Winterberg. . Natalie Geisenberger geht als eine der Favoritinen in die Rennrodel-WM in Winterberg. Warum sie mit der Bahn erst ihren Frieden schließen musste.
Ein Trauma, so nennt sie es selbst. „Ich bin hier in der Jugend so oft gestürzt“, sagt sie und ergänzt: „Meistens aus der Neun heraus – und wenn nicht da, dann aus der Elf.“ Doch während Natalie Geisenberger über die Kurven erzählt, die ihr einst in der Veltins-EisArena in Winterberg unzählige blaue Flecken, Momente voller Angst und teils heftige Schmerzen bereiteten, lacht die 30-Jährige immer wieder.
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Denn die aktuell beste deutsche Rennrodlerin hat ihren Frieden mit der Bahn geschlossen. „Mittlerweile komme ich sehr gerne nach Winterberg“, sagt sie. Die Gründe liegen oder stehen in Schubladen und Schränken im heimischen Miesbach: Es sind die Medaillen und Trophäen für Geisenbergers Siege auch im Hochsauerland.
Ein kompletter Aussetzer
Ihre imposante Sammlung soll Zuwachs erhalten. Vom 25. bis 27. Januar wird in der Veltins-EisArena die Weltmeisterschaft im Rennrodeln ausgetragen – und nicht nur auf Grund ihrer Führung im Gesamtweltcup geht Natalie Geisenberger als Favoritin in die WM-Rennen der Damen.
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Olympiasiege in Sotschi 2014 und in Pyeongchang 2018, dreimal WM-Gold im Einzel, sechs Gesamtsiege im Weltcup seit 2013 – die Erfolgsbilanz der seit dem vergangenen Sommer verheirateten Rennrodlerin liest sich beeindruckend. In ihrer Vita steht allerdings ebenfalls ein sechster Platz bei der WM 2017 in Innsbruck.
„Den habe ich vergessen“, sagt Natalie Geisenberger und lacht wieder. Denn selbst dieses Missgeschick, bereits im ersten Lauf unterlief ihr ein schwerer Fehler, spielt ihr aktuell in die Karten. „Du hast nie eine Garantie auf Erfolg“, sagt sie über ihre Favoritenrolle und verweist auf „meinen kompletten Aussetzer bei der WM 2017“.
Sie will den nächsten Titel
Obwohl sie in dieser Saison bereits vier Weltcupsiege im Einzel und im Sprint feierte, zeigt auch dieser Winter, dass der Platz ganz oben auf dem Podest für Geisenberger keine Selbstverständlichkeit mehr ist. Die junge Deutsche Julia Taubitz siegte in Calgary sowie auf Geisenbergers Heimbahn am Königssee, in Lake Placid gewann Dajana Eitberger und in Sigulda die Russin Tatjana Ivanova.
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„Deshalb gebe ich im Vorfeld auch keine konkreten Ziele aus“, sagt Geisenberger, „es muss so viel passen und besonders hier, auf dieser Autobahn, können so viele vorne mitfahren.“ Gleichwohl erklärt sie: „Ich bin nicht hier, um um Platz 15 mitzufahren.“
Sie will den nächsten Titel. „Ich achte nicht auf Statistiken oder schaue mir meine Medaillen an und sage, dass ich mehr davon möchte“, erzählt sie zwar. Aber ihr Hunger nach Erfolg ist noch nicht gestillt. Was ihr Erfolgsgeheimnis ist? „Das Puzzle passt. Ich setze auf Altbewährtes und drehe nur an kleinen Stellschrauben“, erklärt sie. Das Puzzle – damit meint die Bayerin ihr Drumherum. Trainer, Techniker, ihren Vater, der sich um geschäftliche Dinge kümmert. Und ihren Mann, Markus Scheer.
Zu diesem Thema schweigt sie
Frisch verheiratet, alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt – es gibt Experten, die mit einer baldigen weitreichenden Entscheidung Geisenbergers rechnen. Dass sie ihre Karriere beenden wird. „Dazu kann ich mich nicht äußern“, sagt sie dazu nur, „weil ich es nicht weiß.“ Nach Olympia habe sie sich ein weiteres Jahr im Rennrodel-Zirkus vorgenommen, „und auch dieses Mal werde ich in Ruhe nach der Saison entscheiden“.
Kann sie weiter vorne mitfahren? Macht der Körper mit? Passt das Umfeld? Diese Fragen müsse sie beantworten. „Noch stelle ich mich nicht hin und sage: Danke, das war’s“, sagt Geisenberger und lacht erneut. Im Jahr nach dem zweiten Einzel-Olympiasieg sei sie sehr relaxt, „nicht wie in Pyeongchang, als ich vor Lauf vier fast durchgedreht bin, weil ich die Bilder von Felix im Kopf hatte“. Felix Loch patzte im vierten Durchgang und gab den sicher geglaubten Olympiasieg noch aus der Hand.
Doch diese Bilder hat Natalie Geisenberger mit ihrer Goldmedaille verdrängt – und die Stürze von einst in Winterberg sowieso.