Hagen. Das teuer gewordene Gas ist im Regierungsbezirk Arnsberg der Heizstandard. Nur eine Region setzt in Deutschland noch mehr auf den Rohstoff.
Es ist der zweite Platz geworden, die Silbermedaille, nur einer war besser als der Regierungsbezirk Arnsberg. Klingt nicht schlecht, ist aber keine gute Nachricht in Zeiten der Gaskrise.
Die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder haben vor dem Hintergrund der explodierenden Energiepreise untersucht, mit welchen Energieträgern in Deutschland geheizt wird und wie es um den Verbrauch der Industrie bestellt ist. Ergebnis bei Wohnungen: Den höchsten Anteil hat Gas als primäre Heizenergie deutschlandweit in der Region Weser-Ems (85,2 Prozent), an zweiter Stelle liegt der Regierungsbezirk Arnsberg (68,7 Prozent), wie das Statistische Landesamt (IT.NRW) mitteilt.
Abhängig von der Infrastruktur
Mit fast 70 Prozent liegt die Region in dieser Rubrik deutlich über dem deutschen Durchschnittswert (52,1 Prozent). Das ist kein Zufall, bietet sich doch im Norden und Westen Deutschlands ein ähnliches Bild. Die Ursachenforschung führt zunächst zu Roland Niestroj, Leiter des Dezernats Energieinfrastruktur bei der Bezirksregierung Arnsberg. „Grundsätzlich wird in NRW auf den Energieträger Gas zurückgegriffen, weil die entsprechende Infrastruktur vorhanden ist und Gas vor der Krise günstig war“, sagt der Regierungsumweltdirektor.
Diese Auskunft führt dann nach Ostfriesland, Frankreich, Belgien und in die Niederlande. Der hohe Gasanteil insbesondere in NRW, aber auch in Niedersachsen hänge damit zusammen, dass neben den russischen Pipelines aus dem Osten Deutschlands in Aurich eine Gas-Röhre aus Norwegen anlande. Und im belgischen Zeebrügge, in Rotterdam und in Dünkirchen komme über LNG-Terminals Flüssiggas an. „Historisch-infrastrukturell hat man hier Anlandungspunkte für den Energieträger Gas“, erklärt Niestroj und betont: „Es wird mit dem geheizt, was infrastrukturell vorhanden ist.“
Dortmund ist in der Region der Spitzenreiter
Dazu passt, dass im Süden und im Zentrum Deutschlands, wo es diese Infrastruktur nicht gibt, häufiger mit Öl geheizt wird. Im Regierungsbezirk Arnsberg wird Heizöl hingegen nur in 16,7 Prozent der Wohnungen überwiegend eingesetzt, liegt damit hinter Gas auf Rang 2, vor Fernwärme (6,1) und Strom (4,7). Gas-Spitzenreiter in der Region ist im Übrigen Dortmund. In der größten Stadt Westfalens werden 77,7 Prozent der Wohnungen überwiegend mit Gas beheizt, Schlusslicht ist der Kreis Olpe (51).
Grundlage der Erhebung ist der Mikrozensus, für den seit 1957 jährlich ein Prozent aller Haushalte in Deutschland befragt wird. Nimmt man die Daten für neugebaute Wohnungen (zwischen 2016 und 2020 errichtet), sieht man, dass hier der Trend weg vom Gas als primäre Heizenergie geht. In Dortmund sinkt der Anteil auf 64,3 Prozent, im Kreis Unna oder Soest liegt er bei 50 Prozent, im Märkischen Kreis, im Hochsauerlandkreis oder im Kreis Olpe zwischen 30 und 40 Prozent. Und in Siegen-Wittgenstein werden nur noch weniger als ein Drittel (28,8 Prozent) der neuen Wohnungen primär mit Gas beheizt (Deutschland-Wert: 44,9 Prozent).
Verschärfte Emissionswerte sorgen für Umstellung
Ähnlich wie bei den Wohngebäuden stellt sich die Situation auch in der deutschen Industrie dar, in der Erdgas im Erhebungsjahr 2020 der am stärksten genutzte Energieträger war mit einem Anteil von 31,2 Prozent am Gesamtverbrauch. Auch hier gibt es wieder regionale Unterschiede. „Erdgas wird in NRW auch für die Industrie bereitgestellt. Deshalb wurde ein Erdgas-Netz aufgebaut, aus dem sich auch die Haushalte bedienen“, erklärt Niestroj den Zusammenhang.
Gerade im Märkischen Kreis und im Hochsauerlandkreis gebe es viele metallverarbeitende Betriebe und Firmen aus der Papierindustrie, die für ihre Energieerzeugung Gas benötigen. Vor Jahren sei auf Erdgas umgestellt worden, unter anderem wegen verschärfter Emissionswerte. „Der Schwefelgrenzwert – bei der Ölverbrennung – wurde abgesenkt. Darum hat man in der Industrie auf Gas gewechselt. Das war ordnungspolitisch auch gewollt. Aus der Kohle und dem Atomstrom raus, Gas für den Übergang, in Zukunft dann nur noch die Erneuerbaren“, erklärt Niestroj.
Kreis Soest als Sonderfall
Ein Sonderfall ist allerdings der Kreis Soest, in dem die Industrie vor allem auf Kohle setzt. Genau genommen sind es laut IT.NRW nur fünf Unternehmen – fünf Unternehmen aus dem energieintensiven Wirtschaftszweig „Herstellung von Zement, Kalk und gebranntem Gips“, wie das Statistische Landesamt erläutert.
Die Zementwerke verbrennen Kohlenstaub. Das schwarze Gold steuert 39 Prozent des kompletten Energieverbrauchs im Kreis Soest bei.
Das reicht im Deutschlandranking erneut zu einer Medaille, diesmal zu Bronze.