Lüdenscheid. Spezialisten der Prange-Gruppe sollten in die unternehmerische Führung der Sportklinik Hellersen einsteigen. Doch Behörden lassen das nicht zu.

Mit zwei Hüftprothesen und einem neuen Kniegelenk legt Wolfram Fischer täglich 50 Kilometer zurück. Entweder auf seinem Fahrrad oder in seinen Laufschuhen. Der 73-Jährige aus Plettenberg steht im Zentrum der jüngsten Mitteilung der 260 Betten umfassenden Lüdenscheider Sportklinik Hellersen. „Die künstlichen Gelenke fühlen sich wie meine eigenen an“, lobt der sportliche Rentner darin die medizinische Leistung der Klinik. Die vor fast 53 Jahren an diesem Standort eröffnete Einrichtung hatte zeitweise den Ruf, das modernste und größte Krankenhaus für Sportverletzte in Europa zu sein. Viele Menschen aus der Region – bei weitem nicht nur Sportler – haben dies selbst erfahren.

In den vergangenen Jahren waren es allerdings oftmals finanzielle und wirtschaftliche Schwierigkeiten, die die Sportklinik im Märkischen Kreis in die Schlagzeilen gebracht hatten, zuletzt im vorvergangenen Jahr, als Gebäudeteile verkauft und zurückgemietet wurden, um einen zweistelligen Millionen-Betrag zu generieren. Mit der in Plettenberg ansässigen Prange-Gruppe sollte nun eine Partnerin an Bord geholt werden, die mit ihrem unternehmerischen Know-how quasi die Führung der Sportklinik übernehmen und sie effizienter aufstellen sollte. Doch aus dem im vergangenen Sommer verkündeten Plan wird nun nichts: Das Gesellschaftsrecht verhindert ganz offensichtlich, dass die auf Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungstätigkeiten spezialisierte Prange-Gruppe die angestrebte Mehrheit in den Führungsgremien übernehmen kann.

Schwierige Trägerstruktur bei der Sportklinik Hellersen

Albrecht Brodhun, Vorstand des „Prange Akzente e.V.“ – eines eingetragenen Vereins, in dem die Prange-Gruppe ihr soziales Engagement bündelt und mit dem sie bei der Sportklinik hätte einsteigen wollen – hatte schon im August vergangenen Jahres im Gespräch mit dieser Redaktion die Schwierigkeiten des Konstrukts Sportklinik Hellersen umrissen. Deren Trägerin ist von Beginn an die Sporthilfe NRW, ebenfalls ein eingetragener Verein mit mehr als 120 Mitgliedern. So sind alle Mitgliedsorganisationen des Landessportbunds Nordrhein-Westfalen (LSB NRW) zugleich Mitglieder der Sporthilfe. Diese Trägerstruktur habe das Erlangen von finanzieller Unterstützung nicht leichter gemacht, so Brodhun damals, der klar das Ziel ausgegeben hatte, dass die Klinik nicht geschlossen werden solle.

Die Spezialisten der Prange-Gruppe, so der Ursprungsplan, hätten durch die Mitgliedschaft von „Prange Akzente e.V.“ in der Sporthilfe und eine entsprechende Satzungsänderung ein Mehrheitsstimmrecht in den Gremien erhalten sollen. Teil eins des Plans lief noch glatt. Am 1. Oktober vergangenen Jahres war „Prange Akzente e.V.“ als Mitglied der Sporthilfe aufgenommen worden. Am gleichen Tag hatte auch eine Mitgliederversammlung des Landesportbundes mit einer überwältigenden Mehrheit von 244 Ja- gegen drei Nein-Stimmen dem Plan zugestimmt.

Behörden akzeptieren Satzungsänderung nicht

Nicht wirksam wurde dagegen die von der Mitgliederversammlung der Sporthilfe einstimmig beschlossene Satzungsänderungen, die Prange Akzente ein Mehrheitsstimmrecht eingeräumt hätte. „Diese wurden behördlich nicht akzeptiert, sodass eine vertiefte gesellschaftsrechtliche Verflechtung nicht möglich ist“, bestätigen auf Anfrage fast gleichlautend Sarah Burghaus, die Sprecherin der Sportklinik Hellersen und Dr. Christoph Niessen, der Vorstandsvorsitzende des Landessportbundes NRW, der betont, dass er und ein LSB-Vorstandskollege seit Oktober 2022 nicht mehr Mitglied des Präsidiums der Sporthilfe seien. Dementsprechend, so Niessen, könne er auch nicht beurteilen, welche Folgen das Nicht-Zustandekommens des Prange-Plans für die Sportklinik habe: „Ich habe keinen Einblick mehr in die entsprechende Daten.“

Sportklinik-Sprecherin Sarah Burghaus dagegen äußert sich deutlich und zeichnet ein positives Bild. Es gebe „keine Existenzgefährdung“ durch das Scheitern des Prange-Plans: „Wir sind, nach drei Jahren Corona-Pandemie, die jedem Krankenhaus schwer zugesetzt hat, wieder überdurchschnittlich ausgelastet, haben die Jahre 2021 und 2022 positiv abgeschlossen und sind, insbesondere auch mit Blick auf die geplante Krankenhausreform und die damit einhergehende Spezialisierung, sehr gut und zukunftssicher aufgestellt.“ Die Patienten- und Mitarbeiterzufriedenheit liege weit über dem Branchendurchschnitt, den Fachkräftemangel spüre man kaum.

Wie die Zusammenarbeit mit Prange nun weitergehen soll

Es sei auch nicht der Plan gewesen, dass die Prange-Gruppe als Investor auftrete oder Teile der Klinik finanziere. Es sei um das unternehmerische Know-how gegangen. Auch wenn sich gezeigt habe, dass diese gesellschaftsrechtlich Verflechtung nicht möglich sei, so wolle man nun ausloten, wie man trotzdem zusammenarbeiten und Synergien nutzen könne.

„Die Sportklinik Hellersen ist ein wichtiger Baustein für die Gesundheitsversorgung in der Region. Die geplante Krankenhausreform wird dies einmal mehr unterstreichen. Umso wichtiger ist der Prange Gesundheit die partnerschaftliche Beziehung zur Sportklinik. Diese werden wir z.B. durch Kooperationen zwischen dem Hausarztzentrum und der Sportklinik in Zukunft weiter ausbauen und vertiefen“, erklärt Albrecht Brodhun auf Anfrage dieser Zeitung.

Bestehende Synergien zwischen der Klinik und „Prange Akzente“ wolle man nutzen, um die vorhandenen Strukturen noch weiter auszubauen und gemeinsam das Ziel einer nachhaltigen und ganzheitlichen Gesundheitsversorgung im Sauerland weiter zu verfolgen, versichert Brodhun.

>> INFO: Die Sportklinik Hellersen

  • Das Leistungsspektrum der Sportklinik Hellersen umfasst Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin.
  • Rund 8000 Patienten werden nach Klinikangaben pro Jahr stationär und 40.000 ambulant behandelt - davon rund 500 Kreuzband- und 1000 Schulter-OPs sowie 800 fußchirurgische Eingriffe. Darüber hinaus gebe es etwa 2000 Patienten mit Rückenbeschwerden und 1400 Schmerzpatienten.
  • In der Endoprothetik würden laut Aussage des Klinikums im Jahr rund 850 Knie- und Hüftgelenk-Operation durchgeführt.
  • Die Sportklinik Hellersen verfügt über 260 Betten und beschäftigt rund 400 Mitarbeiter. Träger der Klinik ist der Sporthilfe NRW e.V.