Essen. Der NRW-Check zeigt, wie sehr es der Partei gelungen ist, als Sprachrohr der Mehrheit angesehen zu werden. Die Verbotsfrage spaltet.
Seit Wochen demonstrieren Menschen im ganzen Land gegen die AfD. Die Sorge vor einem Rechtsruck auch in Deutschland und Europa ist groß. Im aktuellen NRW-Check, den das Meinungsforschungsinstitut Forsa im Auftrag dieser Redaktion und 37 weiterer NRW-Medien erstellt hat, wird deutlich, wie sehr vor allem ältere Menschen um die Demokratie fürchten – und mit welcher Wirkung die AfD in die Gesellschaft strahlt.
57 Prozent und damit mehr als jeder zweite Mensch in NRW plagt sich dieser Tage mit großen oder sehr großen Sorgen um den Bestand der Demokratie. Nur fünf Prozent sind vollkommen sorgenfrei. Menschen aus den geburtenstarken Nachkriegsjahren sind beunruhigter (66 %) als die Jungen, Frauen (61 %) eher als Männer.
Ein Grund wurde konkret abgefragt: Über zwei Drittel der Menschen in NRW sehen in der AfD, die beim Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft ist, eine Gefahr für das demokratische System in Deutschland.
Minderheit oder Mehrheit? So schätzt NRW das Potenzial der AfD ein
Doch wie sehr haben AfD-Haltungen Einzug in die Gesellschaft gehalten? 54 Prozent der Menschen in NRW glauben, dass die politischen Vorstellungen der AfD von einer recht großen Zahl der Bundesbürger für richtig gehalten wird. Nur 40 Prozent glauben, dass die AfD eine Minderheit vertritt. Selbst Anhänger von CDU, SPD und FDP gehen mehrheitlich davon aus, dass die AfD vielen aus der Seele spricht.
Tatsächlich bleibt das Wählerpotenzial allerdings deutlich unter dieser Annahme: Würde am nächsten Sonntag ein neuer Landtag gewählt werden, könnte die AfD 13 Prozent der Stimmen für sich gewinnen. Von all denen, die der AfD bislang ihre Stimme vorenthalten haben, geben im NRW-Check zudem noch einmal acht Prozent an, unter dem Eindruck nicht genannter Entwicklungen bei der nächsten Bundestagswahl umzuschwenken. Und nur sechs Prozent der Menschen im Land trauen der AfD zu, die größten Probleme in NRW zu lösen.
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Das gilt insbesondere für Arbeiterinnen und Arbeiter (25 Prozent) und Selbstständige (19 Prozent). 25 Prozent der Anhängerschaft „Bündnis Sahra Wagenknecht“ wäre ebenfalls nicht abgeneigt, sogar elf Prozent der FDP-Wählenden würde abwandern. Welches Ereignis oder welche Entwicklung diesen Umschwung provozieren würde, bleibt offen.
Deutlich wird aber: Wer zur AfD wechselt, tut das in erster Linie aus Protest: 66 Prozent und damit zwei Drittel der potenziellen AfD-Wählerinnen und Wähler würden der rechten Partei ihre Stimme geben, weil sie mit der Ampelregierung in Berlin unzufrieden sind. Nur 12 Prozent der Befragten sagen, dass sie mit der politischen Vorstellung der AfD übereinstimmen.
Wie also umgehen mit der Partei? Seit den Enthüllungen des Netzwerks „Correctiv“ über ein geheimes Treffen von AfD-Funktionären und Rechtsextremen wird über ein Verbot der Partei diskutiert. NRW zeigt sich im Landes-Check gespalten: 48 Prozent der Befragten halten nicht viel von diesem Schritt, 44 Prozent fänden ihn gut.
Einzig unter jungen Menschen unter 30 gibt es eine klare Mehrheit für das Verbot (60 %), während sogar mehr als zwei Drittel der klassischen Arbeiterinnen und Arbeiter ein Verbot ablehnen. Unter ihnen hat die AfD auch einen anderen Stellenwert: 42 Prozent der Arbeiterinnen und Arbeiter halten die Partei für eine „normale demokratische Partei“ – das ist der höchste Wert unter allen Erwerbsgruppen.
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