Winterberg. . Der Rosenkrieg zwischen Sandra Kiriasis und dem jamaikanischen Bobverband: Wieso der BSC Winterberg seinen Bob vermietete und für wen er war.

München, ein ruhiges, erholsames Wochenende mit seiner Ehefrau nach dem ehrenamtlichen Saison-Stress in der Veltins-EisArena – „Das war tatsächlich der Plan“, sagt Jens Morgenstern und lächelt süffisant. Denn zig geführte Telefonate und intensiver Mailverkehr störten die Zweisamkeit zum einen. Zum anderen war Morgenstern mit seinen Gedanken nicht immer in München, sondern mal in Winterberg, mal in der bayrischen Hauptstadt – und oft sogar in Pyeongchang/Südkorea.

Jens Morgenstern (links) und Alois Schnorbus (beide BSC Winterberg) in Winterberg.
Jens Morgenstern (links) und Alois Schnorbus (beide BSC Winterberg) in Winterberg.

Wie berichtet liefern sich dort seit einigen Tagen Sandra Kiriasis und der jamaikanische Bobverband einen hohe Wellen schlagenden Streit. Aus der fabelhaften Geschichte eines jamaikanischen Damenbobs bei Olympischen Spielen, aus Cool Runnings II sozusagen, ist eine Schlammschlacht im Eiskanal geworden.

Auf der einen Seite die deutsche, einst weltbeste Bobpilotin Kiriasis, die unter anderem als Trainerin von Jazmine Fenlator-Victorian und Carriee Russell nach Südkorea gereist war und von einer Entlassung ohne Angabe von Gründen sprach. Auf der anderen Seite der Bobverband Jamaikas, der dies dementierte und behauptet, erst nach Äußerungen der einstigen Winterbergerin aktiv geworden zu sein.

Damenrennen startet heute

Mittendrin: Der Bob des BSC Winterberg – und somit Jens Morgenstern als Vereinsvorsitzender sowie Diane Koch als Geschäftsführerin der BSC Winterberg Marketing GmbH, deren Sportgerät die Jamaikanerinnen bereits seit Mitte Dezember fahren.

Da war die Bobwelt noch in Ordnung: Sandra Kiriasis (li.) und Athleten aus Jamaika machen ein Selfie bei der Eröffnungsfeier.
Da war die Bobwelt noch in Ordnung: Sandra Kiriasis (li.) und Athleten aus Jamaika machen ein Selfie bei der Eröffnungsfeier.

„Wir beteiligen uns nicht an der Schlammschlacht“, sagt Jens Morgenstern im Gespräch mit dieser Zeitung, „wir nennen nur Fakten.“ Und diese lassen Sandra Kiriasis vorerst verstummen.

„Frau Kiriasis war zu keiner Zeit ‘Besitzerin’ des Bobs“, heißt es wie bereits am Montag berichtet in einer gemeinsamen Erklärung des BSC und der Marketing GmbH. Und: „Es existiert ein unterschriebener Kaufvertrag mit dem Jamaikanischen Verband. Zurzeit ist der Bob aber noch Eigentum der BSC Winterberg Marketing GmbH. Der Bob geht mit Zahlung des Kaufpreises in den Bestand des jamaikanischen Verbandes über.“

Sandra Kiriasis verließ 2013 das Hochsauerland

Bobpilotin Sandra Kiriasis gewann bei den Olympischen Spielen 2002 Silber und 2006 Gold. Bis zu ihrem Wechsel 2013 zum neu gegründeten Bob-Club Stuttgart Solitude startete Kiriasis erst für den BSC Winterberg und anschließend für die RSG Hochsauerland. Sie beendete im Juli 2014 ihre aktive Karriere. In Südkorea sollte sie neben Jamaika auch die Kanadierin Kaillie Humphries betreuen. Ohne Akkreditierung ist das jedoch unmöglich.

Kurzum: Kiriasis kann den Start des Bobs beim Damenrennen, welches an diesem Dienstag (12.50 Uhr MEZ) beginnt, gar nicht – wie von ihr angedroht – verhindern, um ihre finanzielle Forderungen gegen den Verband durchzusetzen.

Doch warum verleiht der BSC überhaupt einen Bob?

Die Antwort auf diese Frage ist einfach. Im vergangenen Sommer kaufte die BSC Winterberg Marketing GmbH das Sportgerät der Firma BTC, um der jungen BSC-Pilotin Anna Köhler bestmögliches Material für den Sprung in den Weltcup und später für die Qualifikation zu den Olympischen Winterspielen zur Verfügung zu stellen. Etwa 45 000 Euro kostete der Bob nach Informationen dieser Zeitung. „Wir haben die Entscheidung damals so getroffen – sie war richtig und wir würden sie wieder so treffen“, sagt Jens Morgenstern, ohne die Kaufsumme zu bestätigen.

Jede Menge Arbeit im Ehrenamt

Dass sich Köhler nach umfangreichen Tests vor der Saison gegen den BTC- und einen Wallner-Bob entschied, um mit einem FES-Gerät die Qualifikation für den Weltcup und die Olympischen Winterspiele zu schaffen? „Kein Problem“, antwortet Morgenstern, „wir haben unsere Ziele erreicht.“ Damit der neue, schnelle Bob aber nicht in der Garage verrottet, und um ihn ein wenig zu refinanzieren, wurde er vermietet.

Dass ihr BTC ausgerechnet in Pyeongchang zwischen die Fronten zweier um Geld zankender Parteien geraten würde, damit rechneten Morgenstern und Koch nicht. „So etwas braucht man als Ehrenamtler, der für den Verein etwas Gutes tun wollte, auch nicht“, sagt der BSC-Vorsitzende für sich und seine Vereinskollegin Koch.

Angebot via Twitter

Das Tischtuch mit der bereits früher als streitbar bezeichneten Kiriasis dürfte seit der Klarstellung der Fakten zerschnitten sein, aber das war es eigentlich schon nach deren Abgang 2013 aus dem Hochsauerland zum finanzkräftigeren Klub BC Stuttgart Solitude. Das Thema BTC-Bob ist ebenfalls abgehakt, also fast.

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Eine jamaikanische Brauerei kauft ihn für kolportiert 50 000 Dollar (umgerechnet 40 411 Euro) und stellt dem Verband den Bob zur Verfügung. Als sei der Zwist nicht öffentlich genug gewesen, bot die Brauerei ihre Unterstützung via Twitter an. „Wir sind auf einem guten Weg“, sagt Morgenstern deshalb, obwohl der Kaufvertrag nicht rechtskräftig ist, da die Überweisung des Geldes Stand Montagabend nach Informationen dieser Zeitung noch aussteht.

Nur ein kleines Minus

Warum er das sagt? Das liegt auf der Hand: Seine Pilotin Anna Köhler und seine Anschieberin Erline Nolte fahren als Winterberger Bob bei Olympia mit, der BTC wird mit einem nur kleinen Minus verkauft – lediglich aus Morgensterns ruhigem, erholsamen Wochenende in München wurde nichts. Vorerst.