Dortmund. Zunehmend werden auch kleine Betriebe ohne IT-Abteilung von Cyberkriminellen bedroht. Wie Versicherer wie Signal Iduna helfen wollen.

Nicht nur für Regierungen, große Konzerne und wichtige Dienstleister wie jüngst Südwestfalen IT wächst die Bedrohung durch Hackerangriffe, auch kleine Handwerks- oder Handelsbetriebe werden attackiert. Das ist die Erfahrung von Experten beim Dortmunder Versicherer Signal Iduna. „Gefährdet ist jeder“, sagt Ulrich Leitermann, Vorstandsvorsitzender des Versicherers Signal Iduna. Einen kompletten Schutz gegen Cyberattacken gebe es nicht, erklärt Leitermann. Versicherungen schon. Und Training, gerade für kleinere Betriebe ohne eigene IT-Abteilung. Der Elektrobetrieb, der Tischler oder Dachdecker hat im Alltag andere Dinge im Kopf als die Firewall des Firmencomputers auf dem neuesten Stand zu halten und seinen Beschäftigten Ratschläge zu geben, wann die Alarmglocken bei eingehenden E-Mails läuten müssten.

Nötig wäre es wohl schon. Die Bedrohung durch Cyberkriminelle war für kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU) sowie für Kommunen noch nie so groß wie derzeit. Zu diesem Urteil kommt das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik mit Blick auf die gestiegene Zahl der Hackerangriffe im vergangenen Jahr.

Unternehmen, Institutionen und selbst Privatleute können sich gegen Folgeschäden absichern. „Es müssen aber bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Wer auf seinem Rechner noch mit Windows 7 arbeitet, wird nicht versichert“, sagt Leitermann mit Blick auf Cyberpolicen für Betriebe. Im eigenen Interesse sollten sich Unternehmen damit beschäftigen, wie sie sich gegen mögliche Cyberattacken mit einem modernen IT-System bestmöglich absichern können, rät Ulrich Leitermann: „Komplett schützen kann man sich nicht.“ Gerade deshalb seien Schulungen für Betriebsangehörige so wichtig, die die Signal Iduna gemeinsam mit dem Unternehmen Perseus Technologies ihren Kunden ab sofort als einen Baustein der neuen Cyberpolice anbietet. Perseus arbeitet für mehrere namhafte Versicherungen und nach eigenen Angaben für insgesamt für 9000 Kunden. Die IT-Spezialisten versprechen „kurze, spannende Online-Trainings, die Grundwissen rund um Cybersicherheit vermitteln“. Der Dortmunder Versicherer verspricht sich davon ein erhöhtes IT-Sicherheitsbewusstsein und damit weniger Schadenfälle - letztlich wäre dies auch für die Kunden gut.

Wer auf seinem Rechner noch mit Windows 7 arbeitet, wird bei uns nicht gegen Cyberattacken versichert
Ulrich Leitermann - Vorstandsvorsitzender der Signal Iduna Versicherung

Das fordern Versicherer von ihren Unternehmens-Kunden

Bestimmte Voraussetzungen müssen die Betriebe erfüllen. Es sei ähnlich wie bei einer Feuerversicherung, heißt es beim Dortmunder Versicherer Signal Iduna. Mit Blick auf mögliche Folgen einer Cyberattacke für einen Betrieb liegt dieser Vergleich in gewisser Weise nahe. Ist das System erst einmal infiziert, droht schnell ein Flächenbrand mit Produktionsausfällen bis hin zur Existenzgefährdung - allerdings ist dieser Brand in der Regel weit weniger offensichtlich als ein loderndes Feuer.

Die IT-Systeme müssen auf dem neuesten Stand sein, fordert der Versicherer. Sicherheits-Updates müssten installiert sein. Ein Schutz gegen Schadsoftware, etwa Virenscanner, sei Pflicht und müsse ebenfalls aktuell gehalten werden. Alle Geräte, aber auch Dienste wie die Unternehmens-Internetseite, müssten zusätzlich geschützt werden, zum Beispiel über eine Firewall und eine Zwei-Faktor-Authentifizierung. Mobile Geräte wie Diensthandys, die mit dem IT-System verbunden sind, müssten gegen Diebstahl geschützt, die Daten verschlüsselt sein, heißt es vom Dortmunder Versicherer, der seit 2018 Cyberversicherungen anbietet und die betriebliche Cyberversicherung gerade überarbeitet hat.

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Bereits seit 2016 bietet ein anderer großer Versicherer Schutz gegen die finanziellen Folgen von Cyberangriffen: die Allianz. „In den letzten Jahren beobachten wir in der Cyberversicherung bei unseren Kunden einen deutlichen Anstieg der Schäden. Die aus den Medien bekannte Zunahme von Cyberangriffen, auch im Zusammenhang mit internationalen Konflikten, der Fortschritt in der Digitalisierung sowie die Entwicklungen im Bereich KI sind nur einige der großen Herausforderungen, mit denen wir uns im Bereich Cyber aktuell befassen“, erklärt Fabian Waller, Leiter Cyberversicherung bei der Allianz mit Hauptsitz in München.

Die Sorge vor Cyberangriffen sei zuletzt enorm gewachsen. „Nicht zuletzt auch aufgrund des Ukraine-Konflikts wird das Cyber-Risiko noch weiter an Bedeutung gewinnen und sich zu einer Standardversicherung für Firmen entwickeln“, prognostiziert Waller. Das Interesse an Cyberschutzpolicen sei groß.

Das Interesse an Cyberpolicen wächst deutlich

Dies bestätigt der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV) in Deutschland, gerade mit Blick auf kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU). In den vergangenen fünf Jahren habe sich das Verhältnis von KMU, die sich für Cyberversicherungen interessieren, und jenen, die sich weiter nicht mit dem Thema beschäftigen, nahezu umgekehrt. Für rund 55 Prozent der Betriebe ist die Absicherung gegen Cyberattacken und ein entsprechender Versicherungsschutz laut GDV heute ein wichtiges Thema. 2018 beschäftigte sich nur knapp ein Drittel der Firmen damit.

Das leisten Cyberversicherungen

Die Signal Iduna deckt Cyber-Risiken für kleine und mittelgroße Unternehmen bis zu einer Höhe von drei Millionen Euro ab. Mit enthalten ist in der Regel eine enge Begleitung im Schadensfall durch entsprechende Experten. Die Allianz bietet im Schadensfalls für Unternehmen auch die Übernahme von Krisenkommunikation an. Zu genauen Kosten äußert sich die Allianz mit Verweis auf kartellrechtliche Gründe nicht.

Beispielrechnung: Das kostet eine Versicherung pro Jahr

Die Beispielrechnung des Versicherers Signal Iduna für einen Betrieb, dessen IT-System auf dem neuesten Stand ist, sieht so aus: Die Jahresprämie für einen Elektroinstallateur mit einem Jahresumsatz von 500.000 Euro beträgt bei einer Versicherungssumme von 150.000 Euro, vollem Service und einer Selbstbeteiligung von 500 Euro bei einem Dreijahresvertrag für einen Betrieb, der Mitglied in der Handwerks-Innung ist, 260 Euro. Betriebe, die nicht auf dem besten IT-Stand sind, können auch versichert werden, hier wird ein Tarif dann jeweils angepasst vereinbart.

Die Dortmunder haben nach eigenen Angaben aktuell rund 1400 Cyberversicherungen verkauft. Die Zahl der regulierten Versicherungsfälle liege im oberen zweistelligen Bereich. Eine Entscheidung, ob sich eine Cyberversicherung für den eigenen Betrieb lohnt, kann den Unternehmerinnen und Unternehmern niemand abnehmen. Auch für den Versicherer ist es ein Rechenexempel, das im Falle der Signal Iduna laut Leitermann derzeit aufgeht. Rund 1,5 Millionen Euro Jahresbeitrag fließen nach Angaben des Versicherers aktuell in die Kasse der Signal Iduna, für die es demnach noch nicht das wichtigste Geschäft ist, aber zum Service gehört und mehr Geld als Kosten einbringt.

Schutz für den PC daheim

Auch Privatleute können sich schützen. Versicherer wie die Allianz oder Signal Iduna bieten nach eigenen Angaben optional Zusatz-Cyberbausteine für die Haftpflicht- oder Hausratversicherung an. Die Verbraucherzentrale NRW rät allerdings, zunächst die bestehenden Versicherungsverträge durchzusehen. Möglicherweise sind dort Cyberschäden bereits mitversichert.