Hagen. Das trifft jetzt Tausende: die Quarantäne-Welle sorgt für viele Fragen. Ein Erfahrungsbericht einer Hagener Familie - und ein Trick.

Der Moment, in dem das ­Virus, vor dem man sich zwei Jahre lang versteckt hat, plötzlich in die eigenen vier Wände eindringt, ist kein schöner. „Gruselig war das“, sagt Carina Mühlberg (28) über den vergangenen Donnerstag, an dem sie die vierjährige Lucy aus der Kita abholte und diese im Laufe des ­Tages immer mehr abbaute: ­Erbrechen, 40 Grad Fieber, Teilnahmslosigkeit. Schnelltest positiv. „Ich habe mir Sorgen gemacht und Vorwürfe. Hätte ich sie schützen können?“

Mindestens 55.000 Menschen allein im Regierungsbezirk Arnsberg in Quarantäne

Hätte sie wohl nicht. Denn wie der Hagener Familie Mühlberg ergeht es in diesen Tagen, inmitten der Omikron-Welle, Tausenden Familien: Da die Infektionszahlen explodieren befindet sich ein beträchtlicher Teil Deutschlands in angeordneter Quarantäne. Mindestens 55.000 Menschen allein im Regierungsbezirk Arnsberg. Folge: Kindertagesstätten schließen, Schulklassen sind nur spärlich besetzt, die Städte und Kreise haben die Kontaktnachverfolgung zum Teil längst aufgegeben. Kann man sich auf Quarantäne vorbereiten? Was muss man wissen? Und: Wie übersteht man sie?

„Meinem Mann und mir war klar, dass wir nicht ohne durch diesen Winter kommen“, sagt Carina Mühlberg, „allein schon wegen der Kinder.“ Neben Lucy gibt es noch Jeremy (12) und die fünf Monate alte Emily. Alle müssen seit Donnerstag zu Hause bleiben, die Mama auch. Nur der Papa, weil geboostert, darf das Haus verlassen. Durfte. Sein Schnelltest schlug am Montag auch an. Die zehn Tage Quarantäne fangen für den Rest der Familie neu an zu zählen. Die vier geschafften Tage? Null und nichtig.

„Wir sagen uns ganz viel, dass wir uns lieb haben“

„Das wichtigste ist, dass es niemandem von uns schlecht geht“, sagt Carina Mühlberg. Der Tochter ging es am Folgetag schon besser. Doch ein Vergnügen ist das alles gerade nicht. Jeremy würde am Freitag sein Zeugnis erhalten – und kann nicht hingehen. „Wir haben die Lehrer angeschrieben, dass sie uns vielleicht per Mail Inhalte schicken, damit er weiterhin mitkommt“, sagt Carina Mühlberg. Die Sorge, dass es anders sein könnte, begleitet sie jeden Tag. „Erst war Lockdown, dann Ferien, jetzt Quarantäne. Wie man Figuren spiegelt, kann ich ihm nicht so gut beibringen wie die Lehrer.“

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von einem externen Anbieter, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Lucy verstehe gar nicht recht, was vor sich gehe, warum sie Mama und Papa nicht so arglos nahe kommen kann wie sonst. „Wir haben uns auf Luftküsschen und Luftumarmungen geeinigt. Und wir sagen uns ganz viel, dass wir uns lieb haben“, erzählt die Mama. Sie tragen in der Wohnung zum Teil Masken, öffnen Fenster, gehen sich aus dem Weg, so gut es geht. Aber das ist auf 100 Quadratmetern nicht immer leicht.

Ständig Corona-Nachrichten – aber wenn es einen trifft, sind da viele Fragen

Obwohl Corona die Nachrichten bestimmt, sind da viele Fragezeichen, wenn plötzlich die eigene Familie betroffen ist. Wer muss wie lang in Quarantäne und wann kann man sich wie freitesten?

„Beim Gesundheitsamt jemanden zu erreichen, war fast unmöglich. Nach einigen Anrufen und drei Mails haben wir einen Rückruf erhalten.“ Einen gewissen Vorrat hat die Großfamilie immer im Haus. „Aber für zehn oder vierzehn Tage?“, fragt Carina Mühlberg als wolle sie sagen: Wie sollte ich das denn alles lagern?

Familie, Freunde, Nachbarn helfen

„Wir haben sofort Familie, Freunde und Nachbarn angesprochen, ob sie uns in der Zeit helfen können.“ Die beste Freundin stellte in den vergangenen Tagen etwas vor die Tür, die Eltern ebenfalls. Memory spielen, basteln, malen, Telefonate mit Freunden und Verwandten – all das hilft. Es ist schwer, keine Frage, aber es muss sein. So sehen sie das. „Der Trick an der ganzen Sache ist, sich bewusst zu sein, dass es nur zehn Tage sind und dann alles wieder gut wird. Daran glauben wir.“