Kreuztal. 120 Tuben hat der Musiker Daniel Ridder gesammelt. Warum die dicke Tuba das Humtata-Image überwunden hat und heute im Internet trendet.

Wenn der Mann mit der Tuba kommt, geht ein Raunen durchs Publikum, ob im Sinfoniekonzert oder beim Schützenfest. Noch bevor der erste Ton gespielt wird, verzaubert das dicke Blech mit seinem Messingglanz die Atmosphäre. Moderne Tubisten spielen mit diesem Schauwert ebenso virtuos wie mit den Vorurteilen, die sich um das tiefe Trumm zwischen Humtata und Walkürenritt ranken. Daniel Ridder (42) ist ein solcher Pionier der Tuba. Der junge sauerländische Ausnahmemusiker wuchs in Wenden-Gerlingen auf und lebt heute mit Frau und Dackel in Kreuztal. Er ist Solotubist beim Musikkorps der Bundeswehr in Siegburg und gefragter Gast bei vielen Sinfonieorchestern wie den Hagener Philharmonikern. Beim Brass-Festival Sauerland-Herbst gibt er demnächst einen Workshop für Tubisten aus den Musikvereinen der Region. Im Interview verrät er, warum die Tuba das beste Instrument des Jahres überhaupt ist.

Es gibt ein Video von Ihnen auf YouTube, wo Sie den Czardas von Monti auf der Tuba blasen, ein hochvirtuoses, irre schnelles Stück. Das ist doch gar nicht möglich?

Daniel Ridder: Üben, üben, üben. Und man braucht natürlich die technischen Voraussetzungen, muss etwa die Doppelzunge beherrschen.

Sie müssen ja unglaublich viel Luft haben, um solche langen Läufe meistern zu können.

Als Tubist braucht man die meiste Luft von allen Blechblasinstrumenten. Wenn wir in der Kontralage spielen, also in der tiefsten hörbaren Basslage, muss man genau wissen, woher man den Atem nimmt. Die Atemtechnik lernt man im Studium. Der Ansatz ist ebenfalls eine Herausforderung. Das Mundstück ist groß, es gibt rund 33 Millimeter Umfang. In diesem Raum müssen die Lippen schwingen. Die Lippenspannung trainiert man durch gezieltes und bewusstes Üben.

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Wie viele Stunden üben Sie als Profi am Tag?

Der Tagesablauf eines Profimusikers ist von der Musik geprägt. Man kann das nicht in reine Übungsstunden aufrechnen, denn man beschäftigt sich auch mental mit der Musik. Bis Ende des Jahres darf ich noch rund 14 Solokonzerte spielen, und das will ich auf höchstem Niveau tun.

Es gibt viele Witze und Klischees über die Tuba und über Tubisten. Nervt Sie das?

Die Tuba ist ein sehr bedeutungsschwangeres Instrument. Der optische Wert, die Größe, die Behäbigkeit. Laien wissen oft nicht, dass die Tuba so vielseitig ist, sie ist Bassinstrument, Melodieinstrument, man kann viele Oktaven mit ihr abdecken, und sie wird überall gebraucht, in der Volksmusik, in der Sinfonik, in der Oper, im Jazz, in allen Besetzungen. Sie hat so viele klangliche Möglichkeiten. Dass die Tuba nur Humtata kann, ist ein Vorurteil, das hat sich in den letzten Jahren unglaublich gewandelt. Die Musiker in Amerika und England haben angefangen, das Instrument solistisch einzusetzen, die Komponisten haben angefangen, Sololiteratur dafür zu schreiben, die Tubisten werden immer besser, dadurch gewinnt die Tuba immer mehr Popularität - gerade auch durch die Pionierarbeit junger und sehr geschätzter Kollegen und Kolleginnen.

„Man kann nie genug Tuben haben.“

Daniel Ridder, Solotubist und Dozent beim Festival Sauerland-Herbst

Sie sind ein Tuba-Influencer im Internet, veröffentlichen unter der Marke Tuba-total Videos in den Sozialen Medien und auf You Tube. Warum gehen Sie mit der Tuba digital und was hat das damit zu tun, dass die Tuba das Instrument des Jahres 2024 ist?

Eine Ventilophikleide gehört zu den Schätzen in der Tuba-Sammlung von Daniel Ridder in Kreuztal. Der ungewöhnliche Begriff Ophikleide setzt sich aus zwei griechischen Wörtern zusammen: ophis für Schlange und kleis für Klappen. Das Instrument wurde um 1817 in Paris erfunden und um die Jahrhundertmitte von der Ventiltuba verdrängt.  Solotubist Daniel Ridder ist über den Musikverein Wenden-Gerlingen zur Musik gekommen.
Eine Ventilophikleide gehört zu den Schätzen in der Tuba-Sammlung von Daniel Ridder in Kreuztal. Der ungewöhnliche Begriff Ophikleide setzt sich aus zwei griechischen Wörtern zusammen: ophis für Schlange und kleis für Klappen. Das Instrument wurde um 1817 in Paris erfunden und um die Jahrhundertmitte von der Ventiltuba verdrängt. Solotubist Daniel Ridder ist über den Musikverein Wenden-Gerlingen zur Musik gekommen. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Durch die sozialen Medien gewinnt die Tuba noch mehr Popularität. Wenn ich heute Morgen ein Video einstelle, ist das heute Abend schon 10.000 Mal angeklickt worden, vom Nordpol bis nach Indien. Das Instrument des Jahres 2023 war die Mandoline, davon hat man viel weniger in den Sozialen Medien gehört. Aber jetzt, wo die Tuba das Instrument des Jahres ist, ist sie in der digitalen Welt sehr präsent.

Bereuen Sie, dass Sie nicht Trompete gelernt haben?

Augen auf bei der Instrumentenwahl, kann ich nur sagen. Es kommt natürlich immer darauf an, was man mit seinem Instrument machen möchte. Ein Tubist hat viele Möglichkeiten. Und durch meine Arbeit als Solotubist beim Musikkorps der Bundeswehr in Siegburg habe ich das Glück, an einem einzigen Abend viele unterschiedliche Genres bedienen zu dürfen, Marsch, klassische Ouvertüre, Solokonzert, Bigband-Arrangement, das ist schon eine große Bandbreite. Mit dem Musikkorps sind wir national und international unterwegs.

Seltene und teils historische Instrumente gehören zur Tuba-Sammlung von Daniel Ridder. Der Musiker stellt die Instrumente unter anderem auf YouTube vor.
Seltene und teils historische Instrumente gehören zur Tuba-Sammlung von Daniel Ridder. Der Musiker stellt die Instrumente unter anderem auf YouTube vor. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Sie haben bereits zwei Solo-Alben eingespielt und viel gelobte Tuba-Schulen veröffentlicht. Und es sind Werke extra für Sie komponiert worden.

Ja, der Komponist und Trompeter Alexander Reuber aus Olpe hat mir ein Stück geschrieben, das heißt Tuba total, denn das ist mein Motto. Alexander kommt aus der berühmten Olper Musiker-Dynastie der Reubers und ist mein Kollege beim Musikkorps der Bundeswehr in Siegburg. Er ist im Musikzug der Freiwilligen Feuerwehr Olpe musikalisch aufgewachsen, ich im Musikverein Gerlingen. 2023 hat Alexander Reuber für den Musikzug Olpe die Trauer- und Gedenkmusik „13 Minuten im Frühling | Stille“ geschrieben, die weite Beachtung gefunden hat.

Das Helikon oder die sogenannte Reitertuba gehört zu den besonderen Stücken in der Tuba-Sammlung von Daniel Ridder. Es wurde erfunden, damit sich der Spieler das Instrument über die Schulter legen kann.
Das Helikon oder die sogenannte Reitertuba gehört zu den besonderen Stücken in der Tuba-Sammlung von Daniel Ridder. Es wurde erfunden, damit sich der Spieler das Instrument über die Schulter legen kann. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Was ist die meistgefürchtete Stelle für Tuba in der klassischen Musik?

Dvoraks 9. Sinfonie. Da sitzt der Tubist im Orchester rum und hat ganz wenig  zu tun. Dvorak hat unglaublich schöne Musik geschrieben, aber leider nicht bei dieser Sinfonie. Da hat die Tuba nur 14 Töne unisono mit der Bassposaune. Bei Wagner und Richard Strauss gibt es sehr exponierte Tubastellen. Ich bedauere es sehr, dass Johann Sebastian Bach und Ludwig van Beethoven die Tuba noch nicht kannten, sie ist erst 1835 erfunden worden. Wie gerne würde ich die Egmont-Ouvertüre mit diesem tollen f-Moll-Akkord unterstützen.

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An wen richtet sich Ihr Workshop beim Sauerland-Herbst?

Der Workshop in Bad Fredeburg vom 25. bis 27. Oktober ist für Amateurmusiker und interessierte Musiker aus der ganzen Region gedacht. Er wird vom Sauerland-Herbst in Kooperation mit dem Deutschen Tubaforum angeboten. Wir Profis sollten unser Wissen an die Amateure in der Region weitergeben, vor allem an die, die in den Musikvereinen selbst Musiker ausbilden. Ich habe schon mehrfach beim Sauerland-Herbst gespielt, das Festival hat sich sehr etabliert. Jetzt bin ich zum ersten Mal als Dozent dabei (www.sauerland-herbst.de).

Sie sind ein totaler Fan der Tuba. Wie viele Tuben haben Sie Zuhause?

Man kann nie genug Tuben haben. Es sind 120 Stück. Viele davon sind historische Instrumente aus meiner Sammlung. Diese stelle ich auf Youtube und in Konzerten gezielt vor. Ich habe ein großes Musikzimmer, und meine Frau und unser Dackel sind sehr verständnisvoll. www.danielridder.de