Schmallenberg. Kameramann Roman Schauerte aus Schmallenberg hält Corona für eine Chance, wichtige Themen wie Digitalisierung und Mobilität neu zu denken

Gerade in der Filmwirtschaft sind viele freischaffende und soloselbstständige Beschäftigte in den Bereichen Schauspiel, Maske, Technik und Ausstattung unterwegs. Kameramann Roman Schauerte aus Schmallenberg gehört zu ihnen. Doch der 38-Jährige hat mit seiner Filmproduktion auf dem Land einen individuellen Weg eingeschlagen. „Ich habe mir schon immer verschiedene Standbeine gesucht. Corona veranlasst mich, zu sagen: Lasst uns die Ärmel hochkrempeln.“

Auf dem Land gut aufgestellt

Auch interessant

Roman Schauerte hat Glück gehabt. Als Praktikant in Köln bekam er einen Job bei der Großproduktion „Das Wunder von Bern“. Er wurde an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg angenommen, wo er 2011 seinen Abschluss machte. Als Kameramann war er vor Corona national und regional unterwegs, vor allem, seit er bei einem Heimatbesuch seine Frau kennenlernte und zurück nach Schmallenberg zog. Mit seiner kleinen Produktionsfirma im Sauerland hat er nun gerade wegen des Lockdowns gut zu tun.

„Die Museen haben angerufen und gesagt: Wir können unsere Ausstellungen nicht zeigen, könnt Ihr nicht einen kleinen Film dazu drehen?“ Es gab einen Auftrag für einen Hotelverbund, die gewachsene Gastgeberkultur des Sauerlandes in dieser andersartigen Situation zu erzählen. Und zusammen mit Fotograf Klaus-Peter Kappest hat er eine Webserie erfunden, um die Region zu den Touristen zu bringen, die nicht dort sein können.

Lokale Gemeinschaften stärken

Vielleicht, weil er sich selber zwischen Stadt und Land entscheiden und entsprechend aufstellen musste, hält Roman Schauerte Corona für einen Katalysator. „Ich habe Kunden, die sagen: Bei uns hat Corona das Denken befreit. Das ist die große Chance, welche die Pandemie bietet. Wenn ich nicht dreimal im Jahr nach Malle fliegen kann, gehen vielleicht wieder mehr Leute aufs Erntedankfest, werden die lokalen Gemeinschaften wieder gestärkt.“

Auch interessant

Roman Schauerte hat von Berufs wegen einen trainierten Blick, und in seiner Heimat beobachtet er großen Veränderungsdruck. Digitalität und Mobilität gehören zu seinen kritischen Punkten. „Wir haben einen gewachsenen Wohlstand, der uns satt und selbstzufrieden macht. Deshalb verschlafen wir diese Themen. Digitalisierung bedeutet eben nicht, 5G aufs Land zu bringen, sondern Tools, die man gesellschaftlich einsetzt. Unser Leben findet parallel online statt auf Plattformen, die amerikanischen Konzernen gehören“, analysiert er. Um etwas zu bewegen, engagiert sich Roman Schauerte seit einem Jahr politisch, er sitzt für „Die Partei“ im Stadtrat. „Wenn man in der Verantwortung steht, muss man darüber nachdenken, wie man das Leben auf dem Land voranbringen kann. Wir sind halt 40 Jahre im Konsum trainiert worden. Vielleicht ist es sinnvoll, künftig nur noch alle zehn Jahre eine Interkontinentalreise machen zu können. Ich glaube, man muss gar nichts verlieren. Wenn Konsum nicht mehr so selbstverständlich ist, kann man ihn vielleicht besser genießen.“

Ein Projekt für Schmallenberg

Auch interessant

Roman Schauerte engagiert sich auch ehrenamtlich für seine Themen. So hat er das Streamingprojekt „Schmallenberg Live“ im Rat angeregt, das der Verkehrsverein nun organisatorisch betreut. „Das ist eine Plattform für die Menschen der Stadt. Sie soll die Qualitäten der Region sichtbar machen und das gesellschaftliche Leben stärken.“ Viele Firmen beauftragen Roman Schauerte mit Unternehmensporträts, um Fachkräfte anzulocken. „Es ist wichtig, dass Unternehmen sagen: Uns geht es jetzt gut, wir investieren in eine lebendige Gemeinschaft. Das einzige, was uns hier auf dem Land fehlt, ist ein ausgewogenes Kulturangebot und eine lebendige Gastronomie. Es geht nicht um Rückkehrer, sondern um Vernetzung von Stadt und Land.“

Geschichten erzählen

Auch interessant

Roman Schauerte ist ein reflektierter Mensch: „Früher war ich immer stolz, als kleiner Sauerländer bei Film und Fernsehen dabei zu sein. In der Arbeit vor Ort, kann ich meine eigenen Maßstäbe setzen. Mir geht es immer darum, Geschichten zu erzählen.“

Wenn Corona vorbei ist, möchte Schauerte auch wieder an nationalen Projekten arbeiten. „Ich habe einige Musikdokumentationen gemacht, zum Beispiel über Feine Sahne Fischfilet. Jetzt steht wieder eine an, über Frauen im Punkrock. Es wäre schön, wenn das parallel laufen könnte.“ Corona als Chance, das ist ein Umlernprozess: „Wir müssen nach neuen Antworten suchen.“