Hagen. Fast alle Kreise wollen die Luca-App einsetzen. Sie könnte den Bürgern mehr Freiheiten bringen. Doch es gibt Probleme bei der Umsetzung.

Claudia Haumann will zurück ins alte Leben. Im Café sitzen, Essen gehen oder auch mal ein Konzert besuchen. Dafür tut die 57-Jährige aus Sprockhövel, was sie tun kann: Abstand halten, Maske tragen, private Kontakte reduzieren – und Apps auf dem Handy installieren. Sowohl die Corona-Warn-App der Bundesregierung als auch die Luca-App, deren Entwicklung die Band „Die Fantastischen Vier“ unterstützt hat.

Gerade Luca weckt derzeit viele Hoffnungen. Landräte und Bürgermeister verkünden, dass die App bald eingesetzt werden soll, um Kontakte nachverfolgen zu können. In Verbindung mit mehr Tests könnten Freiheiten zurückgewonnen werden. Doch noch hakt es.

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Bleiben wir bei Claudia Haumann. Wenn sie sich demnächst tatsächlich wieder in ein Café setzen könnte, dann bräuchte sie nicht mehr die Zettel mit Namen und Adresse ausfüllen. Ihr Smartphone würde reichen. Da sie sich einmal bei der für sie kostenlosen Luca-App, die inzwischen zwei Millionen Mal runtergeladen wurde, registriert hat, muss sie im Café nur noch den QR-Code einscannen – wenn das Café auch angemeldet ist.

Keine Zettel mehr studieren

Würde sie nun positiv auf Corona getestet, könnten alle anderen, die sich zur gleichen Zeit mit der Luca-App dort registriert haben, vom Gesundheitsamt gewarnt werden. Ohne, dass die Mitarbeiter dort mühsam Zettel studieren müssen. Claudia Haumann würde auch gewarnt, wenn ein anderer Corona-Infizierter zur gleichen Zeit im Café gewesen wäre. „Aber leider ist das Gesundheitsamt nicht mit der App gekoppelt“, sagt die Sprockhövelerin.

Claudia Haumann
Claudia Haumann © privat

Tatsächlich: Im Ennepe-Ruhr-Kreis sei noch nichts Konkretes in Sachen Luca-App zu verkünden, sagt ein Sprecher. Gleiches im Kreis Siegen-Wittgenstein. Im Märkischen Kreis hingegen hat Landrat Marco Voge schon Mitte März verkündet, dass man nun die Luca-App einsetzen werde. Allerdings hat es noch nicht geklappt: Die Schnittstelle zwischen der Luca-App und der Software des Gesundheitsamts macht Probleme. Ähnlich im Kreis Olpe: Man bemühe sich um das Zertifikat, um die Luca-Daten auch im Gesundheitsamt verarbeiten zu können. Bislang aber ohne Erfolg.

Im Hochsauerlandkreis sind sich der Landrat und die zwölf Bürgermeister einig, dass man die Luca-App einsetzen will und sieht sie auch als Säule, um als Modellregion schon bald mehr Freiheiten gewähren zu können. Aber bislang gibt es hier auch nur die Ankündigung, „eine entsprechende Lizenz zu erwerben und die technischen Voraussetzungen zu schaffen“.

Aber auch das Land NRW ist noch nicht viel weiter gekommen. Bei der Ministerpräsidentenkonferenz am 3. März war angekündigt worden, dass es eine bundeseinheitliche App zur Kontaktnachverfolgung geben solle. Doch drei Wochen später kann das Gesundheitsministerium nicht beantworten, wie es denn in NRW weitergehen soll. Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern haben sich schon für Luca entschieden. Mit acht weiteren Ländern gebe es Verhandlungen, so das Unternehmen. Laut einem Luca-Sprecher haben sich in Deutschland 110 von 400 Gesundheitsämtern angemeldet. „In NRW aber bislang nur wenige wie Köln, Höxter oder Essen.“

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Dabei gibt es neben Kunden und Gästen wie Claudia Haumann auch schon Geschäfte und Gastronomiebetriebe, die die App einsetzen. „Die App ist supereinfach in der Handhabe“, sagt etwa Jendrick Otto vom Creo-Baumarkt im sauerländischen Sundern. Seit 14 Tagen nutzt sein Unternehmen sie. Einziges Problem: Derzeit hat nur jeder fünfte Besucher des Baumarkts Luca bereits auf dem Smartphone.

Baumarkt und Bäckerei sind Kunden

Die Bäckerei Niehaves aus Wickede setzt seit dem Spätherbst 2020 auf die App für den Betrieb in den Cafés. Doch die sind schon länger geschlossen. „Seitdem liegt das Projekt natürlich brach, wir werden die App aber wieder nutzen, wenn wir sie benötigen“, sagt Geschäftsführer Hermann Niehaves.

In NRW nutzen nach Unternehmensangaben bislang 400 Unternehmen die Luca-App – übrigens auch kostenlos, da die privat entwickelte Luca-App von staatlichen Geldern finanziert wird. Und erfahrungsgemäß würden die Zahlen immer dann in die Höhe schießen, so der Luca-Sprecher, wenn sich die entsprechenden Gesundheitsämter auch angemeldet hätten.

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Nicht dazu gehören wird Discobetreiber Mike Henning („Capitol“). Er setzt auf eine andere App, die er der Stadt Hagen vorgeschlagen hat. „Passgo“ heißt die Anwendung, die nicht nur Kontakte nachverfolgt, sondern auch angibt, ob ein Besucher positiv oder negativ getestet wurde. „Mit der Luca-App lasse ich ja womöglich noch infizierte Menschen in meine Disco. Dann kann ich im Nachhinein sagen: Ja, der war bei uns. Aber trotzdem habe ich dann womöglich hunderte Menschen in Quarantäne“, so Henning.

>> HINTERGRUND: Grenzen der Luca-App – Beispiel aus der Praxis

  • Der Creo-Baumarkt in Sundern ist zwar sehr zufrieden mit der Luca-App. Aber die Kontaktdaten von allen Kunden, die die App noch nicht nutzen, müssen von den Baumarkt-Mitarbeitern nachträglich noch händisch in die App eingetragen werden. Die Zettel, auf denen die Kunden zuvor die Daten hinterlassen haben, werden im Anschluss daran geschreddert.
  • Auch Hermann Niehaves von der gleichnamigen Bäckerei sagt: „Wir werden auch weiterhin mit Kontaktformularen arbeiten müssen“. Der Grund: Nicht jeder Besucher eines Cafés besitze ein Smartphone. Generell sieht er die App als große Chance für Lockerungen in der Gastronomie, vor allem weil die Vermarktung bereits jetzt sehr weit fortgeschritten sei.