Hagen/Wenden/Siegen. Die Nachfrage nach mobilem Arbeiten ist mit Corona gestiegen. Das merken die IT-Systemhäuser der Region. Was klappt und wo es in Firmen hakt.
In den vergangenen zwei Wochen haben Andre Gastreich und seine Kollegen jeden Tag stundenlang telefoniert. Sie haben Notebooks und Headsets eingerichtet, sichere Verbindungen und Virenscanner installiert. Etwa 200 Mitarbeiter haben sie in dieser Zeit dabei begleitet, ihren Arbeitsplatz nach Hause zu verlegen. „Wir haben 14 Tage lang nichts anderes gemacht, als Leute im Homeoffice zu betreuen, von morgens um sieben Uhr bis abends um zehn Uhr“, sagt Gastreich.
Seit mehr als 20 Jahren leitet Gastreich das IT-Systemhaus dng IT in Gerlingen im Kreis Olpe. Das Unternehmen betreut vor allem mittelständische Firmen im industriellen oder im kaufmännischen Bereich. So hoch wie aktuell sei die Nachfrage nach mobilem Arbeiten normalerweise nicht, sagt Gastreich. Laptops sind ausverkauft oder sehr teuer, das Gleiche gilt für Headsets und Zubehör.
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Bei Gastreichs Kunden lief die Umstellung bisher relativ problemlos. Das liege an der guten Ausstattung der Firmen, sagt der Geschäftsführer. Oft stehe die Infrastruktur in einem Rechenzentrum, auf das das Unternehmen zugreife. „Das Büro ist also schon eine Art Homeoffice. Da ist es egal, ob ich mich von dort oder von zu Hause aus verbinde.“ Zu Beginn der Umstellungen habe es zwar einen Ansturm gegeben. „Da kam es schon mal vor, dass die Netzwerkverbindungen abgebrochen sind.“ Generell seien die Verbindungen jedoch besser als ihr Ruf.
Arbeitsschutz: Homeoffice richtig ausgestattet?
Christian Weiß vom Systemhaus Connect in Siegen hat ähnliche Erfahrungen gemacht. „Selbstverständlich haben wir mehr Arbeiten gehabt, es war aber nicht der krasse Ansturm.“ Das Unternehmen habe seine Kunden so ausgestattet, dass mobiles Arbeiten möglich sei. In Anleitungen für die Mitarbeiter habe das Systemhaus zudem viele Fragen schon beantwortet. Zugleich gebe es Herausforderungen durch die Umstellung. „Wenn 100 Leute jetzt überall verstreut sitzen und jeder eine Fritzbox hat, gibt es andere Fehlerquellen“, sagt Weiß. Diese seien nicht so dokumentiert wie im Unternehmen. „Das sind Probleme, die weit weg von der durchgetakteten Unternehmenswelt sind, aber Probleme, die Dringlichkeit haben, weil sie entscheiden: Kann der Mitarbeiter arbeiten oder nicht?“
Ein richtiges Homeoffice müsse außerdem mehr Voraussetzungen erfüllen als mobiles Arbeiten. Dazu gehöre eine Begutachtung, ob der Raum passend ausgestattet ist: vom Stuhl bis zu Sichtschutzfolien und Bildschirmsperren. „Wir können das nicht im Büro alles einrichten und so tun, als ob das zu Hause völlig egal wäre“, sagt Weiß.
Manche Technologien sind nicht kompatibel
Schwieriger war die Umstellung bei den Firmen, die das Systemhaus pcm in Hagen betreut: Instabile VPN-Verbindungen, mit der Mitarbeiter auf ihre Firmen-Computer zugreifen können, Schwankungen in der Übertragungsgeschwindigkeit, Bildschirme, die schwarz bleiben. Manche Technologien seien nicht kompatibel, sagt Geschäftsführer Claas Mehrwald. „Lange haben die Unternehmen gesagt: Wir machen nur das Notdürftigste, aber es darf nichts kosten. Sie kommen zwar irgendwie klar, aber nicht gut.“
Die Firmen hätten so ein Szenario nie getestet. Jetzt müsse alles ohne diese Planung auf mobiles Arbeiten umgestellt werden. „Zehn Techniker bei uns sind nur dafür da, Kunden zu unterstützen, und das seit Tagen, wenn nicht Wochen“, sagt Mehrwald. Mittlerweile sei es zwar ruhiger geworden, aber es gebe immer noch Nachholbedarf.
Viele Firmen haben nicht in mobiles Arbeiten investiert
Das Unternehmen Liquitcom ist auf Telekommunikationssysteme spezialisiert. Es sitzt in Greifenstein in Hessen, hat aber viele Kunden im Raum Siegen. Laut Vertriebsleiter Dieter Winter sei die Umstellung des Telefons oft problematisch. Die einfachste Möglichkeit sei, das Telefon umzuleiten. Dann seien aber zwei Kanäle belegt. „Wenn das mehrere Mitarbeiter machen, sind die Firmen irgendwann nicht mehr erreichbar“, sagt Winter. Mehrere Unternehmen hätten solche Störungen gemeldet. Deshalb verbindet Liquitcom Handys über eine App mit dem Telefon in der Firma.
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Bisher hätten aber viele Firmen nicht in Programme für mobiles Arbeiten investiert. „Die meisten haben den Mehrwert nicht gesehen und waren eher schlecht aufgestellt“, sagt Winter – auch wenn die Geräte dazu in der Lage waren. „Homeoffice hat immer eher die Geschäftsführung genutzt, nicht die Mitarbeiter im Controlling oder im Marketing.“