Hagen. 2021 war ein schlimmes Jahr? Das mag sein. Aber wir können in sechs Geschichten gute Gründe zeigen, warum es sich lohnt, sich auf 2022 zu freuen.
Selbst nach dem zweiten Jahr einer weltweiten Pandemie und einer Jahrhundert-Flut im Sommer gibt es Gründe, zuversichtlich in die Zukunft zu blicken. Sechs Geschichten über die Vorfreude auf das neue Jahr.
1. Ich bin schwanger und wir bald zu dritt sind!
Niemals war die Freude über einen dicken Bauch so groß, ist sich Sandra Lefarth sicher. Als sie im Sommer ihren positiven Schwangerschaftstest in den Fingern hielt, konnte sie ihr Glück kaum fassen: „Darauf habe ich lange gewartet. Ich hatte die Hoffnung eigentlich schon aufgegeben und dachte, dass ich keine Kinder mehr bekommen werde“, sagt die 35-jährige Hagenerin. Doch bereits im Februar soll es nun so weit sein, dann erwarten sie und ihr Mann ihr erstes Kind – einen Jungen.
Ob sie sich also auf das kommende Jahr freut? „Das Wissen, dass wir bald zu dritt am Tisch sitzen werden, ist es, was mich jeden Tag positiv stimmt“, sagt sie. Denn so aufregend die Zeit auch ist, es war kein einfaches Jahr für Sandra Lefahrt und ihren Mann.
Erst 2020 hat sie ein Haus in Hagen gekauft, nahe der Lenne, sie vermietet auch Wohnungen darin. Soweit alles gut – bis die beiden an einem Abend Mitte Juli wie viele andere von der Flut überrascht wurden. „Wir haben uns natürlich unheimlich erschrocken, alles ging so schnell – erst war das Wasser im Keller, dann auf der Straße und schließlich konnten wir nur noch dabei zusehen, wie die Autos mitgerissen wurden“, erinnert sich die 35-Jährige.
Erst sieben Wochen zuvor hatte sie von ihrer Schwangerschaft erfahren, war noch ganz am Anfang. Und besorgt, dass die Anstrengung dem Kind etwas anhaben könnte. „Die Nacht der Flut war natürlich anstrengend, an Schlaf war nicht zu denken. Anfangs haben wir noch versucht, all unser Hab und Gut zu retten, man wollte möglichst viel tun. Aber irgendwann konnte man einfach nichts mehr machen.“
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Eine Menge Stress, vor allem für eine schwangere Frau: „Mein Mann und unsere Nachbarn haben alles getan und uns unterstützt – auch, damit ich mich nicht überanstrenge.“ Gleich am nächsten Tag seien sie dennoch zu einem Vertretungsarzt gegangen, denn sowohl die Praxis ihrer Ärztin als auch das Krankenhaus waren von der Flut betroffen. „Wir waren sehr erschrocken und in Sorge. Aber das kleine Herzchen schlug, alles war in Ordnung. Und wir beruhigt, dass das kleine Wesen in mir das überstanden hat.“
Danach war erstmal Ruhe wichtig. In einer solchen Situation aber leichter gesagt als getan. „Es fiel mir schwer, mich hinzulegen, während die Aufräumarbeiten losgingen und alles sehr viel war“, erzählt Sandra Lefarth. „Aber ich musste entscheiden, was wichtiger ist. Und das war klar: In mir wächst schließlich ein Lebewesen heran.“
Auf finanzielle Unterstützung warten sie noch, die Arbeit der Behörden dauert an. Um die durch die Flut beschädigten Wohnungen renovieren zu können, mussten Sandra Lefarth und ihr Mann das Geld nutzen, das sie eigentlich für die Elternzeit angespart hatten. „Alle Ersparnisse sind da reingeflossen.“ Zuversichtlich bleiben sie trotzdem, sagt sie. Denn am Ende sei das alles egal, „alles ist ersetzbar, bis auf das Leben“. Jetzt konzentriere sie sich darauf, genau das zu genießen. „Der kleine Knirps, der mich jeden Tag ärgert und mir im Moment meinen Schlaf raubt, steht im Vordergrund“, sagt sie voller Vorfreude. Das Kinderstrahlen, das sie 2022 erwarten wird, sei viel mehr wert als das Geld. „Es wird weitergehen.“
Es wird ein glückliches Jahr, ist sie sicher. Eins, das ihr ganzes Leben auf den Kopf stellen wird. „Und jetzt die ersten Kindsbewegungen in mir zu spüren, das ist einfach ein unbeschreibliches Gefühl. Nicht mehr lange, dann sitzt der Kleine mit uns am Tisch, wird lachen und weinen. Meine Güte – dass ich dieses Gefühl erleben darf, das kann man nur mit purem Glück in Verbindung bringen.“
2. Ich gehe in den Ruhestand
Wenn man 42 Jahre im Berufsleben gestanden hat – und dies immer beim selben Arbeitgeber –, dann kann man mit gutem Gewissen von einem wohlverdienten Ruhestand sprechen. „Es wird schon ein Einschnitt“, sagt Bernadette Rupa. Die 62 Jahre alte Vorstandsvorsitzende des Caritasverbandes Hagen – ein Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – wird im kommenden Jahr ihre berufliche Karriere beenden. „Ich freue mich sehr auf den neuen Lebensabschnitt“, sagt sie.
Die 42 Jahre seien eigentlich schnell vorbeigegangen, findet Bernadette Rupa: „Eine spannende und herausfordernde Zeit, weil ich immer wieder neue Tätigkeiten begonnen habe.“ Die Vorstandsvorsitzende hört „ein wenig eher“ auf, wie sie sagt, „auch wenn mir die Arbeit immer Spaß gemacht hat“. Doch der Druck sei in den vergangenen Jahren immer größer geworden, ebenso die Geschwindigkeit der Veränderungen. „Nehmen wir die Digitalisierung. Ich kann bei diesem Thema nicht voranschwimmen. Das müsste ich aber langfristig.“
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Bernadette Rupa spricht von einer Erleichterung darüber, dass sie sich für den vorzeitigen Ruhestand entschieden hat. Sie habe dann mehr Zeit, mit ihrem Ehemann zu verreisen oder „spontan etwas zu unternehmen“. Und Zeit für ein Ehrenamt im sozialen Bereich, das sie langfristig übernehmen will.
Im Laufe des Januars wird ihre Stelle ausgeschrieben. Das Thema „Nachbesetzung“ wird sie in nächster Zeit daran erinnern, dass sie bald nicht mehr Tag für Tag im Arbeitsleben stehen wird. „Noch ist das extrem schwer vorstellbar. Aber ich versuche mich, gedanklich auf den Ruhestand vorzubereiten.“
Es werde ein komisches Gefühl sein, wenn sie nicht mehr arbeite, sagt Bernadette Rupa am Ende des Gesprächs. „Aber es ist nach 42 Jahren an der Zeit.“
3. Ich mache Abitur und will neue Menschen treffen
Meike Herbrandt freut sich sehr auf den neuen Lebensabschnitt. Die 18-Jährige aus Olsberg wird 2022 am Gymnasium der Benediktiner in Meschede ihr Abitur machen („immer etwas Besonderes im Lebenslauf“) und dann ein Studium beginnen. Das Fach steht noch nicht fest.
Der Studienort darf ruhig etwas weiter entfernt vom Sauerland sein: „Ich will neue Regionen und neue Menschen kennenlernen“, sagt sie, „das ist in der Pandemie zwangsläufig zu kurz gekommen.“
Ihr Herzenswunsch: „dass der Abi-Ball Mitte Juli in einem einigermaßen gescheiten Rahmen stattfindet“. Den beiden Jahrgängen zuvor war dies corona-bedingt nicht vergönnt: „Das wäre ein schöner Abschluss der Schulzeit.“
4. Unser Traum vom Eigenheim wird endlich wahr
Wenn alles gut läuft, werden Svenja Rauhaus (28) und Sergej Klempnauer (33) im kommenden März in ihr Eigenheim ziehen: eine Doppelhaushälfte in Schwelm, die sie gekauft haben. „Wir freuen uns riesig darauf“, sagen die beiden übereinstimmend, „es ist etwas Besonderes, in den eigenen vier Wänden zu wohnen.“
Bisher hat das Paar aus dem Ennepe-Ruhr-Kreis in einer Mietwohnung zusammengelebt. Der Wunsch nach dem eigenen Haus wurde in den vergangenen Jahren immer größer. Als die klassische Immobiliensuche nichts brachte, beschritten die beiden einen ungewöhnlichen Weg: „Wir haben fast 2000 Karten mit einem Bild von uns, unseren Kontaktdaten und Infos, was wir suchen, bedrucken lassen und in Hausbriefkästen geworfen“, erzählt Svenja Rauhaus und gesteht, dass sie beim Googeln auf diese Idee gestoßen ist.
Im vergangenen April wurden die ersten Tapeten in ihrem neuen Heim entfernt, seitdem laufen die Renovierungsarbeiten. So wurden die beiden Wohn-Etagen kernsaniert. „Bevor die Handwerker kamen, haben wir unter Mithilfe von Freunden und der Familie sehr viel selbst gemacht“, sagt Sergej Klempnauer. Weitgehend Neuland für das Paar: „Man wächst mit den Aufgaben“, lacht der 33-Jährige, „aber wenn wir eingezogen sind, können wir sehr stolz auf uns sein.“
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Apropos Um- und Einzug: Die alte Wohnung ist noch nicht gekündigt. „Das machen wir erst, wenn wir genau wissen, dass wir tatsächlich im März einziehen können“, so Svenja Rauhaus. Bauherren und -frauen wissen, dass der Zeitplan für Arbeiten immer eine Gleichung mit vielen Unbekannten ist. Die neuen Türen will das Paar aus Schwelm in den kommenden Tagen bestellen. „Wir haben schon gehört, dass es lange Lieferzeiten geben kann“, sagt Sergej Klempnauer, „und wenn wir in der ersten Zeit noch keine Türen haben sollten: egal. Hauptsache, wir sind in unserem Heim.“
5. Wir werden heiraten – und zwar am 22.2.22
Der Blick ins neue Jahr ist voller Liebe. Ein Dienstag wird der zweiundzwanzigste Zweite Zweitausendzweiundzwanzig sein. Das Datum, das sich da nähert, vergisst man so schnell nicht. Vor allem nicht Safet Abaz (25) und Alwina Schewalje (23). Das Pärchen aus Menden hat sich den Termin im Standesamt schon längst für die Vermählung reserviert. „Das wird unser Tag und wir freuen uns darauf“, sagt Safet. Es ist nicht ausweislich der Ziffern ein besonderes Datum, sondern markiert auch den Beginn ihrer Zweisamkeit. „Am 22. Februar 2017 sind wir zusammengekommen.“ Klar, dass es nun dieser Tag werden sollte, ja musste.
Über die sozialen Medien haben sich die beiden kennengelernt, obwohl sie nur wenige Kilometer voneinander entfernt lebten. Seit drei Jahren wohnen die beiden zusammen und jetzt, jetzt war es einfach Zeit. „Wir hatten Höhen und Tiefen in den vergangenen fünf Jahren und die Pandemie hat uns noch einmal mehr zusammengeschweißt“, sagen die beiden. Das spätestens habe ihnen gezeigt, dass der jeweils andere der bzw. die Richtige ist. „In unserem Freundeskreis sind alle schon verheiratet, alle warten nur noch auf uns“, sagt Safet. Unter dem Vorwand, den eigenen Geburtstag mit Freunden in einem Restaurant nachfeiern zu wollen, lotste er seine Herzdame nach Dortmund: Ein Violinist spielte, als sie zum feierlich geschmückten Tisch schritten. Sie weinte, als er dort auf die Knie ging. „Ich habe Worte an sie gerichtet, an die wir uns beide nicht mehr erinnern können, weil es so aufregend war“, sagt Safet und lacht. Aber an die Antwort erinnert er sich: Ja, jaaaa.
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Corona bedroht ihr großes Jahr nur bedingt, denn am 22.2.2022 wird auf jeden Fall standesamtlich geheiratet. „Wenn es hart auf hart kommt, dann sind da eben nur wir und die Trauzeugen.“ Denn im Sommer soll die „richtige“ Hochzeit folgen, mit großer Party und allem drum und dran. Die Location ist schon angezahlt, Kleid und Anzug probegetragen. Ihr Jahr kann dann kommen.
6. Ich wage endlich den Schritt in die Selbstständigkeit
Die Motivation fürs neue Jahr: „Powerfrauen helfen“, das hat sich Sabrina Babilon aus Halver auf die Fahne geschrieben. Die 33-Jährige wagt endlich, was sie schon seit Jahren will, sagt sie: Pünktlich zum 1. Januar geht sie an den Start, gründet ein onlinebasiertes Coachingunternehmen für Frauen. „Ich möchte ihnen dabei helfen, ihre Berufung zu erkennen, um mit Leidenschaft durchs Leben zu gehen“, sagt Sabrina Babilon. Sie selbst ist zweifache Mutter, war bis zuletzt in einem Unternehmen angestellt, wo sie viele Personalgespräche geführt hat.
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Es sei noch immer häufig so, dass Frauen und insbesondere Mütter oftmals schlechtere Chancen im Berufsleben haben, so ihre Erfahrung. Und das dürfe nicht sein: „Ich persönlich habe in meinem Leben tatsächlich viele gute Erfahrungen gemacht, was mein Zeitmanagement und eine Balance von Familie und Beruf angeht, und wurde oft nach Rat gefragt. Das möchte ich an alle Frauen weitergeben, ihnen auf dem Jobmarkt und bei einer Gründung helfen.“ Die Vorfreude auf das neue Jahr sei groß, „ich bin schon jetzt erfüllt und glücklich, weil ich endlich das tun kann, was ich schon so lange von Herzen will“, sagt die 33-Jährige.