Hagen. Mit dem Traktor oder Bagger ab in die Flutgebiete und einfach helfen. Wir stellen fünf Menschen vor, die derzeit ein Segen für die Opfer sind.
Die Bewohner der Hochwassergebiete können sich auf viele Mitmenschen verlassen. Die Hilfsbereitschaft ist groß, Beobachter sprechen von einem „Triumph der Menschlichkeit“. Wir zeigen Beispiele für die große Hilfe der Helfer.
Der Bauunternehmer
„Bernshausen Bau“ in Bad Laasphe-Feudingen hat die Aufträge in Wittgenstein hintenan gestellt. Geschäftsführer Christian Bernshausen hat sich am Mittwochmorgen mit Mitarbeitern auf den Weg ins Ahrtal gemacht. Mit Lkw, Baggern und Raupen. „Wir wollen einfach nur helfen. Das Ausmaß der Katastrophe ist nicht in Worte zu fassen.“
25 Mitarbeiter der Baufirma wollen in den kommenden Tagen „mit anpacken“, sagt Bernshausen, „nicht nur mit schwerem Gerät Trümmer beseitigen, sondern auch händisch Arbeiten erledigen: z.B. Sperrmüll aus Häusern räumen.“
Schon auf der Hinfahrt zum Ort Dernau in der Verbandsgemeinde Altenahr bekommt der Feudinger Tross einen ersten Eindruck. „Wir stehen in einem langen Stau auf der Autobahn“, sagt Bernshausen am Handy, „alle Ausfahrten sind gesperrt.“
Eigentlich wollte der Unternehmer bereits am Freitag ins Ahrtal fahren. „Am Telefon sagte man mir aber, dass man derzeit keine Hilfe benötige.“ Am Montagmorgen die Rolle rückwärts. „Wir haben sofort mit den Vorbereitungen begonnen.“
Via Facebook sucht er weitere „kräftige und belastbare Helfer: „Wir werden schon 100 Wittgensteiner zusammenbekommen.“
Der THW-Helfer
Joachim Buschhaus behält auch auch in unruhigen Momenten einen kühlen Kopf. Der Mann vom THW-Ortsverband Siegen ist aus dem Ahrtal zurückgekehrt, hat dort gesehen, dass „80, 90 Prozent der Infrastruktur im Raum Altenahr und Bad Neuenahr zerstört“ sind: „Keine Brücke hat den Fluten standgehalten.“ Zudem sah er „komplett niedergerissene Gebäude“. Dennoch: „Ich bin vorsichtig mit Formulierungen, dass es hier wie im Krieg aussieht. Das ist doch eine ganz andere Situation.“
Die THW-Trupps helfen Buschbaum zufolge auf vielfältige Weise: Sie räumen z.B. Wege und Straßen, pumpen Keller leer, begutachten die Standfestigkeit beschädigter Gebäude und bereiten Trinkwasser auf. Der Bau von Behelfsbrücken wird folgen.
Was die Einsätze so schwierig macht, ist die Lage des Ahrtals. „Es ist auf einer großen Länge eng und schmal“, sagt Buschhaus, „es gibt keine Stellen, wo eine größere Zahl an Helfern sich sammeln, ausruhen und sich verpflegen kann.“ Daher habe man ein Basislager am „30, 35 Kilometer entfernten Nürburgring“ eingerichtet. Buschhaus hat die Zerstörungen vor Augen: „Die Hilfseinsätze werden sich noch über längere Zeit hinziehen.“
Der Entsorger
Thomas Schaefer vom Iserlohner Entsorger Lobbe koordiniert die Einsätze in Hagen und im Märkischen Kreis mit den großen Saug-Druck-Tankfahrzeugen. Die sorgen dafür, dass Öl-Wasser-Gemische aus Kellern von Privathaushalten und Firmen oder aus Flächen von Einrichtungen der kritischen Infrastruktur gepumpt werden. „Alleine von Donnerstag bis Montagmorgen haben wir 1000 Kubikmeter abgesaugt.“ Die Fluten hatten reihenweise Heiztanks in Kellern umkippen lassen, woraufhin Öl auslief.
30 Lobbe-Mitarbeiter sind derzeit fast rund um die Uhr in Sonderschichten im Einsatz. „Wir werden nahezu überrannt von Anfragen“, sagt Schaefer, „wir arbeiten das nach und nach ab.“ Die Helfer stoßen auf größte Dankbarkeit: „Die Menschen sind heilfroh, dass wir ihnen helfen.“
Schaefer war 2013 für eine Woche beim Elbehochwasser in Sachsen-Anhalt. „Ich hätte nie gedacht“, sagt er, „dass es jemals unsere Region so heftig treffen könnte.“
Der Landwirt
„Ich möchte nicht als Held hingestellt werden, denn das bin ich nicht“, sagt Holger Lorenz. Der Landwirt aus Lennestadt: „Das war eine Teamleistung. Ohne die anderen hätte das niemals funktioniert.“ Er hatte sich gemeinsam mit anderen Landwirten aus dem Kreis Olpe mit drei Traktoren und Radladern auf den Weg ins Hochwassergebiet gemacht – nach Mechernich im Kreis Euskirchen: „Uns hat es zum Glück nicht so hart getroffen. Wir hatten das Gefühl, dass man in den anderen Regionen helfen muss.“
Die Sauerländer haben dabei geholfen, zerstörtes Hab und Gut aufzuladen und zu einem Sammelplatz zu bringen. „Das war heftig, was man da alles gesehen hat. Ganze Existenzen sind zerstört, da mussten kaputte Fotoalben weggeschmissen werden“, erzählt Lorenz. „Aber die Dankbarkeit der Menschen ist unfassbar gewesen.“ Zwei Tage haben er und seine Begleiter geholfen, übernachtet haben sie in einem kleinen Hotel in der Nähe.
Bald möchte Holger Lorenz noch einmal dorthin fahren. „Es gibt immer noch einiges zu tun.“
Der Soldat
„Ich bin in den ersten Tagen durchgehend aktiv gewesen und habe ungefähr 48 Stunden nicht geschlafen“, erzählt Oberstleutnant Jörg Drexler von seinem Einsatz in der Hochwasserkatastrophe. Als er die ersten Bilder des Starkregens gesehen hat, war ihm klar: „Da wird auch die Bundeswehr gebraucht.“ Kurz darauf hat der Reservist sich aktivieren lassen und stand seitdem permanent mit dem Krisenstab der Stadt Hagen in Verbindung, um u.a. bei der Koordinierung der Einsätze zu helfen: „Zunächst stand die Personenrettung an, Menschen wurden geborgen. Dann ging es um Räumarbeiten und darum, die Straßen wieder frei zu machen.“
Die Abstimmung zwischen den Einsatzkräften von THW, Feuer- und Bundeswehr – hat er als „sehr koordiniert“ empfunden. Am meisten beeindruckt hat ihn aber die Dankbarkeit der Menschen: „Die meisten waren glücklich, dass die Bundeswehr da war, um zu helfen.“