Hagen. Im Erzbistum Paderborn wurden im Jahr 2023 nur zwei Priester geweiht. Welche Probleme die aktuelle Statistik sonst noch offenbart.

Die katholische Kirche in Deutschland hat im vergangenen Jahr fast 592.000 Mitglieder verloren. Hauptgrund für den Rückgang sind rund 403.000 Kirchenaustritte, wie die Deutsche Bischofskonferenz am Donnerstag in Bonn mitteilte. Georg Bätzing, Bischof von Limburg und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, nennt die Zahlen „alarmierend“. „Sie zeigen, dass die Kirche in einer umfassenden Krise steckt.“  In Nordrhein-Westfalen ging die Zahl der Katholiken um knapp 192.000 auf 6,24 Millionen zurück. Insgesamt gibt es mit Stichtag 31. Dezember 2023 noch 20,3 Millionen Katholiken in den 27 deutschen Bistümern.

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Auch in Paderborn blickt man mit Sorge auf die Zahlen. Im Erzbistum sind 21.667  Katholiken ausgetreten. Das sind zwar 5.244  weniger als ein Jahr zuvor, aber immer noch eine beängstigende Zahl für das Gebiet der traditionell tiefschwarzen Diözese. Die beiden Generalvikare Michael Bredeck und Thomas Dornseifer versuchen, den Mut nicht zu verlieren: „Wir dürfen die anhaltenden Um- und Abbrüche in unserer Kirche weder ignorieren noch schönreden. Wir dürfen als Kirche in dieser gravierenden und schmerzhaften Transformation aber auch nicht nur Reagierende sein. Mit Kreativität und Engagement wird in unserem Erzbistum Paderborn bereits vielerorts möglich gemacht, was uns eine Kirche mit Zukunft sein lässt“, so Bredeck und Dornseifer gestern in einer Mitteilung.

Dabei sind auch alle weiteren Zahlen der Statistik ein Alarmsignal. Von allen 1.326.789 Katholiken haben im Jahr 2023 nur 65.359 Menschen einen Gottesdienst besucht, das sind 4,9 Prozent (2022: 63.677). Es gab im ganzen Jahr nur zwei Priesterweihen, im Vorjahr drei. Noch sind 751 Priester in der riesigen Fläche des Erzbistums aktiv, im Vorjahr waren es 780. Und die Priester aus den geburtenstarken Jahrgängen gehen in den nächsten Jahren in Rente. Wie die Seelsorge angesichts dieser Zahlen künftig gewährleistet werden soll, wenn man am Konzept des unverheirateten männlichen Priesters festhält, darüber machten auch die Paderborner Generalvikare keine Angaben.

Versagen bei Missbrauch

Dornseifer wertet das Versagen der Kirche bei der Aufarbeitung der Missbrauchsfälle als einen Grund, warum Katholiken austreten. „Auch wenn noch immer viel zu tun bleibt, ist das Erzbistum Paderborn in Sachen Aufarbeitung auf einem guten Weg“, sagte er. Erzbischof Bentz hatte bei seinem Amtsantritt dem Thema Missbrauch oberste Priorität zugewiesen. Dornseifer verwies auch auf den „Gesamtkontext eines gravierenden Transformationsprozesses“, in dem sich die Kirche als institutionell verfasste Gemeinschaft befinde. „Viele Menschen vermissen in den Angeboten der Kirche oft die Relevanz und den Wert für das eigene Leben. Bedarf und Angebot entwickeln sich auseinander. Daraus folgt auch bei überzeugten Kirchenmitgliedern: Die Heimat Kirche wird fremd.“ Im Bistum Essen ging die Mitgliederzahl um 21.375 auf 658.120 Katholiken zurück.

Im Jahr 2022 hatte eine Rekordzahl von mehr als einer halben Million Menschen der katholischen Kirche den Rücken gekehrt.

Auch die evangelische Kirche kämpft mit Abwanderung. 2023 traten rund 380 000 Mitglieder aus, wie die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) bereits im vergangenen Monat mitgeteilt hatte. Das waren ähnlich viele wie im Jahr davor.

Bischof Bätzing wertete den Mitgliederverlust als Zeichen, dass Reformen notwendig seien. Sie allein würden die Kirchenkrise nicht beheben, „aber die Krise wird sich ohne Reformen verschärfen“, sagte er. Kirche müsse nahe an der Lebenswirklichkeit der Menschen sein. Besonders junge Leute und deren Familien seien in den Blick zu nehmen.