Hagen. Reiserückkehrer können sich jetzt kostenlos testen lassen. Die Rechtsverordnung stiftet allerdings Verwirrung.

Seit dem vergangenen Samstag können Reiserückkehrer aus Risiko- und Nicht-Risikogebieten im Ausland sich kostenlos auf das Coronavirus testen lassen. Bei der praktischen Umsetzung der entsprechenden Rechtsverordnung des Bundesgesundheitsministeriums hapert es allerdings noch gewaltig.

Der Landkreistag Nordrhein-Westfalen sah sich am Dienstag zu der Klarstellung genötigt, dass Corona-Tests ausschließlich bei niedergelassenen Ärzten oder in den von den Kassenärztlichen Vereinigungen eingerichteten Testzentren stattfinden – und nicht bei örtlichen Gesundheitsämtern.

Detailfragen noch ungeklärt

Vanessa Pudlo von der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) bestätigte gegenüber dieser Zeitung: „Es herrscht Verwirrung auf verschiedenen Ebenen, wie die Rechtsverordnung zu lesen ist.“ Wichtige Detailfragen seien noch ungeklärt. Beispielsweise arbeite man mit Hochdruck an einer Antwort, wie Reiserückkehrer beim Praxisbesuch nachzuweisen haben, dass sie sich tatsächlich im Ausland aufgehalten haben.

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Ungeklärt sei ebenfalls, so Vanessa Pudlo weiter, ob jeder Hausarzt dazu verpflichtet sei, Corona-Tests in seiner Praxis durchzuführen – oder ob es sich um eine freiwillige Leistung handele. Entgegen der Auffassung des Landkreistages NRW ist aus Sicht der KVWL noch nicht abschließend geklärt, ob nicht auch Corona-Tests beim Öffentlichen Gesundheitsdienst (in den Kommunen: die Gesundheitsämter) möglich sind.

„15 Euro je Abstrich ist nicht wirtschaftlich“

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Der Rechtsverordnung aus dem Bundesgesundheitsministerium zufolge soll es eine pauschale Vergütung von 15 Euro je Abstrichgeben. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hat dies am Dienstag als „nicht wirtschaftlich“ für Praxen kritisiert.

„Andere Situation als zu Beginn der Pandemie“

Martin Mansfeld ist seit einem Vierteljahrhundert Hausarzt. Die Corona-Krise hat den Allgemeinmediziner aus Siegen vor große Herausforderungen gestellt. Dennoch will er sich jetzt nicht in die Riege der Kritiker kostenloser Corona-Tests für Reiserückkehrer, Schul- und Kita-Beschäftigte einreihen, die einen kaum zu bewältigen Ansturm auf Hausarzt-Praxen befürchten: „Die Situation heute ist eine ganz andere als zu Beginn der Pandemie.“

So gebe es das Problem fehlender Schutz- und Verbrauchsmaterialien nicht mehr, sagt Mansfeld und lobt die Organisation seitens der Kassenärztlichen Vereinigung (KV). Hinzu komme: „Wir haben im vergangenen halben Jahr gelernt, diszipliniert und respektvoll mit dem Coronavirus umzugehen.“

Keine konkreten Pläne für Testzentren

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Zu Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland wurden von den Kassenärztlichen Vereinigungen zur Entlastung der Hausärzte spezielle Testzentren eingerichtet. „Im Moment gibt es bei uns keine konkreten Pläne, solche Einrichtungen wieder zu öffnen“, so Vanessa Pudlo von der KV Westfalen-Lippe.

In den Monaten März und April sei dies wegen steigender Fallzahlen und fehlender Schutzmaterialien in Praxen notwendig gewesen. Mittlerweile seien aber Produkte wie Schutzkleidung in ausreichender Zahl vorhanden.

Daher sehe man auch keine steigende Ansteckungsgefahr, wenn Reiserückkehrer in den kommenden Wochen zunehmend die Praxen für Corona-Tests bevölkerten. Hinzu kommen Beschäftigte von Schulen und Kitas in NRW, die sich bis zu den Herbstferien kostenlos testen lassen können.

Schnelle Reaktion möglich

Allerdings, so die KVWL-Sprecherin weiter, beobachte man die weitere Entwicklung intensiv und könne – wenn es die Situation erfordert – kurzfristig Testzentren einrichten. „Dass wir schnell reagieren können, hat das Beispiel des Kreises Gütersloh gezeigt.“ Nach Corona-Fällen bei Tönnies wurde ein Corona-Testzentrum eingerichtet.

Wann alle Detailfragen rund um die Rechtsverordnung für Reiserückkehrer geklärt sind, kann Vanessa Pudlo nicht sagen: „Wir hoffen, so schnell wie möglich. Aber eine Klärung geht einfach nicht mit einem Fingerschnipp.“