Düsseldorf. . Die Situation für energieintensive Betriebe spitzt sich mit steigenden Stromkosten immer mehr zu. Eine Lösung auf NRW-Ebene ist nicht in Sicht.
- Der Industrieverband der Gießereibranche fordert schnelle Entlastung von Unternehmen und Privaten
- Energiewendekosten sind laut BD-Guss komplett aus dem Ruder gelaufen
- „Gießereirunde“ im NRW-Wirtschaftsministerium endet ohne schnelle Lösungen für die Branche
80 000 Beschäftigte zählt die Gießereibranche in Deutschland, davon 25 000 in NRW. Zahlreiche Unternehmen sind in Südwestfalen ansässig. Der Branche geht es überwiegend schlecht. Geringe Margen bei stetig steigenden Energiekosten machen den Betrieben zu schaffen. „Die Energiewende in Deutschland ist aus dem Ruder gelaufen“, stellt Christian Schimansky vom Bundesverband der Deutschen Gießerei-Industrie (BD-Guss) gegenüber der WESTFALENPOST fest. Schnelle Lösungen sind gefragt.
Dialog mit der Landesregierung
Nach einem ersten Krisentreffen auf Landesebene im Dezember saßen gestern Vertreter der Landesregierung (Wirtschafts- und Arbeitsministerium) mit betroffenen Unternehmen, Gewerkschaft und der BD-Guss zusammen. Einen Befreiungsschlag hat es offenbar nicht gegeben - und er ist auch eher unwahrscheinlich.
SO FUNKTIONIERT EINE GIESSEREI (Fotos: BDG/Soschinski)
BD-Guss fordert einen radikalen Systemwechsel. „Die Finanzierung der Energiewende über die Stromrechnung hat keine Zukunft mehr“, urteilt Schimansky, der das Referat Umwelt und Energie vertritt. Die Energiewende sei schließlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und müsse daher „durch den Bundeshaushalt finanziert werden“, formuliert der Fachmann die Forderung des Industrieverbandes mit Sitz in Düsseldorf.
Gießereirunde ohne schnelle Lösung
Dass die „Gießereirunde“ erneut im Haus von Wirtschaftsminister Garrelt Duin zusammensaß zeigt zwar, dass die Lage für etliche Mittelständler und insbesondere für energieintensive Unternehmen wie Gießereien in NRW inzwischen bedrohlich geworden sein muss. Indes: Für ein Spitzentreffen und den nötigen poltischen Nachdruck fehlten dem Beisammensein schlicht die Minister. Dass NRW die Anliegen der Branche absehbar auf Bundesebene trägt, scheint nicht in Sicht.
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Und trifft sich die „Gießereirunde“ weiter im Vierteljahresrhythmus und geht ohne konkrete Ergebnisse wieder auseinander, könnte dies, so bitter es sein mag, für manchen Betrieb auch schon Fakten schaffen. Kenner der heimischen Wirtschaft halten es für höchst realistisch, dass längst nicht alle Gießereien in der Region das Jahresende erleben werden.
Duin-Vorschlag offenbar versandet
Im Herbst vergangenen Jahres hatte NRW-Minister Duin (SPD) gemeinsam mit seiner bayerischen Ressortkollegin Ilse Aigner (CSU) einen Vorstoß gewagt und einen Streckungsfonds für die ausufernde EEG-Umlage vorgeschlagen, um kurzfristig ein wenig Entlastung bei den Stromkosten zu erreichen und die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen nicht länger zu gefährden. Ein Vorschlag, der vom Industrieverband als begrüßenswerter Zwischenschritt, aber letztendlich nicht ausreichend bewertet wird.
EEG-Umlage wird absehbar nicht sinken
Aktuell liegt allein die EEG-Umlage bei 6,88 Cent pro Kilowattstunde Strom. Zur Erinnerung: Bei Einführung des EEG im Jahr 2003 lag sie bei 0,2 Cent/kWh. Trotz Reform ist mit einem Absinken der Kosten zunächst nicht zu rechnen. Das Institut für Wirtschaft Köln rechnet im ungünstigsten Fall mit über 10 Cent/kWh im Jahr 2025.
Neben der EEG-Umlage schlagen schließlich noch weitere Umlagen zu Buche für Kraft-Wärme-Koppelung, Offshoreausfallzeiten, Erdkabelkosten, Netzreserve, Kapazitätsreserve - die Liste ist noch länger. Dazu kommen komplizierte Bestimmungen wie das europäische Beihilferecht. Hier gab es bereits Konflikte bei der EEG-Umlagen-Befreiung oder -Teilbefreiung einiger Unternehmen. Die richtet sich nach dem Anteil der Energiekosten an den Gesamtkosten.
Eine umstrittene Systematik, weil sie unter Umständen Modernisierung und sogar Einstellungen verhindert. Beschäftigt ein Unternehmen mehr Leute, sinkt der Anteil der Energiekosten an den Gesamtkosten möglicherweise unter die Befreiungsgrenze. „Das Wort Chaos ist hier die präzise Beschreibung“, sagt Schimansky. Es helfe also nur der radikale Systemwechsel zur Finanzierung der Energiewendekosten aus dem Bundeshaushalt.