Seit 110 Jahren gilt das Theater als bevorzugte Kulturadresse der Hagener Bürger – ein Haus mit großer Vergangenheit und hoffnungsvoller Zukunft.
Das Theater Hagen ist ein Bürgertheater. Ein breites Bündnis von Bürgern hat seit der Jahrtausendwende dafür gesammelt, dass am 5. Oktober 1911 das Theater an der Elberfelder Straße eingeweiht werden kann. Anfangs wird nur Schauspiel gezeigt, dann aber schnell auch Oper mit eigenen Sängern. Bis heute prägt das Musiktheater das Profil der Bühne.
Die Vergangenheit: Ein Bürgertheater
Theatergeschichte ist immer Sozialgeschichte und spiegelt die große Politik. Anfang der 1920er Jahre muss das Haus vorübergehend wegen der Weltwirtschaftskrise schließen. Immer wieder sucht man finanzielle Vorteile in Theaterehen, mit Münster, Dortmund, Wuppertal und Bochum, die alle nicht funktionieren. Spannende Künstlerpersönlichkeiten prägen die Geschicke des Hauses.
In der NS-Zeit dient das Theater der „Volkserziehung“, die jüdischen Mitarbeiter müssen gehen. 1935 kommt es zum Eklat. Kurt Gerstein protestiert als evangelischer Christ lautstark gegen das atheistische Gedankengut des Stücks „Wittekind“ und wird während der Aufführung verprügelt.
In Zeiten der größten Not wird das nun wieder freie Theater zur Fluchtburg der Bürger. Schon ab August 1945 spielt das Ensemble wieder, übergangsweise in der Aula der Oberschule in Haspe. Den Eintritt bezahlen die Hagener mit Briketts.
Bis heute prägt der Geist der Gründerzeit das Theater. Denn in Hagen sitzt der Professor neben dem Bäcker und der Fabrikant neben der Pförtnerin.
Die Gegenwart: Das Sprungbrett
In der Spielzeit 1991/92 erhält ein unbekannter Nachwuchssänger ein Engagement am Theater Hagen. Hagen bietet dem südafrikanischen Tenor Johan Botha das Sprungbrett für eine Weltkarriere. Botha ist nicht der einzige. Zahlreiche berühmte Namen haben am Theater die Chance ihres Lebens erhalten.
Als kleine Bühne mit noch kleinerem Etat kann Hagen nicht die großen Sängernamen verpflichteten. Stattdessen engagiert man vielversprechende Talente. Der Regisseur Wolfram Humperdinck gehört ebenso dazu wie die Sopranistin Edda Moser oder der Schauspieler Sabin Tambrea, der am Theater groß geworden ist. Das Publikum wird in Hagen zum Talentscout.
Man muss die Hochbegabten ziehen lassen, aber das starke Netzwerk bleibt. Johan Botha, der Weltstar, hat selten Interviews gegeben. Doch mit der Westfalenpost will er sich treffen. Dass es sein letztes Interview kurz vor seinem frühen Tod mit 51 Jahren am 8. September 2016 werden wird, ist damals nicht zu ahnen.
Frage: Erinnern Sie sich an Hagen?
Botha: Natürlich! Ich war jung, ich brauchte ein Sprungbrett, und Hagen war wirklich der Ort, der mir sehr geholfen hat. Ich habe Hagen sehr viel zu verdanken. Es war eine schöne Zeit, ich erinnere mich gerne zurück. Grüßen Sie mir Hagen! Ich würde gerne wieder mal zurückkommen.
Die Zukunft: Ansteckende Mitmachprojekte
Im Jubiläumsjahr 2011 haben 185.000 Gäste das Theater besucht. Geschäftsführer Dr. Thomas Brauers (60) schildert, wie sich die Bühne für die Zukunft aufstellt.
Wie kann das Theater in Zukunft bestehen?
Thomas Brauers: Die Corona-Pandemie wird ohne Zweifel zu einem Rückgang des Publikums führen. Wir wissen, dass wir unser treues Publikum wieder binden und das junge Publikum neu gewinnen müssen. Das ist eine Aufgabe. Aber wir sind so aufgestellt, dass wir mindestens zwei Jahre haben, um die Problemlage in den Griff zu kriegen.
Welche Ideen haben Sie?
Wir versuchen unter anderem, über Mitmachprojekte ein junges Publikum anzusprechen. Wir wollen ein theaterfernes Publikum ansprechen, das Umland in den Fokus nehmen und internationaler werden. Dafür hat das Land ein Förderprogramm ausgeschrieben, und wir haben mit unserem Konzept „Neue Welten“ den Löwenanteil bekommen.
Können Sie ein Beispiel nennen?
Persönlich bin ich ganz begeistert von der I-Move-Bewegung des Balletts. Tanzbegeisterte Jugendliche können mitmachen. Und sie kommen!