Hagen. Viele deutsche Gießereien waren schon 2019 in Krisenstimmung. Jetzt sorgt Corona zusätzlich dafür, dass es immer enger wird.
Die Gießereien in Deutschland stecken massiv in der Krise, meldet der Bundesverband der Deutschen Gießerei-Industrie (BDG). Weit vor der Corona-Pandemie mit ihren wirtschaftlichen Auswirkungen, hatte die Branche in den vergangenen Jahren schwer zu kämpfen. Seit diesem Frühjahr fühlt der Branchenverband seinen rund 600 Mitgliedern förmlich permanent den Puls.
Unternehmen regelmäßig befragt
Seit März dieses Jahres werden die Verbandsunternehmen regelmäßig und systematisch zur aktuellen Lage befragt. Die jüngste und sechste Umfrage spiegelt die Situation nach mehr als einem halben Jahr Ausnahmezustand wider.
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„Die deutsche Gießerei-Industrie steckt momentan in einer schweren Krise“, resümiert der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Guss Max Schumacher mit Blick auf die vergangenen Monate. Demnach melden 92 Prozent der befragten Unternehmen Auftragseinbußen. Beim Großteil, nämlich 87 Prozent derjenigen, die Umsatzrückgänge melden, sind die Ausfälle „merklich“ oder sogar „gravierend“. Entsprechend ist die Produktion in vielen Betrieben seit Monaten drastisch zurückgefahren worden. Überwiegend herrscht noch Kurzarbeit. Allerdings reicht diese Entlastung bei den Arbeitskosten offenbar nicht, um die Lage zu entschärfen. Laut Bundesverband baut die Branche mittlerweile auch Personal ab, teilweise deutlich, meldet BDGuss.
Energieintensive Betriebe
Rund 80.000 Beschäftigte zählen die Mitgliedsunternehmen im Industrieverband, davon rund 25.000 allein in Nordrhein-Westfalen. Die Branche ist überwiegend mittelständisch geprägt. Auch in Südwestfalen sind einige Gießereien oder Unternehmen beheimatet, für die Gussprodukte ein wesentliches Standbein sind. Nicht allen scheint es gleich schlecht zu gehen. Es gibt Betriebe, deren Liquidität ausreicht, um sogar in der Krise weiter in die Zukunft zu investieren.
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Etwa das Unternehmen M.Busch mit Sitz in Bestwig und Produktionsstätte in Meschede-Wehrstapel mit noch rund 530 Beschäftigten, das gerade noch vier Millionen Euro in eine neue Anlage zur Steigerung der Produktivität investiert hat und im Vorjahr bereits eine ähnliche Summe für neue Anlagen ausgab. Ziel sei es, M. Busch an beiden Standorten, auch in Zeiten der Krise, zukunftsfähig im Hinblick auf Industrie 4.0, Qualität, Kapazität und Produkte aufzustellen, erklärte Geschäftsführer Andreas Güll, dass die 2017 begonnene Strategie 2022 weiterverfolgt werde. M.Busch produziert Produkte für den Lkw-Bereich wie etwa Bremsscheiben und -trommeln und setzt auf hoch qualifizierte Mitarbeiter im Sauerland – allerdings geht mit zunehmender Automatisierung auch hier der Abbau von Arbeitsplätzen einher.
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Der Standort Deutschland ist für so energieintensive Unternehmen wie Gießereien von Jahr zu Jahr mit steigenden Strompreisen schwieriger geworden. Insbesondere für die Eisengießereien, die viel für Antriebsstränge von Verbrennermotoren produzieren, wird es in Zukunft durch die Transformation in der Automobilbranche noch schwieriger werden, wenn sie keine Alternativprodukte entwickeln und Abnehmer dafür finden.
Vorsichtiger Optimismus
Bei der Umfrage des Branchenverbandes BDG schimmerte allerdings durchaus auch etwas Optimismus mit durch. „Die Zeichen stehen – mit der jetzt erforderlichen Unterstützung – sehr gut für eine durchgreifende Erholung im Laufe des Jahres 2022 auf das Niveau von 2018“, sagt Hauptgeschäftsführer Schumacher. 2019 war aufgrund der rückläufigen Automobilindustrie bereits kritisch.
Noch rund 25.000 Beschäftigte in NRW
Der Bundesverband der Deutschen Gießereiindustrie (BDG) vertritt rund 600 überwiegend mittelständische Unternehmen mit etwa 80.000 Beschäftigten, davon arebiten rund 25.000 in Unternehmen in Nordrhein-Westfalen.
Seit März 2020 fragt der Verband die aktuelle wirtschaftliche Situation in den Betrieben ab. Die jüngsten Ergebnisse stammen aus der sechsten Befragung, die in der vergangenen Woche stattgefunden hat und an der sich 79 Unternehmen beteiligten.
Mehr als ein Viertel der befragten Unternehmen rechnet bereits im kommenden Jahr mit Geschäften auf dem Niveau von 2018. Über die Hälfte glaubt, dass diese Umsätze und Erlöse erst 2022 wieder erreicht werden. „Bis 2022 ist es noch eine lange Durststrecke. Um die zu überstehen, bräuchten wir noch einmal einen deutlichen Impuls. Etwa eine moderne Autokaufprämie mit Umweltkomponente auch für Verbrenner“, fordert Schumacher.
Aktuell liegen die Umsätze mehr als 20 Prozent unter denen des Vorjahreszeitraums.