Sundern. Elmar Schütz hat sich von Bürokratie nicht stoppen lassen. Sein Mut zur Energiewende zahlt sich auch für seine Mieter in Sundern aus.

Wer Mieter ist und mit Sonnenstrom vom Hausdach versorgt wird, darf sich freuen. Ein rasanter Zuwachs an Photovoltaikanlagen auf Mietshäusern ist allerdings kaum zu erkennen. Die Umsetzung ist immer noch kompliziert. Elmar Schütz aus Sundern lässt sich weder von bürokratischem noch technischem Aufwand abschrecken. „Mieterstrom lohnt sich für Vermieter und Mieter“, sagt der Sauerländer mit voller Überzeugung.

Elf Mietparteien profitieren schon

Erst recht nach der Ankündigung der Betreiber von Stromnetzen, die Gebühren in diesem Jahr beinahe zu verdoppeln, um den für die Energiewende dringenden Netzausbau endlich zu beschleunigen. Resultat: die Stromkosten steigen um mehrere Cent pro verbrauchter Kilowattstunde, außer für Mieterstromprojekte. Hier wird der Strom vom Hausdach direkt im Gebäude verbraucht, also das Netz nicht genutzt. Elf seiner 16 Mietparteien auf dem Gelände des ehemaligen Bauernhofs im Sauerland profitieren bereits davon, dass Schütz unbeirrt von politischen Entscheidungen schon lange auf die Kraft der Sonne setzt.

Die erste Anlage ließ Elmar Schütz bereits 2007 auf dem Dach (im Bild vorne) auf Hof Röhre installieren. Sie liefert seitdem verlässlich Energie, ist aber noch nicht Teil des Mieterstromprojekts, weil der Sunderaner bis 2027 für eingespeisten Strom noch 49 Cent pro Kilowattstunde erhält. Deutlich mehr, als derzeit am Strommarkt zu erzielen sind.
Die erste Anlage ließ Elmar Schütz bereits 2007 auf dem Dach (im Bild vorne) auf Hof Röhre installieren. Sie liefert seitdem verlässlich Energie, ist aber noch nicht Teil des Mieterstromprojekts, weil der Sunderaner bis 2027 für eingespeisten Strom noch 49 Cent pro Kilowattstunde erhält. Deutlich mehr, als derzeit am Strommarkt zu erzielen sind. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Elmar Schütz ist im Grunde wie Eon, RWE oder ein Stadtwerk. Ein Stromversorger. Nur kleiner und eben direkter. Der Sunderner ist keine Konkurrenz zu den Branchengiganten und auch kein Vorstandsvorsitzender mit Millionensalär, dennoch ist er gut im Geschäft. Die Photovoltaikanlagen auf den Dächern seines alten Bauernhofs im Sauerland erzeugen rund 50.000 Kilowattstunden Sonnenstrom pro Jahr.

Mieterstrom nennt sich das Prinzip, wenn der vor Ort erzeugte Strom auch vor Ort und ohne Umweg durch das öffentliche Netz verbraucht wird und wie in Sundern zu einem Preis an die Mieter abgegeben wird, der deutlich unter dem der Grundversorgung liegt. Damit ist Mieterstrom aktuell nicht zwangsläufig das billigste Angebot auf dem Markt, aber eine sehr sichere und preisstabile Energieversorgung.

Das Pflege-Unternehmen Moby Doc „tankt“ seine Fahrzeuge mit Sonnenstrom von Elmar Schütz.
Das Pflege-Unternehmen Moby Doc „tankt“ seine Fahrzeuge mit Sonnenstrom von Elmar Schütz. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Auf dem Hof „Röhre“ in Sundern nutzen die meisten Mieter die Möglichkeit bereits, wie der Pflegedienst Moby Doc, der auch seine E-Autos möglichst direkt vom Dach wieder aufladen lässt. Mieterstrom war ursprünglich als wesentlicher Beitrag zur Energiewende gedacht, denn unzählige Dächer in Städten und Gemeinden bieten Platz für Photovoltaikanlagen, sind aber noch ungenutzt. Die Bundesregierung rechnete vor, dass 3,8 Millionen Haushalte in Deutschland mit Mieterstrom versorgt werden könnten.

An Attraktivität gewann das Thema in den vergangenen Jahren durch die enorm gestiegenen Stromkosten und Versorgungsunsicherheiten, verursacht durch den Ukrainekrieg und den damit verbundenen Abschied von russischem Billiggas. Die Anschaffung von Photovoltaikanlagen auf Wohngebäuden stieg im vergangenen Jahr tatsächlich deutlich, allerdings überwiegend für Dächer auf Eigenheimen.

Fördertopf des Landes nur zur Hälfte ausgeschöpft

Die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen hat im vergangenen Sommer sogar einen 10-Millionen-Euro-Fördertopf für die Installation von Mieterstromanlagen aufgelegt - im Haushalt des Landes als Sondervermögen deklariert. Allerdings nur für Gebäude mit gefördertem Wohnraum. Aus diesem Topf, der Ende 2023 wieder geschlossen wurde, flossen letztlich nur gut 4,8 Millionen Euro für 92 Projekte ab. Durchschnittlich gab es also mehr als 50.000 Euro Zuschuss.

Elmar Schütz gehört zu denjenigen, die schon früh auf Photovoltaik gesetzt haben - und die Projekte nach eigenen Angaben ohne Förderung umgesetzt haben. Vor rund 30 Jahren hat der 56-Jährige den alten Hof Röhre in Sundern im Sauerland gekauft, 2007 die erste große Photovoltaikanlage auf eines der Dächer montieren lassen. 22,5 Kilowatt Spitzenleistung (Peak). „100.000 Euro hat die Anlage damals gekostet. Solarworld-Module. Ich habe immer auf deutsche Hersteller gesetzt. Niemand hat damals geglaubt, dass es sich rechnen würde, nur mein Bankberater und ich selbst.“

Während die deutsche Firma Solarworld des Hagener „Sonnenkönigs“ Frank Asbeck längst pleite ist, sprudeln für Schütz die Gewinne aus seiner ersten Anlage. 49 Eurocent pro Kilowattstunde eingespeisten Sonnenstrom kassiert der Sauerländer noch bis 2027. Das ist der Grund, warum diese erste Anlage noch nicht Teil des Mieterstromprojekts auf Hof Röhre ist. Erst wenn die aus heutiger Sicht enorme Einspeisevergütung nach 20 Jahren ausläuft, wird die Anlage auch für das Projekt Mieterstrom genutzt werden.

Der Zählerschrank ist mehrere Meter breit und hoch. Auch für Netzbetreiber Westnetz ist die Anlage nicht alltäglich.
Der Zählerschrank ist mehrere Meter breit und hoch. Auch für Netzbetreiber Westnetz ist die Anlage nicht alltäglich. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

„Wer will, bekommt von mir einen Vertrag mit sechs Monaten Kündigungsfrist“, sagt Elmar Schütz. Ein bisschen Planungssicherheit muss sein, denn ganz so einfach wie es sich anhört, ist eine Mieterstromanlage in der Größenordnung wie in Sundern nicht, wie schon an dem mehrere Meter langen Zählerschrank deutlich wird. Pro Mieter sind zwei Zähler notwendig, damit die Stromkunden jederzeit frei den Anbieter wählen können. Dazu ein Wandlerzähler des Netzbetreibers, in diesem Fall Westnetz, ein Tochterunternehmen der Westenenergie, die zum Eon-Konzern gehört. Aktuell gibt es im Westnetz-Gebiet nach eigenen Aussagen rund 270 PV-Mieterstrom-Anlagen. „Im Jahr 2016 haben wir die erste PV-Mieterstrom-Anlage angeschlossen. Seit 2022 sehen wir einen deutlichen Anstieg auf fast 100 Anschlussbegehren für Mieterstrom-Anlagen im Jahr“, sagt eine Sprecherin der Westenergie auf Anfrage.

Ich verstehe die Leute nicht. Wer heute ein Haus kauft oder neu baut, sollte immer eine Photovoltaikanlage installieren lassen. Sie hilft, das Haus zu finanzieren.
Elmar Schütz

Vom Konzept der neuen Anlage auf Hof Röhre im Sauerland mit rund 52,5 Kilowatt Spitzenleistung bis zum Netzanschluss vergingen anderthalb Jahre. Im vergangenen Jahr wurde bereits die Hälfte des dort erzeugten Stroms auch vor Ort verbraucht. In diesem Jahr rechnet Schütz mit 65 bis 70 Prozent Eigenverbrauch. Über Speicher denkt der Sunderaner gerade nach, denn Strom-Unabhängigkeit ist ein weiteres Ziel. Gestartet ist Schütz mit viel Idealismus, aber „ich erwarte schon, dass ich damit Geld verdienen kann.“ Schaut Schütz auf die Dächer seines Hofes, sieht der selbstständige Handelsvertreter für Naturholzböden auch einen Teil seiner Altersversorgung. „Ich verstehe die Leute nicht. Wer heute ein Haus kauft oder neu baut, sollte immer eine Photovoltaikanlage installieren lassen. Sie hilft, das Haus zu finanzieren“, sagt Schütz.

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Im Vergleich zu seinem Start ins Sonnenstromalter im Jahr 2007 sind die Preise für solche Anlagen kontinuierlich gesunken. Für Eigenheimbesitzer entfällt beim Kauf einer Anlage seit 2023 sogar die Mehrwertsteuer. Mit dem Solarpaket I der Bundesregierung soll die Installation von Photovoltaikanlagen und auch von Mieterstromanlagen entbürokratisiert und so beschleunigt werden. Dieses Paket sollte längst beschlossen sein. Darauf wollte Schütz seine Mieter nicht warten lassen.