Schalksmühle. Die A 45 bei Lüdenscheid ist dicht – und nun auch zwei Umleitungen. SPD-Politiker Gordan Dudas kritisiert eine „Lawine von Unsäglichkeiten“.
Der patrouillierende Motorradpolizist findet ja, dass es an diesem ersten Tag nach den Herbstferien recht ruhig sei, vergleichsweise ruhig zumindest. Nach einer Woche Vollsperrung hätten sich viele Auto- und Lkw-Fahrer der neuen Situation angepasst. Anna Dawidowicz hat da jedoch ein etwas anderes Empfinden. „Momentan“, sagt sie, „ist es ganz schlimm.“
Die ältere Dame wohnt da, wo zwischen Schalksmühle und dem Lüdenscheider Stadtteil Brügge seit einer Woche die B 54 durchs Volmetal gesperrt ist. Jene B 54, über die ein Teil des Verkehrs der bei Lüdenscheid gesperrten A 45 umgeleitet wird. Die Umleitung ist jetzt auch dicht. Klingt bescheiden. Nicht nur für Anna Dawidowicz. Sie lebt am Treffpunkt zweier Umleitungsstraßen. Die eine, die B 54, ist jetzt zwar hier gesperrt. Dafür darf Dawidowicz nun neben all den Fahrzeugen, die vor ihrem Haus die Umleitung der Umleitung nehmen, auch noch den Baustellenlärm ertragen. „Alles“, sagt sie, „ist voll.“ Die schlechte Nachricht ist: Es wird noch voller.
SPD-Abgeordneter Dudas kritisiert „Lawine von Unsäglichkeiten“
Die Autobahn GmbH des Bundes hat angekündigt, die A 45-Talbrücken Brunsbecke und Kattenohl turnusmäßig zu prüfen. Die Folge: Auf der Sauerlandlinie ist ab dem kommenden Samstag bis zum 20. November an den Wochenenden jeweils eine Fahrtrichtung zwischen den Anschlussstellen Hagen-Süd und Lüdenscheid-Nord gesperrt. Hinzu kommt, dass eine weitere Vollsperrung auf einer der Umleitungsstrecken der A 45 besteht, auf der L 528 zwischen Breckerfeld-Zurstraße und Hagen, so dass auch die weiträumigere Umfahrung des Lüdenscheider Nadelöhrs über die westlichere Route (Kierspe, Halver, Breckerfeld) erschwert wird. Für den ganzen Verkehr – Autos, Lkw, Busse – von Hagen nach Süden oder in die umgekehrte Richtung gibt es also auf keiner Route freie Fahrt, zumal einige Strecken in dem bergigen Gelände nicht für Lkw befahrbar sind. Das schränkt die Möglichkeiten zusätzlich ein. Damit nicht genug: Infolge des Hochwassers im vergangenen Jahr ist Lüdenscheid auch von der Bahn abgetrennt.
Ein Fiasko, und das ruft etwa Gordan Dudas auf den Plan. „Weder mit der Bahn noch mit dem Auto ist in Richtung Hagen zu kommen. Sämtliche Nebenstrecken und Schleichwege sind derzeit total überlastet“, sagt der Landtagsabgeordnete aus Lüdenscheid. Er ärgert sich, dass derzeit so viel auf einmal gesperrt ist. Etwa die Baumaßnahme zwischen Zurstraße und Hagen hätte man noch abwarten können, findet er. „Es ist eine Vorgehensweise, die man nicht nachvollziehen kann. In keiner Weise“, sagt der SPD-Politiker, der von einer „Lawine von Unsäglichkeiten“ spricht und klagt: „Hier wird sehenden Auges eine ganze Region aufgegeben.“
Arbeitszeiten ausgeweitet
Die Lawine soll durch die Baumaßnahme an der B 54 im Volmetal eigentlich gebremst werden. Eine Brücke, die über die Bundesstraße geht, weist eine Durchfahrtshöhe von 3,90 m auf. Damit hier künftig (mehr) Lkw (besser) durchpassen, wird die Fahrbahn abgesenkt, die Durchfahrtshöhe unter der Brücke auf 4,50 m ausgebaut. Bis zum 25. November soll das Projekt abgeschlossen sein. Bis jetzt liege man im Zeitplan, meldet der zuständige Landesbetrieb Straßen.NRW.
Damit das so bleibt, wird an der Baustelle – im Schalksmühler Ortsteil Strücken – unter Hochdruck geschuftet. Die Arbeitszeiten wurden angepasst, um schneller als üblich fertig zu werden. Los geht’s morgens um 6 Uhr, Schluss ist um 17 Uhr (statt von 7:30 bis 16:30 Uhr). Mobile Flutlichtmasten ermöglichen den Frühstart. Ein Teil der Fahrbahn ist bereits abgetragen. Die Strecke wird aber nicht nur tiefergelegt, sondern soll auch verbreitert werden, damit zwei entgegenkommende Lkw künftig mehr Platz haben. Auf der einen Seite lauert die Volme, auf der anderen sind es die steilen Hänge; das ungünstige Terrain schränkt die Umleitungsoptionen grundsätzlich ein.
Nächstes Jahr folgt die nächste Brücke an der B 54
Die umfangreichen Maßnahmen, um die B 54 zu ertüchtigen, deuten darauf hin, dass der überregionale Schwerlastverkehr eher nicht aus dem Gebiet verbannt wird, wie es etwa Gordan Dudas gerne hätte. Er macht sich zwecks Entlastung der Umleitungsstrecken und der Anwohner für eine weiträumige Zwangs-Umfahrung über die A 1, A 3 und A 4 stark. „Das sind zwar 70, 80 km Umweg, aber dann wäre der überregionale Schwerlastverkehr weg“, sagt der SPD-Politiker.
Wenn das der Plan wäre, bräuchte es allerdings nicht die aufwendigen Arbeiten an der B 54 im Volmetal – die mit dem Projekt in Strücken nicht abgeschlossen sein werden. Denn wie Straßen.NRW auf Anfrage bestätigt, muss eine weitere Brücke ähnlich bearbeitet werden: ein Stück südlich, in Oberbrügge. „Irgendwann im nächsten Jahr“ werde man dieses Vorhaben angehen, teilt der Landesbetrieb mit. Man gehe davon aus, dass erneut eine Vollsperrung der B 54 erforderlich sei, weil alles „so eng und schmal“ sei.
Auf Jahre hinaus geplagt
Wie eng und schmal das alles in der Gegend ist, bekommen vor allem die Einwohner von Lüdenscheid zu spüren. Am schlimmsten, sagt der Motorradpolizist, der die Einhaltung der Durchfahrtsbestimmungen an der Baustelle an der B 54 überwacht, sei die Situation auf der westlich von Lüdenscheid verlaufenden Heedfelder Straße. Auch hier wird auf einem Abschnitt gebaut. Der Krankenwagen, der am Montagmittag mit Blaulicht durch das Nadelöhr muss, hat Glück: Die Baustellenampel springt gerade rechtzeitig auf Grün. Doch so glimpflich geht’s nicht immer aus.
„Unser heimisches Krankenhaus kämpft aufgrund der Brückensperrung (auf der A 45, d. Red.) mit Personalengpässen, die enorm sind. Das wirkt sich auf die Versorgung der Bevölkerung aus“, sagt Gordan Dudas.
Sämtliche Anwohner Lüdenscheids seien „mit den Nerven am Ende“, die heimische Wirtschaft leide. Und: Wenn die Rahmede-Talbrücke eines Tages mal neu gebaut sei, dann sei das ja nicht das Ende der Probleme, „weil dann die Umleitungsstrecken baufällig sind“, sagt Dudas und betont: „Man kann davon ausgehen, dass die Region noch über viele Jahre hinweg belastet sein wird. Ob die Wirtschaft das verträgt, ist fraglich.“
Baumaßnahme hängt mit Sprengtermin zusammen
Ein Hoffnungsschimmer und ein Zeichen für ein Vorwärtskommen wäre die Sprengung der Rahmede-Talbrücke. Nach den Worten von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hätte die bis zum 18. Dezember über die Bühne gehen sollen. Auf den Termin, der wohl nicht zu halten ist, hatte sich offenbar auch Straßen.NRW verlassen. Denn der Landesbetrieb erklärt, dass die Baustelle zwischen Hagen und Zurstraße nur deshalb zu diesem Zeitpunkt eingerichtet worden sei, weil man vor der Sprengung der Autobahnbrücke bei Lüdenscheid fertig sein müsse.
Mit dem – öffentlich unbekannten – Sprengtermin hängt laut Straßen.NRW auch die für das nächste Jahr geplante Baumaßnahme an der B-54-Brücke am Ortseingang von Oberbrügge zusammen. Das Chaos geht also weiter.