Hagen. Mit der Revue „Von Babelsberg nach Hollywood“ pflückt das Theater Hagen die Sterne der Filmmusik vom Himmel: Beim Publikum springt der Funke über.

Das Ohr sieht mit. Wenn die Okarina kojotengleich heult, kriegen wir Angst, wenn das Saxofon leise swingt, wird uns romantisch zumute. Bedrohung, Triumph, Lachen und Sehnsucht: Gefühle entstehen im Film erst durch Musik. Diese Partituren sind zu schade für die Leinwand alleine, findet das Theater Hagen und bringt mit „Von Babelsberg nach Hollywood“ jetzt eine glamouröse Revue heraus, in der große Kino-Emotionen mit viel Humor Hand in Hand gehen. Der Funke springt sofort über, das rundum glückliche Publikum applaudiert am Ende im Stehen.

Das Ensemble selbst hat auf der Bühne derart viel Spaß, dass die Besucher unweigerlich angesteckt werden. So kann man ganz neue Seiten an den beliebten Solisten entdecken. Die Vielseitigkeit und Entdeckerfreude der Hagener Sänger und Musiker sind einfach immer wieder verblüffend und begeisternd. Das schafft in NRW kein anderes Haus. Dirigent Steffen Müller-Gabriel hat ein Händchen für die Grenzgänge zwischen Breitbild-Sinfonik und heißen Rockrhythmen; und die Philharmoniker spielen mit Herzensfreude. Andres Reukauf hat die meisten Stücke zu opulenten Klanggemälden arrangiert. Der Chor darf darstellerisch aktiv werden, und das Ballett vertanzt die Hits mit Esprit. Damit entsteht eine unterhaltsame Ent­deckungsreise, sexy, verträumt, ­romantisch und schräg zugleich.

Den Swing im Blut

Die Sänger sind fantastisch. Bariton Kenneth Mattice zum Beispiel ist in dieser Spielzeit Papageno und Eugen Onegin. Und jetzt hat er auch noch den Swing im Blut. In „Return To Sender“ lässt er Rocktränen fließen, in „Cheek To Cheek“ trifft er den Music-Hall-Stil der 1930er, und in „Chim-Chim-Cheree“ und „Step In Time“ aus Mary Poppins entführt er in eine romantische Märchenwelt. Dabei beherrscht Mattice nicht nur den Hüftschwung von Elvis perfekt, er steppt auch hervorragend – und das beim Singen!

Marilyn Bennett hat den größten Glamour-Faktor. Ganz in Gold in „Goldfinger“ und als Nachtclub-Diva in „Le Jazz Hot“ bringt die Mezzosopranistin mehr als nur einen Hauch von Hollywood nach Hagen. Musicalsängerin Carina Sandhaus changiert zwischen Femme Fatale („Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“) und verliebtem Mädchen („Moon­river“). Hannes Staffler wird in „Stayin’ Alive“ zum Herzensbrecher in Schlaghosen und lässt es in „Live And Let Die“ als James Bond richtig krachen. Tillmann Schnieders ist der charmante Conférencier, der sich in „I Wan’na Be Like You“ aus dem Dschungelbuch mit Bravour zum Affen macht.

Mit Sami Seyhan, dem Sohn der Hagener Mezzosopranistin Kristine Larissa Funkhauser, tritt bereits die nächste Generation auf die Bühne, und Richard van Gemert sorgt als Heinz-Erhardt-Double mit „Und wenn ich einmal traurig bin, dann trink ich einen Korn“ für den Running Gag der Revue.

Bühnenbildner Jan Bammes hat für diesen klingenden Bilderbogen eine großzügige Showtreppe gebaut. Die führt mitten durchs Orchester, so dass Choreograph Ricardo Fernando und Regisseur Thilo Borowczak den Raum für überraschende Auf- und Abgänge nutzen können. Ein Filmstreifen zieht sich als Leitmotiv durch die Raumarchitektur; er bindet auch die Akustikwände optisch ein. Entsprechend werden die Hits durch Videos ergänzt. Die prachtvoll-schrägen Kostüme machen das Erlebnis zum Gesamtkunstwerk.

Liebevolle Effekte

Jan Bammes ist auch der Spezialist für überraschende und witzige Effekte, die der Produktion ihre liebevolle Anmutung geben. So rollt bei „Die nackte Kanone“ ein zwei­dimensionales Polizeiauto auf die Bühne, Flugmaschine und Versenkung kommen unerwartet zum Einsatz, und bei James Bond schießen echte Flammensäulen hoch.

Das Publikum fühlt sich am Ende so, wie das Finale heißt: „Happy“. Und wem das noch nicht reicht, den fordert Marilyn Bennett mit „Always Look On The Bright Side Of Life“ zum Mitsingen auf.

Karten und Termine: www.theaterhagen.de