Halver/Hagen. Als 1,7 Millionen Liter Gülle in eine Talsperre flossen, stand er schon in den Schlagzeilen. Nun wird Landwirt Betrug vorgeworfen. Was er sagt.
Wo sonst Traktoren das Bild bestimmen, rückten am Dienstag Streifenwagen an: Mit einem Großaufgebot an Polizei, Steuerfahndern und Zollbeamten sind gleich mehrere landwirtschaftliche Betriebe in Nordrhein-Westfalen und auch einige in Hessen durchsucht worden. Der Grund: Das Landeskriminalamt (LKA) und die Staatsanwaltschaft Hagen vermuten kriminelle Machenschaften beim – generell erlaubten – Handel mit Gülle.
Im Fokus der Ermittler: Ein 46-jähriger Landwirt aus Halver im Märkischen Kreis. Er soll, so Staatsanwaltschaft und LKA, über mehre Jahre Gülle, Gärreste und weitere Substanzen von anderen Landwirten übernommen und diese nicht ordnungsgemäß entsorgt haben oder deren Verbleib verschleiert haben. Gegen 22 weitere Beschuldigte wird ermittelt, weil sie ihm dabei geholfen haben sollen – durch Transport oder die Übernahme von Gülle. Andere Geschäftspartner sollen so betrogen worden sein. Bei den Ermittlungen, die aufgrund von Hinweisen der Landwirtschaftskammer gestartet wurden, hätten sich Hinweise auf weitere Straftaten ergeben, wie etwa Betrug, Schwarzarbeit und steuerliche Delikte.
1,7 Millionen Liter Gülle in Talsperre
Der Landwirt aus Halver bestreitet im Gespräch mit unserer Zeitung die Vorwürfe vehement – und sieht so etwas wie eine Wiederholung der Geschichte. Bereits vor ziemlich genau sieben Jahren stand der heute 46-Jährige im Fokus der Ermittler. Aus einem seiner Güllebehälter waren am 18. März 2015 unglaubliche 1,7 Millionen Liter Gülle in den Neye-Bach in Halver-Kotten geflossen – und von dort aus in die Neye-Talsperre in Wipperfürth. Die ökologischen Folgen waren verheerend: Pflanzen und Tiere in dem Bach und in angrenzenden Fischweihern starben.
Die Staatswaltschaft war sich sicher, dass er die Gülle absichtlich abgeleitet hatte, weil er sie nicht habe entsorgen können. Wegen vorsätzlicher Gewässerverunreinigung klagte sie den Milchviehhalter an, eine mehrjährige Haftstrafe hätte die Folge sein können. Doch im Oktober 2017 wurde er am Landgericht Hagen von der Wirtschaftsstrafkammer von diesem Vorwurf freigesprochen. Die Richter sahen am Ende keine Beweise und auch kein wirkliches Motiv.
Mit Spürhund nach Schwarzgeld gesucht
„Deshalb bin auch diesmal ganz gelassen“, sagt der 46-Jährige gegenüber unserer Zeitung. „Das wird genauso ausgehen wie damals.“ Die Güllegeschäfte, deren Umstände die Staatsanwaltschaft jetzt als mutmaßlich kriminell einstuft, seien schon vor Jahren erfolgt und für alle Beteiligten völlig transparent gewesen. Unter anderem ging es um Lieferungen an eine Biogasanlage. Die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Landwirten sieht er zudem zu Unrecht kriminalisiert. Man habe sich nur gegenseitig geholfen, zum Beispiel beim Einsatz von Mitarbeitern. Von der „Riesen-Razzia“, so der 46-Jährige, sei er völlig überrascht worden: „Die kamen morgens, als ich gerade frühstücken wollte. Sie haben sogar mit einem Spürhund nach Schwarzgeld gesucht. Aber nichts gefunden.“
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Allerdings wurde in den insgesamt 50 durchsuchten Objekten – Firmengebäude, Büros, landwirtschaftliche Betriebe und Wohnungen – eine große Menge Beweismitteln und Datenträgern sichergestellt. Deren Auswertung, so Oberstaatsanwalt Dr. Gerhard Pauli, werde wohl noch längere Zeit in Anspruch nehmen. Ende also offen.