Köln. Segensfeier am Kölner Dom für queere Paare: Wie der Priester Wolfgang F. Rothe aus Hallenberg die Aktion bewertet.
Der katholische Priester Dr. Dr. Wolfgang F. Rothe hat die Segensfeier für alle Liebenden auf dem Kölner Bahnhofsvorplatz am Dom organisiert. Im Interview zieht der gebürtige Hallenberger eine positive Bilanz der Aktion, welche auf die Nöte von queeren Paaren und wiederverheirateten Geschieden aufmerksam machen wollte, welchen die katholische Kirche offiziell den Segen verweigert. Auslöser war die Maßregelung eines Pfarrers im Erzbistum Köln durch Kardinal Woelki, der einen Gottesdienst für alle Liebenden angeboten hatte.
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Sind Sie zufrieden mit der Aktion in Köln und der Resonanz darauf?
Wolfgang F. Rothe: Ja, ich bin sehr zufrieden. Die Initiative hat enorme Resonanz gefunden. Sogar der Queerbeauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann, hat sich positiv dazu geäußert. Er nannte den Gottesdienst vor dem Dom ein wichtiges Symbol für die oft geforderte Anerkennung gleichgeschlechtlicher Paare in der katholischen Kirche. ,Es ist vor allem der kirchlichen Basis zu verdanken, dass sich die Kirche immer weiter öffnet‘, so Lehmann. ,Erzbischof Woelki und der Vatikan hingegen hinken Lichtjahre der gesellschaftlichen Wirklichkeit hinterher’.
Es sind viele Tränen geflossen
Hat die Aktion das Bewusstsein geschärft für das Unrecht, das queeren und wiederverheirateten Paaren in der Kirche angetan wird?
Es sind während des Gottesdienstes viele Tränen geflossen - Tränen des Schmerzes über die Diskriminierungen und Verletzungen, die queeren Menschen in der katholischen Kirche und von der katholischen Kirche nach wie vor zugefügt werden, aber auch Tränen der Erleichterung und Freude, dass mittlerweile ein Umdenken einsetzt. Sogar im Vorbereitungsdokument zur Bischofssynode, die in zwei Wochen im Vatikan beginnt, wird erstmals anerkannt, dass queere Menschen von der Kirche ausgegrenzt und verletzt werden. Zugleich wird die Frage gestellt, was zu tun ist, um das zu ändern. Man darf gespannt sein, welche Signale die Bischofssynode und Papst Franziskus in dieser Sache aussenden werden.
Warum gibt es überhaupt ein so großes Bedürfnis nach Segen? Die Kirchen verlieren doch flächendeckend an Relevanz.
Segen als Grundbedürfnis
Segen ist ein menschliches Grundbedürfnis. Segnen heißt auf Lateinisch „benedicere“ - wörtlich übersetzt: Gutes sagen, Gutes zusprechen. Jeder Mensch braucht Zuspruch. Und gläubige Menschen wünschen sich diesen Zuspruch eben auch von der Kirche - und sie haben ein Recht darauf! Dass die Attraktivität der Kirche im Schwinden begriffen ist, hat genau damit zu tun: dass die Kirche Menschen den Zuspruch verweigert, nach dem sie sich sehnen, dass sie diesen Zuspruch an so unmenschliche und lebensferne Bedingungen knüpft. Die Krise der Kirche ist hausgemacht.