Siegen/Düsseldorf. Viele Jugendliche im Alter von 12 bis 15 Jahren sollten in Siegen-Wittgenstein im Zuge einer Studie geimpft werden. Warum daraus nun nichts wird.

Die große Impfstudie für junge Menschen im Kreis Siegen-Wittgenstein findet nicht statt. Jedenfalls nicht für die 12- bis 15-Jährigen. Das NRW-Gesundheitsministerium hat gestern Abend zwar grünes Licht gegeben, dass das Impfzentrum genutzt werden kann. Allerdings sind die Auflagen dafür so hoch, dass die Organisatoren kurz darauf die Notbremse zogen und die Studie zumindest für die Altersgruppe stoppten.

Hürden des Landes sind für die Organisatoren zu hoch

Am Montagabend hatte die Nachricht für einiges Erstaunen gesorgt, dass der erst am Freitag groß für Dienstag angekündigte Start der Studie verschoben werden müsse , weil die Zustimmung des Landes NRW fehle. Im Rahmen der Studie sollten in Siegen-Wittgenstein 30.000 junge Menschen im Alter von 12 bis 25 Jahren geimpft und auch zu ihrer Lebenssituation befragt werden. In der Dimension gilt diese Studie, die von der Uni des Saarlandes und der Ruhr-Universität Bochum angestoßen worden ist, als einmalig. Vor allem sollte es hier eine Ausnahme vom Rat der Ständigen Impfkommission (Stiko) geben, die Impfungen bei Unter-16-Jährigen nur in eng begrenzten Fällen und bei Kinderärzten empfiehlt. Hier sollte dies großzügiger und im Impfzentrum geschehen.

Das NRW-Gesundheitsministerium kritisiert am Dienstag auf Anfrage unserer Zeitung, dass erst am Wochenende die notwendigen Informationen zur Prüfung eingegangen seien. Trotzdem gab es generell grünes Licht. Doch nachdem man beim Kreis Siegen-Wittgenstein die Details des Sondererlasses gelesen hatte, war schnell klar: De facto ist die Studie nicht durchführbar: „Von abgetrennten Bereichen mit separatem Zugang zum Impfzentrum, über die Absage, das ärztliche und medizinische Personal der Kassenärztlichen Vereinigung Impfungen im Rahmen der Studie durchführen zu lassen, bis hin zur Aussage, dass das Land NRW eine flächendeckende Impfung von Kindern aufgrund der Empfehlung der Stiko inhaltlich nicht unterstützt“, listet der Kreis die Hürden auf. Im Ergebnis müsse eine vollständige örtliche, organisatorische, finanzielle und personelle Trennung zwischen Impfzentrum und der Impfung im Rahmen der Studie erfolgen. Das sei aber nicht möglich.

Märkischer Kreis fühlt sich nicht informiert

Schon zuvor hatte es im Märkischen Kreis Irritationen gegeben. Der war als Vergleichskreis benannt worden. Man wolle so Erkenntnisse erlangen, wie die Unterschiede sind zu einem vergleichbaren Gebiet, in dem es solch ein konzertierte Aktion für Jugendliche nicht gebe. Allein: Der Märkische Kreis wusste gar nichts davon.

Dort zeigt man sich verärgert, dass der Eindruck entstehe könnte, im Märkischen Kreis würden im Impfzentrum keine Kinder geimpft, wenn die Ständige Impfkommission dies erlaube. Impfzentrums-Leiter Dr. Gregor Schmitz entkräftet: „Eltern müssen keine Sorge haben, dass wir Kinder nicht impfen, um Daten für eine aus meiner Sicht zweifelhafte Studie zu liefern.“

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Professor Dr. Karsten Lehr vom Lehrstuhl für Klinische Pharmazie an der Uni des Saarlandes, der einer der Initiatoren der Studie ist, weist die Kritik zurück („Wir sind ja nicht doof. Wir wissen, was wir tun“) und beruhigt: Es sei am Ende für das Ergebnis der Studie gar nicht entscheidend, ob früher oder später im Märkischen Kreis geimpft werde: „Das können wir über unsere Verfahren rechnerisch berücksichtigen.“ Doch ob die Studie überhaupt noch für die Gruppe der 16- bis 25-Jährigen weitergeführt wird, ist offen.