Attendorn. Den Gefängnissen in NRW fehlen hunderte Mitarbeiter. Grund genug für einen Besuch im Knast. Unterwegs mit zwei Wärtern in der JVA Attendorn.

Sie sind jetzt am Ende des Flurs angelangt, und damit auch am Ende ihrer Möglichkeiten.

Justizvollzugsanstalt Attendorn, geschlossener Vollzug, erster Stock. Ein kahler Raum, keine Ecken, keine Kanten, keine Möbel, theoretisch keine Möglichkeit, sich zu verletzen. Nur eine blaue Matratze stattet den weiß-grauen Raum aus. Dazu Überwachungskamera, Gegensprechanlage und ein Plumpsklo in der Ecke. Wenn nichts mehr geht, geht’s in den BGH, den „besonders gesicherten Haftraum“, wie er offiziell heißt.

Die Knackis sprechen vom „Bunker“. Der ist die Endstation, auch bei den Sanktionsmöglichkeiten. Wer Probleme macht, wem nicht anders zu helfen ist, wer sich psychisch auffällig verhält, sich selbst verletzt, der landet hier, kann am Boden fixiert werden. Und dann? „In der Regel“, sagt Christian Holderberg, „kommen die Gefangenen hier drin nach zwei, drei Tagen runter.“

Einblicke in das Gefängnis in Attendorn

Reportage aus der JVA Attendorn. Flur im Gebäudetrakt des geschlossenen Vollzugs. Links und rechts befinden sich die Zellen der Gefangenen. 
Reportage aus der JVA Attendorn. Flur im Gebäudetrakt des geschlossenen Vollzugs. Links und rechts befinden sich die Zellen der Gefangenen.  © FUNKE Foto Services | Andreas Buck
 Raum für besondere Sicherheitsmaßnahmen für Gefangene. Es besteht die Möglichkeit den Inhaftierten zu fixieren. Die Inhaftierten nennen den Raum Bunker.
 Raum für besondere Sicherheitsmaßnahmen für Gefangene. Es besteht die Möglichkeit den Inhaftierten zu fixieren. Die Inhaftierten nennen den Raum Bunker. © FUNKE Foto Services | Andreas Buck
 Im Besuchsraum stehen mehrere Tische und Stühle. Der evangelische Seelsorger Lothar Schulte (54) unterstützt Inhaftierte bei Problemen. 
 Im Besuchsraum stehen mehrere Tische und Stühle. Der evangelische Seelsorger Lothar Schulte (54) unterstützt Inhaftierte bei Problemen.  © FUNKE Foto Services | Andreas Buck
 Blick aus einem Fenster auf eine Gefängnismauer
 Blick aus einem Fenster auf eine Gefängnismauer © FUNKE Foto Services | Andreas Buck
Flur im Gebäudetrakt des geschlossenen Vollzugs. Links und rechts befinden sich die Zellen der Gefangenen.
Flur im Gebäudetrakt des geschlossenen Vollzugs. Links und rechts befinden sich die Zellen der Gefangenen. © FUNKE Foto Services | Andreas Buck
 Zweierzimmer der Gefangenen mit Stockbett im Bereich des geschlossenen Vollzugs. Die Justizvollzugsbeamtin Heike Wehr steht am Bett. 
 Zweierzimmer der Gefangenen mit Stockbett im Bereich des geschlossenen Vollzugs. Die Justizvollzugsbeamtin Heike Wehr steht am Bett.  © FUNKE Foto Services | Andreas Buck
 Raum für besondere Sicherheitsmaßnahmen für Gefangene. Es besteht die Möglichkeit den Inhaftierten zu fixieren. Die Inhaftierten nennen den Raum Bunker. der Justizvollzugsbeamter Christian Holderberg zieht eine Matraze in die vorgesehene Position
 Raum für besondere Sicherheitsmaßnahmen für Gefangene. Es besteht die Möglichkeit den Inhaftierten zu fixieren. Die Inhaftierten nennen den Raum Bunker. der Justizvollzugsbeamter Christian Holderberg zieht eine Matraze in die vorgesehene Position © FUNKE Foto Services | Andreas Buck
 Raum für besondere Sicherheitsmaßnahmen für Gefangene. Es besteht die Möglichkeit den Inhaftierten zu fixieren. Die Inhaftierten nennen den Raum Bunker. 
 Raum für besondere Sicherheitsmaßnahmen für Gefangene. Es besteht die Möglichkeit den Inhaftierten zu fixieren. Die Inhaftierten nennen den Raum Bunker.  © FUNKE Foto Services | Andreas Buck
 Flur im Gebäudetrakt des geschlossenen Vollzugs. Links und rechts befinden sich die Zellen der Gefangenen. 
 Flur im Gebäudetrakt des geschlossenen Vollzugs. Links und rechts befinden sich die Zellen der Gefangenen.  © FUNKE Foto Services | Andreas Buck
 Der Justizbeamter Christian Holderberg geht einen Flur im Gebäudetrakt des geschlossenen Vollzugs ab. 
 Der Justizbeamter Christian Holderberg geht einen Flur im Gebäudetrakt des geschlossenen Vollzugs ab.  © FUNKE Foto Services | Andreas Buck
 Im Besuchsraum stehen mehrere Tische und Stühle 
 Im Besuchsraum stehen mehrere Tische und Stühle  © FUNKE Foto Services | Andreas Buck
 Zweierzimmer der Gegangenen mit Stockbett im Bereich des geschlossenen Vollzugs. 
 Zweierzimmer der Gegangenen mit Stockbett im Bereich des geschlossenen Vollzugs.  © FUNKE Foto Services | Andreas Buck
 Blick aus einem Fenster auf eine Gefängnismauer 
 Blick aus einem Fenster auf eine Gefängnismauer  © FUNKE Foto Services | Andreas Buck
Reportage aus der JVA Attendorn.
Reportage aus der JVA Attendorn. © FUNKE Foto Services | Andreas Buck
Für Gläubige in der JVA gibt es eine Gefängniskirche.
Für Gläubige in der JVA gibt es eine Gefängniskirche. © FUNKE Foto Services | Andreas Buck
Die Justizvollzugsbeamtin Heike Wehr in der Kleiderkammer der Wäscheausgabe beim Einsortieren der Wäsche für die Gefangenen. 
Die Justizvollzugsbeamtin Heike Wehr in der Kleiderkammer der Wäscheausgabe beim Einsortieren der Wäsche für die Gefangenen.  © FUNKE Foto Services | Andreas Buck
 Justizvollzugshauptsekretär Rene Müller (44) steht in der Turnhalle
 Justizvollzugshauptsekretär Rene Müller (44) steht in der Turnhalle © FUNKE Foto Services | Andreas Buck
Ein Justizbeamter steigt eine Treppe hoch im geschlossenen Vollzug 
Ein Justizbeamter steigt eine Treppe hoch im geschlossenen Vollzug  © FUNKE Foto Services | Andreas Buck
Reportage aus der JVA Attendorn am 28.03.2023 in Attendorn.
Reportage aus der JVA Attendorn am 28.03.2023 in Attendorn. © FUNKE Foto Services | Andreas Buck
Vergitterte Fenster der Zellen der Gefangenen im geschlossenen Vollzug. 
Vergitterte Fenster der Zellen der Gefangenen im geschlossenen Vollzug.  © FUNKE Foto Services | Andreas Buck
Außenaufnahme des Geländes. Eingezäunter Freigangbereich für Gefangene im geschlossenen Vollzug. 
Außenaufnahme des Geländes. Eingezäunter Freigangbereich für Gefangene im geschlossenen Vollzug.  © FUNKE Foto Services | Andreas Buck
Eingezäunter Freigangbereich für Gefangene im geschlossenen Vollzug. 
Eingezäunter Freigangbereich für Gefangene im geschlossenen Vollzug.  © FUNKE Foto Services | Andreas Buck
Reportage aus der JVA Attendorn.
Reportage aus der JVA Attendorn. © FUNKE Foto Services | Andreas Buck
Die Justizvollzugsbeamtin Heike Wehr in der Sporthalle 
Die Justizvollzugsbeamtin Heike Wehr in der Sporthalle  © FUNKE Foto Services | Andreas Buck
Vergitterte Fenster der Zellen der Gefangenen im geschlossenen Vollzug. 
Vergitterte Fenster der Zellen der Gefangenen im geschlossenen Vollzug.  © FUNKE Foto Services | Andreas Buck
 Die Justizvollzugsbeamtin Heike Wehr beim Öffnen einer Tür im Flurbereich des geschlossenen Vollzugs. 
 Die Justizvollzugsbeamtin Heike Wehr beim Öffnen einer Tür im Flurbereich des geschlossenen Vollzugs.  © FUNKE Foto Services | Andreas Buck
 Außenanlage des Geländes der JVA. Zwei Enten gehen dort spazieren.
 Außenanlage des Geländes der JVA. Zwei Enten gehen dort spazieren. © FUNKE Foto Services | Andreas Buck
 Der Justizvollzugsbeamte steht im Speisesaal in der Kantine für die Inhaftierten. 
 Der Justizvollzugsbeamte steht im Speisesaal in der Kantine für die Inhaftierten.  © FUNKE Foto Services | Andreas Buck
 Teller stehen gestapelt im Speisesaal der Kantine für die Inhaftierten. 
 Teller stehen gestapelt im Speisesaal der Kantine für die Inhaftierten.  © FUNKE Foto Services | Andreas Buck
 Einzelzelle im offenen Strafvollzug mit Bett und Schreibtisch. 
 Einzelzelle im offenen Strafvollzug mit Bett und Schreibtisch.  © FUNKE Foto Services | Andreas Buck
 Die Justizvollzugsbeamten Heike Wehr und Christian Holderberg stehen vor dem Eingang. 
 Die Justizvollzugsbeamten Heike Wehr und Christian Holderberg stehen vor dem Eingang.  © FUNKE Foto Services | Andreas Buck
 Der Justivollzugsbeamte Thomas V. zeigt Holzarbeiten im Knastladen. Der Topseller ist ein Zapfbock auf der das Partyfass stehen kann. 
 Der Justivollzugsbeamte Thomas V. zeigt Holzarbeiten im Knastladen. Der Topseller ist ein Zapfbock auf der das Partyfass stehen kann.  © FUNKE Foto Services | Andreas Buck
 Der Justivollzugsbeamte Thomas V. zeigt Holzarbeiten im Knastladen. Er zeigt ein Vogelhäuschen, welches von inhaftierten gebaut wurde. 
 Der Justivollzugsbeamte Thomas V. zeigt Holzarbeiten im Knastladen. Er zeigt ein Vogelhäuschen, welches von inhaftierten gebaut wurde.  © FUNKE Foto Services | Andreas Buck
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Holderberg, 45 Jahre alt, grau-schwarzer Bart, Brille, war mal Bankkaufmann. 2002 landete er im Knast – als Justizvollzugsbeamter. Ein Berufs-Leben hinter Gittern. Für viele unvorstellbar. Fast 900 Mitarbeiter fehlten zuletzt in den Gefängnissen in NRW. Dabei sagt Holderbergs Kollegin Heike Wehr: „Die Leute glauben das nicht, aber der Job macht Spaß.“

Anlass genug für einen Besuch im Knast.

Der „Bunker“, wie die Knackis den Raum nennen: Der Justizvollzugsbeamte Christian Holderberg zieht eine Matratze in die vorgesehene Position. Im Boden befinden sich ausfahrbare Metallsäulen, an denen Häftlinge fixiert werden können.
Der „Bunker“, wie die Knackis den Raum nennen: Der Justizvollzugsbeamte Christian Holderberg zieht eine Matratze in die vorgesehene Position. Im Boden befinden sich ausfahrbare Metallsäulen, an denen Häftlinge fixiert werden können. © FUNKE Foto Services | Andreas Buck

Mehr als nur Wärter: In der JVA Attendorn gibt’s sogar einen Imker

Heike Wehr, 37, hat einst eine Ausbildung zur Pferdewirtin begonnen, seit 2005 ist sie im Allgemeinen Vollzugsdienst (AVD) tätig. Wenn sie und ihre Kollegen beim Rundgang durch die JVA Attendorn (183 Bedienstete) über ihre Arbeit sprechen, dann norden sie die Besucher bei den Begrifflichkeiten erst mal ein. Wärter oder Schließer, die Bezeichnung gehe gar nicht, finden sie. „Der Job ist nicht nur Tür auf und Tür zu“, sagt Wehr, bevor sie wieder mal eine Tür aufschließt, die Holderberg später hinter den Besuchern wieder abschließt. „Die Tür ist stets geschlossen zu halten“, mahnt ein Schild in dem alten Klostergebäude, in dem ein Teil des offenen Vollzugs, eine Schreinerei und Tischlerei sowie die Küche untergebracht sind. Es geht dann eben doch viel um Sicherheit, ist nun mal ein Knast. Doch eine JVA bietet mehr.

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Der Allgemeine Vollzugsdienst stellt die größte Berufsgruppe in den Gefängnissen dar. Die AVDler, wie sie sich nennen, kümmern sich rund um die Uhr um die Gefangenen. In einem Knast arbeiten aber auch Handwerker, Ärzte, Köche, Lehrer, Krankenpfleger, Seelsorger und viele mehr. In Attendorn gibt’s sogar einen Imker, der mit den Häftlingen für den Gefängnisshop den „Original Attendorner Knasthonig“ produziert. Auch die Bienen sitzen hier ein. Bestseller im Gefängnisshop ist aber ein hölzerner Bier-Zapfbock. Er soll für zwei Drittel des Umsatzes sorgen. Nicht zuletzt stellen sie Holz-Spielzeug für Kinder her.

Viele Kollegen, berichtet Christian Holderberg, seien Quereinsteiger, etwa Handwerker, die nun in den Werkstätten die Gefangenen anleiten. Sie alle müssen die zweijährige AVD-Ausbildung machen, sind dann beispielsweise Wärter und Schreiner. Duale Ausbildung mal anders.

Der Beamte und der Bestseller: Der Justizvollzugsbeamte Thomas V. zeigt einen in der JVA Attendorn hergestellten Zapfbock, auf dem ein Fässchen stehen kann.
Der Beamte und der Bestseller: Der Justizvollzugsbeamte Thomas V. zeigt einen in der JVA Attendorn hergestellten Zapfbock, auf dem ein Fässchen stehen kann. © FUNKE Foto Services | Andreas Buck

Die RTL-Sendung „Der Frauenknast“ ist tabu

Christian Holderberg und Heike Wehr finden, dass die Arbeit im Knast vielfältige Möglichkeiten biete. Holderberg ist etwa als Ausbildungsleiter tätig und für Neueinstellungen zuständig. Wehr arbeitet auch als Pressesprecherin. Kernaufgabe aber ist die Gefangenen-Beaufsichtigung, und die wirkt auf viele aus der normalen Arbeitswelt wenig reizvoll. Das mag auch daran liegen, dass ein Knast schlecht einen Tag der offenen Tür als Anwerbe-Maßnahmen anbieten kann, viele Kandidaten scheitern außerdem am zweitägigen Einstellungstest.

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Holderberg und Wehr glauben zudem, dass viele da draußen auch aufgrund von Filmen und Serien ein falsches Bild von den Zuständen im Knast hätten. Die RTL-Produktion „Hinter Gittern – Der Frauenknast“, die mögen sie so gerne wie die Bezeichnung als Schließer. „Diese ganzen Serien“, sagt Heike Wehr, „die sind so weit weg von der Realität.“

Wie aber sieht die Realität hier drin aus? Darauf gibt es in Attendorn zwei Antworten.

Im geschlossenen Vollzug gehen die Uhren anders, einige auch falsch

Die JVA verfügt seit 2011 nicht mehr nur über einen offenen, sondern auch über einen geschlossenen Vollzug. Es sind zwei Welten, nebeneinander und doch getrennt.

Im offenen Vollzug mit seinen an diesem Tag 167 Insassen wirkt der Umgang entspannt. Die Gefangenen hier haben etwas zu verlieren. Privilegien, die ihnen relative Freiheit innerhalb der Gefängnismauern bescheren, mitunter sogar Freigang in die Außenwelt. Sie sind untergebracht in vier Wohnhäusern, die wie Jugendherbergen aus den 1960ern wirken. Sie tragen ihre eigene Kleidung, stehen an diesem sonnigen März-Tag in Gruppen auf dem Hof vor dem Klostergebäude von 1726, plaudern.

Ganz anders sieht das wenige Meter weiter aus, in dem Bereich, in dem auch der Bunker liegt. Im geschlossenen Vollzug gehen die Uhren schon anders, einige, die auf den Fluren unter der Decke hängen und in roten Ziffern die Uhrzeit anzeigen, auch falsch.

Innenansichten aus dem Knast: Heike Wehr, Justizbeamte und Pressesprecherin, vor dem geschlossenen Vollzug in der JVA Attendorn.
Innenansichten aus dem Knast: Heike Wehr, Justizbeamte und Pressesprecherin, vor dem geschlossenen Vollzug in der JVA Attendorn. © FUNKE Foto Services | Andreas Buck

Pfefferspray-Zielübungen auf ein Schauspieler-Foto

Hohe Mauern, Stacheldraht, Gitterstäbe an den Fenstern: Im geschlossenen Vollzug geht’s sichtbar um den Ernst des Lebens für aktuell 99 Gefangene.

Die Türen sind massiv, viel Stahl, viele Gitter. Die Zellen, Einzel- und Gemeinschaftszellen, liegen im ersten Stock, hinter Brandschutztüren mit Guckloch. Aus Zelle 156 ist Musik zu hören, Männerstimmen, Gelächter. Raus kommt sonst nichts heute.

Im Erdgeschoss finden sich Bücherei, Schulräume (etwa für Sprachkurse), Kleiderkammer, eine Kapelle. Auch einen Kraftraum gibt’s. Gegenüber sitzt René Müller, 44, schwarze Sportkleidung, zackiger Ton, direkte Ansprache, könnte Feldwebel beim Bund sein. Müller ist als Sportkoordinator Herr über Kraftraum und Turnhalle, in der sie an eine Wand ein Foto des Schauspielers Riccardo Pizzuti geklebt haben. Der Italiener brachte es in den 1970er und 80er Jahren zu einiger Berühmtheit, weil er von Bud Spencer und Terence Hill viel aufs Maul bekam und viele Zähne verlor. In der JVA Attendorn dient sein Foto als Zielscheibe für Pfefferspray-Übungen.

Sonntags und montags sind Kraftraum und Halle für die Beamten reserviert, unter anderem für das „Deeskalations- und Sicherungstechniken-Training“, mit dem sie sich für den Fall vorbereiten, dass „da jemand seine Hütte kommen lässt“, wie Müller im Knastjargon erläutert. Übersetzung: Wenn ein Gefangener seine Zelle auseinandernimmt, rücken die Beamten an. Müller drückt auch das recht salopp aus, formuliert dann aber mit Heike Wehrs Hilfe neu: „Jede Maßnahme ist verhältnismäßig.“

Der Sportbeamte René Müller in seinem Reich: Er ist Herr über Turnhalle und Kraftraum in der JVA Attendorn.
Der Sportbeamte René Müller in seinem Reich: Er ist Herr über Turnhalle und Kraftraum in der JVA Attendorn. © FUNKE Foto Services | Andreas Buck

Romantik im Knast: Unter dem Personal gibt’s „ziemlich viele Pärchen“

Verhältnismäßig selten soll es zur Anwendung von „unmittelbarem Zwang“ kommen, wie das im Justizdeutsch heißt. „Da draußen glauben alle, wir machen den ganzen Tag nix anderes, aber es ist Gott sei Dank die Ausnahme“, sagt Heike Wehr. Sie räumt aber auch ein: „Es gibt auch Schattenseiten hier drin.“ Übergriffe von Häftlingen auf Beamte zum Beispiel, die „hin und wieder“ vorkämen.

Auch aus Sicherheitsgründen reden sie im Knast wenig über Privates, Häftlinge sollen etwa nicht wissen, wo ihre Aufpasser wohnen. Christian Holderberg spricht Kollegen nicht mit Vor- und Nachnamen an. Die drei Beamten betonen aber, dass sie sich sicher fühlen in und mit diesem „schönen Beruf“ (René Müller).

Welchem Interessenten ein krisensicherer Job mit Beamtenstatus nicht reicht, den spricht vielleicht etwas anderes an: die Liebe. Holderbergs Frau und Wehrs Mann arbeiten ebenfalls in der JVA Attendorn. „Wir haben hier tatsächlich ziemlich viele Pärchen“, sagt Holderberg.

Tür auf für die Liebe.