Hagen. Im Raubserien-Prozess gegen eine Jugendbande gesteht ein Angeklagter erst – und fliegt dann aus dem Gerichtssaal. Warum nun Zeugen abbestellt wurden.

Als sich die Beteiligten im Raubserienprozess gegen eine brutale Jugendbande am Mittwoch darauf verständigten, auf die Vernehmung der Tatopfer zu verzichten, da hatte der auffälligste der vier Angeklagten den Gerichtssaal schon gar nicht mehr betreten dürfen.

Der 22-jährige Syrer, der bislang in Handschellen, Fußfesseln, mit Helm und Spuckschutz sowie fixiert an einen Rollstuhl und in Begleitung von mehreren Justizbeamten an den Verhandlungstagen teilgenommen hatte, hatte den Prozess mehrfach gestört und unterbrochen. Daher schloss die 1. Große Jugendstrafkammer des Landgerichts Hagen den Unruhestifter inzwischen von der Hauptverhandlung aus. Kurios: Kurz vor seinem Rauswurf räumte der junge Mann über eine Erklärung seines Verteidigers Martin Düerkop die ihm zur Last gelegten Taten ein.

Angeklagte geben (Teil-)Geständnisse ab

Damit haben in dem Prozess, in dem es um eine Serie von teils bewaffneten und brutal durchgeführten Raubüberfällen zwischen Januar und Juni dieses Jahres in Lüdenscheid, Hagen und andernorts geht, alle vier Angeklagten Geständnisse abgelegt. Zwei syrische Brüder, 18 und 23 Jahre alt, hatten vor Weihnachten den Anfang gemacht (sich dabei als Mitläufer präsentiert), nun folgten ihr Landsmann und der vierte Angeklagte, ein 18-jähriger Marokkaner. Einen Tatvorwurf bestreitet er allerdings: den Überfall mit einer Schusswaffe auf eine Kassiererin in einem Schwimmbad in Lüdenscheid.

Dafür soll er aus den Reihen seiner Mitangeklagten eines anderen Verbrechens beschuldigt werden: Der Marokkaner soll für den tödlichen Schuss auf der Lüdenscheider Kirmes, der im Mai ein Zufallsopfer gefordert hatte, verantwortlich sein. Dies ist Gegenstand separater Ermittlungen.

Der 22-jährige Syrer beim Verhandlungstermin vor Weihnachten mit seinem Verteidiger Martin Düerkop (r.) und zwei Justizbeamten.
Der 22-jährige Syrer beim Verhandlungstermin vor Weihnachten mit seinem Verteidiger Martin Düerkop (r.) und zwei Justizbeamten. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Zeugen abbestellt, Verhandlungstermin gestrichen

Auf die (Teil-)Geständnisse der Angeklagten im Raubserien-Prozess folgte am Mittwoch die Einigung unter den Verfahrensbeteiligten, keine weiteren Zeugen für die laut Anklage neun Überfälle zu hören, die das Quartett in unterschiedlicher Besetzung und zum Teil mit Messern und Schreckschusswaffen durchgeführt haben soll (Beute: gut 16.000 Euro). Stattdessen werden die polizeilichen Aussagen der Tatopfer von den Prozessparteien im sogenannten „Selbstleseverfahren“ aufgenommen. Wie das Landgericht bestätigt, wurden daher alle geladenen Zeugen abbestellt, zudem der Verhandlungstermin an diesem Donnerstag gestrichen. Der Fall scheint also klar zu sein.

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Weiter soll es in dem Verfahren am 25. Januar gehen. Dann ist die mögliche Unterbringung von zwei Angeklagten in einer Entziehungsanstalt Thema, da Drogenkonsum bei ihren Verbrechen eine Rolle gespielt haben soll. Zudem sollen die Gutachten der psychiatrischen Sachverständigen zur Frage der Schuldfähigkeit des von der Verhandlung ausgeschlossenen Angeklagten gehört werden.

Vorwurf des Simulierens steht im Raum

Der 22-jährige Syrer sitzt in Untersuchungshaft im Justizvollzugskrankenhaus Fröndenberg. Er soll dazu neigen, sich selber Schaden zuzufügen, während seiner Haft habe er seinen Kopf gegen die Wand geschlagen. Dies seien Unmutsbekundungen gegen seine Inhaftierung. Auch steht der Vorwurf des Simulierens im Raum. Laut Landgericht Hagen wurde der Angeklagte vor Prozessbeginn vorläufig begutachtet. Dabei seien keinerlei Anhaltspunkte entdeckt worden, die auf eine Schuldunfähigkeit oder eine Verhandlungsunfähigkeit deuten.

Dem 22-Jährigen droht eine Haftstrafe von zehn Jahren oder mehr. Sein 23 Jahre alter Komplize könnte für mehr als fünf Jahre im Gefängnis landen. Bei den beiden jüngeren Angeklagten stehen Jugendstrafen von einer Dauer zwischen drei und sechs Jahren im Raum.