Hagen. . Mehr Geburten, Zuzüge und Mütter, die nach kurzer Babypause weiter arbeiten gehen: Wie Kommunen in Südwestfalen jetzt Platz für Kinder schaffen.
- Nachfrage nach Kita-Plätzen steigt deutlich
- Kreis Olpe zum Beispiel muss bis 2020 ingsesamt 695 Kita-Plätze schaffen
- Bedarf an Betreuung für Kinder unter drei Jahren höher als bisher erwartet
Vor vier Jahren gab es Platz genug – und Kinder zu wenige. So hatte man in Arnsberg 408 Kita-Plätze für Kleinkinder geschaffen, angemeldet waren im Frühjahr 2013 aber nur 350 Jungen und Mädchen unter drei Jahren, wie unsere Zeitung damals berichtete. Den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz, der damals eingeführt wurde, konnte man in Südwestfalen leicht erfüllen.
Vier Jahre später sieht das anders aus. Da gehören Städte wie Menden oder Hemer, die keine Versorgungsprobleme haben, zur Minderheit.
Das Problem
- 50 Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren muss die Stadt Arnsberg bis zum Sommer noch schaffen – und 43 weitere für Kinder über drei Jahren. Keineswegs ein Einzelfall in Südwestfalen.
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So stehen im Hochsauerland-kreis (ohne Arnsberg und Schmallenberg) 220 Kinder auf der Warteliste für einen U3-Platz und 33 für einen Ü3-Platz.
200 bis 300 Plätze insgesamt fehlen der Stadt Siegen in ihrer Drei-Jahres-Planung. - Im Kreis Olpe müssen bis 2020 insgesamt 695 Kita-Plätze zusätzlich eingerichtet werden, davon 374 für unter Dreijährige und 321 für über Dreijährige.
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In Gevelsberg wird bald der 13. Kindergarten der Stadt gebaut. Und trotzdem ist jetzt schon klar, dass für das Kita-Jahr 2018/19 etwa 40 Betreuungsplätze für Kinder zwischen zwei und sechs Jahren fehlen. Im darauffolgenden Jahr sind es 55 weitere.
Die Gründe
Gründe für den Platzmangel gibt es mehrere. Da sind zum einen die Zuzüge nach Südwestfalen von Flüchtlingen, aber auch Bürgern aus EU-Ländern. So sind in Gevelsberg im Jahr 2013 "nur"220 Kinder zur Welt gekommen. Unterbringen muss die Stadt in diesem Jahrgang aber 240 Kinder. „Jedes Jahr kommt durch Zuzug eine komplette Kindergartengruppe obendrauf“, rechnet Michael Pfleging vor, Fachbereichsleiter Bildung, Jugend und Soziales.
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Es werden mehr Babys geboren. Im Kreis Olpe sind die Geburtenzahlen im Jahr 2015 um 7,7 Prozent gestiegen im Vergleich zum Vorjahr. Zuzüge und steigende Geburtenzahlen zusammengenommen verzeichnet man im Kreis Siegen-Wittgenstein in den vergangenen vier Jahren bei den Kindern über drei Jahren ein Plus von 9,1 Prozent. Und bei den Kindern unter drei Jahren einen Zuwachs von 17 Prozent.
Immer mehr Eltern fragen Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren nach. Als der Rechtsanspruch für Kinder ab dem ersten Geburtstag im Jahr 2013 eingeführt wurden, da hatte das Land den Kommunen als Soll eine Betreuungsquote von 32 Prozent vorgegeben. Damals kam man in den meisten Kommunen gut damit aus. Mittlerweile liegt man in der Stadt Siegen bei einer Quote von 41 Prozent. Auch im ländlichen Olpe peilt man nun eine Quote von 40 Prozent an – eine Marke, die die Kreisverwaltung aus einer Elternbefragung abgleitet hat, wie Kreissprecher Hans-Werner Voß erläutert. Weil immer mehr junge Mütter nach dem Erziehungsurlaub wieder in den Beruf zurückkehrten, steige der Bedarf. Zudem sei das Betreuungsgeld weggefallen, also die 150 Euro monatlich, die Eltern bekommen hatten, die sich zu Hause um ihr Kind kümmerten und auf einen Kita-Platz verzichteten.
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Ferner sei das Vertrauen der Eltern in die U3-Betreuung gestiegen. „Zwei ist das neue drei“, sagt Michael Pfleging aus Gevelsberg. Will heißen, dass die große Mehrheit der Kinder nicht erst mit drei Jahren in den Kindergarten kommt. Im Hochsauerlandkreis hat man bisher mit einer Betreuungsquote von 80 Prozent bei den Zweijährigen geplant und von 35 Prozent bei den Einjährigen. Doch in einzelnen Kitas haben die Anmeldezahlen den Wert noch überschritten, heißt es in einer Verwaltungsvorlage. Auch meldeten Eltern ihre Kinder früher an, um vor der Rückkehr in den Beruf einen Platz „sicher“ zu haben, heißt es aus Siegen.
Die Lösungen
Nun werden Kindergärten gebaut wie in Brilon und Gevelsberg. Kita-Leiterinnen müssen ihre Büros räumen, damit es genügend Ruheräume für die Kinder gibt, wie in Brilon-Rösenbeck. Gruppen werden überbelegt, in Absprache mit dem Landesjugendamt. Und manche Gruppe wird – wie in Gevelsberg – in Containern betreut. Trotzdem hat Landrat Andreas Müller (Siegen-Wittgenstein), wie vor Kurzem in der Westfalenpost berichtet, versprochen: „Wer Bedarf hat, bekommt ein Angebot.“ Klagen will im Übrigen niemand über die Entwicklung: „Wir haben uns immer gewünscht“, sagt Michael Pfleging aus Gevelsberg, „dass es mehr Kinder gibt.“