Südwestfalen. Ein Wassercafé, ein wanderndes Altartuch und ganz viele Wander- und Pilgerwege. Was beim Festival Spiritueller Sommer in Südwestfalen passiert

Das Wasser sprudelt in wilden Wellen den Altar hinab. Es schwappt, fließt und brodelt in jeder erdenklichen Erscheinungsform von quellblau über gletscherweiß bis schmutzbraun. Dieses Wasser ist allerdings gehäkelt und erlebt damit eine Verwandlung, wie sie typisch für den Spirituellen Sommer in Südwestfalen ist. Vom 10. Juni bis 5. September bietet das Festival über 200 Veranstaltungen an 60 Orten an, darunter auch das gehäkelte Wasser-Altartuch als Installation der Künstlerin Katharina Krenkel in der Schmallenberger St. Alexanderkirche.

Regionale-Projekt

Der Spirituelle Sommer ist ein Regionale-Projekt, das verbindet und Begegnungen ermöglicht. Getragen wird das Festival von einem in Deutschland singulären Netzwerk aus Kirchen und Touristikern; dazu kommen Heimat- und Kulturvereine sowie viele Ehrenamtliche. Ziel ist es, die einzigartigen Natur- und Kulturorte in den Kreisen und Gemeinden Südwestfalens kirchturmübergreifend neu ins Bewusstsein zu rücken und damit Angebote zu machen zum Innehalten und Nachdenken.

Leitthema ist in diesem Jahr das Wasser. „Wir möchten mit unserem Programm die Bandbreite des Festivals deutlich machen und die Orte und vielen Wege zeigen, mit denen die Region zu spiritueller Erfahrung einlädt“, betont Leiterin Susanne Falk. „Über 30 Pilger- und Wanderwege ziehen sich in Südwestfalen in mehr als 800 Kilometern durch eine einzigartige Kulturlandschaft hin zu Naturorten, Kirchen, Kapellen und den Sauerland-Seelenorten.“

Lesungen und Pilgerangebote

Hochkarätige Kulturangebote bilden eine tragende Säule des Programms aus Wanderungen, Pilgern, Meditationen, Führungen und Lesungen. Das wachsende Wasser-Altartuch von Katharina Krenkel wird zum Beispiel begleitet von Mitmachaktionen. Einen niederschwelligen Zugang zu Kunst vermittelt ebenfalls eine Performance des Ensembles Kroft, das in Attendorn und Brilon ein Wassercafé aufbaut, wo das Publikum nach allen Regeln der Kunst bedient und verwöhnt wird mit dem Kostbarsten, was wir haben: einem Glas Wasser.

Im Mittelpunkt des Spirituellen Sommers stehen weiter fünf Konzerte zum Thema Wasser, darunter Franz Schuberts Liedzyklus „Die schöne Müllerin“ in der Aula des Schulzentrums Eslohe mit einer Einführung am Bach Salwey. Das Trio Liquid Soul spielt in Brilon Wassermusik auf der Wasserstichorgel. Prof. Florian Ludwig und Studierende der Hochschule für Musik in Detmold gestalten mit der Philharmonie Südwestfalen in der Schützenhalle in Lennestadt-Grevenbrück ein Konzert zum Thema Wasserwelten, bei dem der Lennestädter Nachwuchs-Dirigent Tim Hüttemeister sein Examen ablegen wird.

Bachwanderung mit John von Düffel

Ein besonderer Ort ist auch die kleine Kirche St. Antonius in Schmallenberg-Fleckenberg. Dort befindet sich die frühere Orgel der Aachener Synagoge. Das Instrument aus dem Hause Ibach wurde 1904 nach Fleckenberg verkauft und entging so als eine von nur zwei Synagogenorgeln in Deutschland der Zerstörung durch die Nationalsozialisten. Hier erklingt ein Programm unter dem Titel „An den Wassern von Babylon.“

Im Bereich Literatur wird John von Düffel in Bad Berleburg aus seinem Roman „Vom Wasser“ lesen, der in der Nähe von Marsberg spielt. Außerdem lädt der Schriftsteller zusammen mit dem Schweizer Wasserforscher Dr. Klaus Lanz und Rothaarsteig-Ranger Ralf Schmidt zu einer Bachwanderung im Raum Bad Berleburg ein.

Mit Sinnfragen gegen die Pandemie

„Der spirituelle Sommer ist ein Festival, das helfen kann, die Folgen der Corona-Pandemie zu überwinden“, so Susanne Falk. „Weil es sich mit den Sinnfragen beschäftigt, die wir Menschen haben. Es ist wichtig, dass nach so vielen Monaten der Isolation das analoge Erleben von Musik und Kunst wieder möglich wird.“

Die vielen Begegnungen auf der Seite der über 100 Aktiven ebenso wie beim Publikum zählen zum größten Schatz des Spirituellen Sommers; in seinem Rahmen treffen sich die muslimische Studienrätin, der katholische Pfarrer, die evangelische Pastorin, der buddhistische Mönch, der Umweltpädagoge, die Wanderführerin und natürlich die Schwestern und Patres der Klöster mit dem Publikum, das ebenso vielfältiger Herkunft ist.