Bottrop. Auf dem Kirchentag sorgte das Zitat „Gott ist queer“ für Kritik. Vikar Jan-Mark Budde will sich für mehr Toleranz in der Kirche einsetzen.
Dass Jan-Mark Budde homosexuell ist, hat er noch nie zum Geheimnis gemacht. Auch nicht in der Kirche. Der 27-Jährige hat im April sein Vikariat in Bottrop angetreten – und will sich für noch mehr Offenheit in der evangelischen Kirche einsetzen.
„Das gesellschaftliche Klima verändert sich. Es verhärtet sich wieder“, sagt Jan-Mark Budde mit Blick auf Angriffe auf Teilnehmer des Christopher-Street-Days und die massive Kritik an dem evangelischen Pfarrer Quinton Ceasar, der bei seiner Predigt auf dem Kirchentag gesagt hatte: „Gott ist queer.“ Vor Kurzem ist zudem die Regenbogenfahne an der Martinskirche angekokelt worden. Unklar ist, ob das ein bewusstes homophobes Zeichen war.
Bottroper Vikar will deutliches Zeichen gegen Homophobie setzen
Jan-Mark Budde will in der Kirche ein deutliches Zeichen gegen Homophobie setzen. „Wir sind auf einem guten Weg, aber wir können noch Schritte gehen“, sagt der Vikar. Zum Beispiel beteiligt sich die evangelische Kirche Westfalen noch nicht an Christopher-Street-Days – wie beispielsweise die evangelische Kirche im Rheinland.
Für ihn selbst sei es selbstverständlich gewesen, offen mit seiner Homosexualität umzugehen. „Als Pfarrperson steht man immer in der Öffentlichkeit“, sagt Jan-Mark Budde. „Es ist wichtig, dass ich authentisch bin.“ Dann stehe auch die Gemeinde hinter einem. Er wolle auch ein Vorbild für junge Menschen sein, ebenso offen mit der eigenen Homosexualität umzugehen.
Engagement für Ökumene: „Wir werden weniger“
Jan-Mark Budde stammt aus Ostwestfalen, war dort schon in der evangelischen Jugendarbeit aktiv. Nach dem Abitur habe er gehadert, ob er sich lieber dem Lehr- oder dem Pfarramt zuwendet – und ist nun froh, zweiteren Weg ergriffen zu haben. „Das Schöne am Pfarrberuf ist, dass Menschen aller Schichten und Altersgruppen miteinander verbunden werden.“
Besonders einsetzen will er sich – neben dem Engagement für die LGBTQ-Szene – für die Ökumene.„Wir werden weniger“, sagt er mit Blick auf die schwindenden Kirchenmitglieder sowohl in der katholischen als auch in der evangelischen Kirche. „Wir müssen verstärkt zusammenarbeiten.“ Die Ökumene wurde ihm bereits in die Wiege gelernt: Seine Mutter ist katholisch, sein Vater evangelisch. Geprägt haben ihn aber vor allem sein früherer Gemeindepfarrer in seiner Heimat und seine Großmutter.
Klassisches Familienbild besteht nicht nur aus Mann und Frau
Um dem Mitgliederschwund entgegen zu wirken, müsse sich die Kirche breiter aufstellen. Soziale Medien böten da eine große Chance, auch um Menschen zu erreichen, die sonst mit Kirche nicht viel zu tun haben. Die Bottroper Gemeinde sei da schon sehr weit, sich digital zu präsentieren. „Der klassische Sonntagsgottesdienst hat eine begrenzte Reichweite“, sagt der 27-Jährige. Im Internet gebe es da ganz andere Möglichkeiten.
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Zweieinhalb Jahre dauert das Vikariat. Gerade hat Jan-Mark Budde die Vollzeitphase seines Schulvikariats abgeschlossen, hat an der Willy-Brandt-Gesamtschule Religion unterrichtet. Für die Ausbildung zum Pfarrer ist er nach Bottrop gezogen, hat aber noch einen Wohnsitz bei seinem Lebensgefährten in Borken. Verheiratet sind sie nicht, das wäre aber im evangelischen Kirchendienst auch kein Problem. Das klassische Familienbild besteht eben nicht nur aus Mann und Frau. Für Jan-Mark Budde ist klar, wenn er Pfarrer ist, „würde ich jederzeit Homosexuelle trauen“.