Winnetou ist seit 60 Jahren ein echter Sauerländer
•
Lesezeit: 4 Minuten
1/42
Lennestadt. . Der heutige Geschäftsführer Jochen Bludau war der erste Winnetou-Darsteller auf der Elsper Naturbühne. Nun startet die neue Wild-West-Saison.
Als Pierre Brice, der ewige Winnetou, 1976 sein Gastspiel als Häuptling der Apachen im Sauerland begann, holte ihn Elspe-Chef Jochen Bludau persönlich am Köln/Bonner Flughafen ab.
„Das ganze Flugfeld wurde wie bei einem Staatsbesuch gesperrt. Ich durfte meinen Wagen bis vor die Air-France-Maschine fahren“, klopft sich „Mr. Elspe“ Bludau noch heute auf die Schenkel. Es hat sich in all den Jahren viel ereignet im Wilden Westen Südwestfalens. Seit 60 Jahren ist Winnetou ein echter Sauerländer.
Vor sechs Jahrzehnten wurde der erste Winnetou in Elspe aufgeführt. Es ist ein Jubiläumsjahr für die Karl-May-Festspiele - und ein teilweise Abschiedsjahr für Jochen Bludau. „Ich gebe die Geschäftsführung Ende des Jahres auf“, sagt er. Er will aber Elspe noch einige Jahre als Autor und Regisseur erhalten bleiben, zusammen mit Ex-Winnetou Benjamin Armbruster.
Nachfolger aus dem eigenen Haus
Wie Bludau dem Reporter so gegenüber sitzt, präsentiert sich ein Kreativer mit viel Elan. „Der Elan ist mühsamer zu erhalten“, sagt er. Und doch, beim großen Manitu: Warum hört er als Geschäftsführer auf? „Ich bin zu alt.“ Bludau wird im Sommer 77. „Irgendwann ist eine Grenze erreicht, wo sich Überforderung einstellen kann.“ Der Nachfolger steht noch nicht fest. „Wir haben gute Leute. Es wird einer aus unserem tollen Team sein.“ Eigentlich hätte es Sohn Oliver sein sollen. Doch dieser gab die Geschäftsführung 2015 auf. „Er war gleichzeitig bei einem Industrieunternehmen tätig. Beides ging nicht.“ „Ich hatte Verständnis“, so Bludau, „es war dennoch schade.“
1950 stand Bludau zum ersten Mal als Laiendarsteller auf der Freilichtbühne. Seine Mutter war im Elsper Theaterverein engagiert. Im „Wilhelm Tell“ spielte er den Walter Tell („ich trug keinen Apfel auf dem Kopf“). Als Klassiker nicht mehr die Massen anlockten und vermehrt Tourneetheater ins Sauerland kamen, entschied sich der Theaterverein für die Radikallösung: Karl May. „Wir mussten allerdings lernen, dass nur die Indianerstücke liefen - also nicht die Orientstücke“, so Bludau.
1958 also feierte Winnetou Premiere - damals auf der großen Naturbühne verkörpert von Jochen Bludau, dem legendären (späteren) Old-Shatterhand-Darsteller. „Man spielte die Rolle, die man vom Regisseur zugeteilt bekam“, so Bludaus Kommentar zum zweijährigen Ausflug ins Rothaut-Lager.
Die Anfänge hatten - außer der Geschichte - wenig gemein mit den heutigen hochprofessionellen Inszenierungen. „Wir ritten auf Ackergäulen, für die ein kurzer Trab das höchste der Gefühle war.“ Heute galoppieren in den Vorstellungen teilweise 40 Pferde über die Bühne. „Ein Ereignis“, wie es Bludau ausdrückt, auch für die Smartphone- und Youtube-Generation, die schnelle Schnitte und Action liebt. „Wir nutzen solche Mittel“, so Bludau, „in den 60 Jahren sind die Szenen schneller und die Bewegungen intensiver geworden.“
Nicht dem Zeitgeist unterworfen
Dass sich die Karl-May-Festspiele dem Zeitgeist unterworfen haben, davon will „Mr. Elspe“ nichts wissen. Natürlich sei man nicht ganz frei in der Gestaltung gewesen, als Western im TV ihre Blütezeit erlebten. „Als das Ende der 80er Jahre vorbei war, konnten wir unseren eigenen Stil entwickeln.“ Die Geschichten orientierten sich aber stark an den Romanvorlagen. Bludau hat sich 2016 die Winnetou-Neuverfilmung bei RTL angeschaut. „Es ist schwierig, wenn Autoren und Regisseure dazu neigen, ein Stück aus der Zeit seines Verfassers ins Hier und Jetzt zu verlegen.“ Der Dreiteiler war kein Zuschauererfolg. „Unser Erfolgsgeheimnis war immer, dass unsere Storys glaubhaft und über Generationen hinweg nachvollziehbar waren.“
Jochen Bludau ist vor der Zukunft des Elspe Festivals nicht bange: „Die Leute kommen zu uns wegen des Gesamterlebnisses. Wir machen Freizeitunterhaltung.“
Sie haben vermutlich einen Ad-Blocker aktiviert. Aus diesem Grund können die Funktionen des Podcast-Players eingeschränkt sein. Bitte deaktivieren Sie den Ad-Blocker,
um den Podcast hören zu können.