Hagen. . Berufstätigen Eltern bleibt wenig Zeit, die nutzen sie aber intensiv, um ihren Kindern ein Zuhause zu geben. Das zeigt der Stundenplan einer Mutter aus Hagen.

  • Berufstätigen Eltern bleibt wenig Zeit für ihre Kleinen.
  • Die wenigen Stunden und Minuten aber nutzen sie intensiv, um ihren Kindern ein Zuhause zu geben.
  • Eine Mutter aus Hagen beschreibt ihre tägliche Rushhour des Lebens.

Eine Stunde und 20 Minuten – mehr bleibt Eltern pro Tag nicht, um sich ganz um ihre Kinder zu kümmern. 80 Minuten verbringen sie „mit der „Betreuung als Hauptaktivität“. Bei Kindern unter sechs Jahren sind es immerhin zwei Stunden 13 Minuten. Zahlen, die das Statistische Bundesamt ermittelt hat. Wenig Zeit, um „Kindern ein Zuhause zu geben“, wie das Motto des diesjährigen Weltkindertages lautet. Wie es in den wenigen Stunden doch gelingen kann, zeigen Özlem (39) und Lara (3) Tolksdorf aus Hagen.

5 Uhr. Özlem Tolksdorf steht auf. Früh genug, damit ein bisschen Zeit bleibt, wenn Lara aufwacht und noch „ein bisschen Aufmerksamkeit“ braucht, sagt Özlem. Ein bisschen Kuscheln, Plaudern am frühen Morgen. Mehr geht nicht. „Ich liebe das ausgiebige gemeinsame Frühstück am Wochenende“, sagt Özlem Tolksdorf und lächelt bei dem Gedanken daran. „Das ist ein Highlight für mich.“ Wochentags aber fahren die beiden um 6.45 Uhr mit dem Auto zum Kindergarten. Dann macht sich Özlem weiter auf den Weg zur Arbeit nach Dortmund.

7.30 Uhr. Der Arbeitstag beginnt für die Diplom-Pädagogin. Ein unbefristeter Job, in der Branche nicht selbstverständlich. Und eine Vollzeitstelle. Die brauchen Mutter und Tochter auch zum Leben. Özlem Tolksdorf ist alleinerziehend.

15 Uhr. Es ist ein „kurze Woche“, wie Özlem sagt. Zwei Jahre ist es her, als sie ihre Tochter aus der Betreuung abholen wollte und ihr die Kleine laufend entgegen kam. „Ich habe ihre ersten Schritte nicht miterlebt“, sagt Özlem. „Das tat mir so leid. Da ist mir mein Arbeitgeber sehr entgegen gekommen“: Nun kann sie einen Teil der Arbeit, die Schreibtätigkeiten, von zu Hause erledigen und jede zweite Woche bereits um 15 Uhr nach Hause fahren, um Lara vom Kindergarten abzuholen. Es sind die Wochen, in denen der Vater Spätschicht hat. In den „langen Wochen“, wenn Özlem bis 16 Uhr arbeitet, ist die Kleine nach der Kita beim Papa. Ein ausgeklügelter Dienstplan für die Eltern.

15.45 Uhr Özlem schiebt jeden Gedanken an die Arbeit, jeden persönlichen Ärger beiseite. Jetzt ist Zeit für Lara. Was sie dann am liebsten mit der Mama spielt, wenn die sie vom Kindergarten abholt? Lara guckt nachdenklich gen Himmel, grübelt und sagt dann strahlend: „Pommes!“ Denn Kindergarten macht hungrig, egal was und wie viel es zum Mittagessen dort gibt. Also essen Mutter und Tochter erst einmal gemütlich zusammen, aber natürlich nicht immer Pommes. Und dann malen sie mit Wasserfarben, lassen Seifenblasen platzen, bauen „Türmchen“, puzzeln, zählt Özlem auf.

Oder gehen, wie an diesem Sommertag auf den Spielplatz. Rutschen – das mag Lara hier am liebsten. Und klettert selbstbewusst auf das Gerüst. Bis sie irgendwann ein kleines Stöckchen findet, in ihrer Phantasie daraus eine Wasserspritze macht, mit einem lauten „Psch“ zurück zu ihrer Mutter rennt und sie an diesem heißen Tag erfrischend abduscht.

Berufstätige Väter und Mütter nutzen ihre Zeit gut. Gerade Eltern von unter Sechsjährigen „verbringen heute mehr aktive Zeit mit ihren Kindern als noch vor 15 Jahren, obwohl die Kinder in einem größeren zeitlichen Umfang frühkindliche Bildungseinrichtungen besuchen“. So die Forschungsergebnisse des Deutschen Jugendinstituts, veröffentlicht im Nationalen Bildungsbericht 2016. Zweieinhalb Stunden täglich hat Özlem Tolksdorf für Reden, Lesen, Spielen, schätzt sie selbst. Aber nur in den kurzen Arbeitswochen. Zwei Stunden 13 Minuten sind es im statistischen Durchschnitt.

19.30 Uhr Lara schläft. Zufrieden die ganze Nacht durch, ohne aufzuwachen. Özlem Tolksdorf erledigt im Haushalt, was gar nicht liegen bleiben kann und Lara nicht beim Schlafen stört. Großputz macht sie an jenen Wochenenden, die Lara beim Papa verbringt. Die Zeit, die Eltern heutzutage mehr für ihre Kinder aufbringen, geht „zu Lasten der Hausarbeit, der eigenen Regeneration und des sozialen Lebens“, heißt es im Bildungsbericht. „Früher habe ich Sport geliebt“, sagt auch Özlem. Jetzt am Abend kommen ihr die Gedanken, die sie am Nachmittag verdrängt hat: Was muss sie morgen auf der Arbeit erledigen? Was hat sie vielleicht vergessen?

23 Uhr. Etwa um diese Zeit geht Özlem Tolksdorf selbst zu Bett. Sechs Stunden bleiben ihr pro Nacht. Bis fünf Uhr morgens.