bei den Kommunen an. Zudem bemängelten die Akteure den Austausch zwischen den verschiedenen Niederlassungen von Straßen.NRW und auch der Autobahn GmbH. Das führe zu teils widersprüchlichen Aussagen. „Der Eindruck entstehe, dass sich der Landesbetrieb und das Land NRW nicht ausreichend um die Region und die dringenden Herausforderungen kümmern. Grundsätzlich wird Straßen.NRW als zu große und zu bürokratische Behörde wahrgenommen, was zu langen Entscheidungswegen führe. Es wird kritisiert, dass der Landesbetrieb wenig pragmatische Lösungen anbiete und sehr rechtskonform sowie wenig agil agiere“, schreiben die Autoren der Analyse.
Insbesondere der Personalmangel bei der Landesbehörde bereite den Befragten „große Sorgen“. Er führe zu langen Entscheidungswegen und Umsetzungen. Zitat aus der Analyse: „Die Strukturen des Landesbetriebs führen zu erschwerter Zusammenarbeit, aufwändigem Nachhaken, Vertrauensverlust und Enttäuschung bei den Gesprächspartner*innen. Gleichzeitig wird betont, dass nicht böser Wille das Problem sei, sondern fehlende Ressourcen.“
Personalverlagerung erforderlich
NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) und Petra Beckefeld, Technische Direktorin von Straßen.NRW, hatten beim ersten Treffen der regional wichtigen Akteure Anfang September in Hagen zugesagt, Personal des Landesbetriebs aus anderen Regionen nach Südwestfalen zu beordern, um die Sanierung zu beschleunigen. Aus Sicht der Befragten scheint das dringend erforderlich. Den einzelnen Angestellten von Straßen.NRW machen sie keine Vorwürfe, im Gegenteil: „Der direkte Kontakt mit den Mitarbeitenden von Straßen.NRW wird auf persönlicher und fachlicher Ebene sehr geschätzt“, heißt es in der Analyse.
Eine stärkere Orientierung auf Lösungen, bessere Kommunikation im Krisenfall - etwa bei Brückensperrungen -, die schnelle Umsetzung von Maßnahmen, weniger Aufwand für Umweltplanungen, klare Ansprechpartner mit Entscheidungsbefugnis: Das erwarten Kommunen und Wirtschaft in Südwestfalen von Straßen.NRW.
Und wie reagiert die Behörde auf die Kritik? „Straßen.NRW ist positiv gestimmt, dass sich die Beteiligten zu Wort gemeldet haben und ihre Auffassungen bei der Interessenanalyse gelistet haben. Allen Beteiligten - also auch dem Landesbetrieb - sind Transparenz, Verlässlichkeit, Offenheit und die Auswirkungen bei Priorisierung und Planung der notwendigen Maßnahmen wichtig“, teilt Sprecher Jochen Müller auf Anfrage mit. Die Kritik werde ernst genommen, „jedoch ist diese nicht allgemeingültig geäußert, sondern im Kontext zu betrachten“, erklärte Müller. „Vielmehr werden im Rahmen der positiv hervorgehobenen Städtebaugespräche die Themen gemeinschaftlich und vertrauensvoll besprochen. Vielfach wurden bei der Interessenanalyse positive Dinge angemerkt.“
Durch das Sonderprogramm entstehe „eine Art Schulterschluss in der Region“, da man sich der einmaligen Chance bewusst werde und dieses nur gemeinschaftlich über Zuständigkeits- und Verwaltungsgrenzen hinaus erfolgreich abgeschlossen werden könne. „Wir haben engagierte Mitarbeitende, die sich sehr mit der Region identifizieren und Tag für Tag dafür sorgen, dass die verkehrlichen Probleme abgebaut werden“, so Müller weiter. Straßen.NRW werde auch in Zukunft weiterhin alles tun, um die Infrastruktur schnellstmöglich zu sanieren und auch zu erhalten. Dabei müsse der Landesbetrieb aber auch die rechtlichen Vorgaben bei Planung, Vergabe und Umwelt beachten. „Das nimmt Zeit in Anspruch. Wir kommunizieren konsequent, können aber rechtliche Vorgaben nicht ignorieren.“