Hagen. Der Ev. Kirchenkreis Soest-Arnsberg will sich von 50 Prozent der Gebäude trennen. Warum der Vorschlag mehr Probleme schafft, als löst.

Als mit dem Trierer Dom ab 310 die älteste Kirche Deutschlands entstand, gab es weder mehr Christen noch mehr Geld als heute. Das Christentum war ganz am Anfang. Der auffällige Bau sollte weithin zeigen: Hier sind wir. Kommt zu uns. Wir gehen nicht wieder weg. Auch die ersten Gotteshäuser des Sauerlandes waren beileibe nicht voll. Sie sollten Landmarken sein.

All das weiß natürlich der Verwaltungsleiter des Evangelischen Kirchenkreises Soest-Arnsberg. Er hat jüngst vorgeschlagen, wegen sinkender Mitgliederzahlen den Bestand der Kirchengebäude im Kirchenkreis um 50 Prozent zu reduzieren, und zwar bis 2030. Dazu gab der Kirchenkreis eine Pressemitteilung heraus. Gebäude seien immer nur Mittel zum Zweck, wird der Verwaltungsleiter zitiert.

Das kommt dabei heraus, wenn man Kirche nur vom Geld her denkt.

Es gab doch auch kein Geld, als die Kirchen des Sauerlandes gebaut wurden. Egal, in welchem Jahrhundert. Es ist wichtig, in Erinnerung zu rufen, was frühere Christen auf sich genommen haben, bis die Glocken läuten konnten, das wurde überwiegend mit Spenden möglich. Mein Urgroßvater zog zum Beispiel mit einer bischöflichen Sammelbescheinigung über die Dörfer. Außerdem leistete er Hand- und Spanndienste und starb als glücklicher Mann, weil er helfen durfte, dem Herrgott ein Haus zu bauen. Vielleicht haben Protestanten keine persönlichen Beziehungen zu ihren Kirchen. Das kann ich mir allerdings nicht vorstellen.

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Völlig vergessen wird bei einer geldgetriebenen Debatte über Kirchen die Funktion dieser Räume, auch stadtbildprägend. Man muss darin nichts kaufen. Man steht nicht unter dem Druck der Flächenproduktivität. Stattdessen kann man einen Moment Stille genießen, einfach nur die Architektur auf sich wirken zu lassen, vielleicht etwas Musik hören. Kirchen sind eine große Chance für die Getriebenen unserer Epoche. Sie als niederschwelliges Angebot zur spirituellen Erfahrung vorzuhalten, genau darin liegt die Aufgabe des Christentums heute, wo die Leute eben nicht mehr zum Gottesdienst kommen.

Ein paar Mönchlein und Pastörchen haben es im frühen Mittelalter im unwegsamen, menschenleeren Sauerland geschafft, Kirchen zu errichten. Und wir, unanständig reich, sagen: Es sind ja nur nutzlose Steine. Das ist technokratische Gottverlassenheit. Wenn das Christentum tatsächlich keine Ideen mehr hat, wie es seine Kirchen halten kann, dann hat es wohl auch keine Zukunft mehr.