Hattingen. Brix Schaumburg aus NRW ist Schauspieler und trans. Welche Erfahrungen er machen musste – und warum er das Selbstbestimmungsgesetz fordert.
Männlich, weiblich, divers. In Zukunft kann jeder selbst entscheiden, welches Geschlecht und welcher Vorname im Pass stehen: Der Bundestag hat das neue Selbstbestimmungsgesetz beschlossen. Es soll die Änderung des Geschlechtseintrags und des Vornamens für trans und nicht-binäre Menschen erleichtern.
Eine einfache Erklärung beim Standesamt reicht nun aus, um Geschlechtseintrag oder Vornamen zu ändern, Bisher mussten sie sich Betroffene dafür zwei psychiatrischen Begutachten unterziehen. Entscheiden musste dann ein Gericht. Festgeschrieben waren diese Regelungen im Transsexuellengesetz, das 1981 in Kraft trat – und vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig befunden wurde. Doch auch das neue Selbstbestimmungsgesetz ist nicht unumstritten.
Wir haben vier Betroffene aus dem Ruhrgebiet gefragt, wie sie das neue Gesetz finden. Hier erzählt Brix Schaumburg aus Hattingen, der erste geoutete trans Schauspieler Deutschlands, von seinen Erfahrungen:
„,Wie befriedigen Sie sich selbst?‘, ,Welches Sexualverhalten haben Ihre Eltern‘, ,Welche Unterwäsche tragen Sie?‘: Als ich 2013 meinen Namen- und Geschlechtseintrag über das Transsexuellengesetz habe ändern lassen, musste ich mich Fragen wie diesen stellen. ,Vor mir sitzt ein gutaussehender, junger Mann mit echt männlichen Hobbys‘: Sätze wie diese wurden dann in meinem Gutachten notiert. Das ganze Verfahren war schrecklich. So schrecklich, dass ich es lange verdrängt habe.
Hattinger ist Deutschlands erster geouteter trans Schauspieler
Erst als ich mich auf die Doku ,Ab heute – Der lange Weg zum eigenen Namen‘, die Freunde von mir produziert haben, vorbereitet habe, konnte ich mich wieder erinnern. In der Doku erzähle ich zusammen mit vielen anderen trans Personen von meinen Erfahrungen. Ich bin Deutschlands erster offiziell geouteter trans Schauspieler.
,Wow, das sieht man dir gar nicht an‘: Diesen Satz höre ich so oft. Seitdem man mir ,nichts mehr ansieht‘, werde ich definitiv anders behandelt. Und weil ich mit einer Frau verheiratet bin, Kind und Hund habe, sagt sowieso keiner mehr was. Im Alltag erfahre ich also kaum Diskriminierung. Das gibt mir auch Kraft, weiter laut zu sein und mich für die Rechte der queeren Community einzusetzen. Die Queerfeindlichkeit wächst.
Das jetzt in der Debatte um das Selbstbestimmungsgesetz der Transleidensweg ignoriert wurde und stattdessen einige ,warnen‘, dass nun alle wild durch die Gegend laufen würden und ihr Geschlecht ändern lassen, um so in Frauenschutzräume einzudringen: Bei solchen Aussagen wird mir schlecht.
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Ging es in der Debatte wirklich noch um die Menschen, die das Selbstbestimmungsgesetz betrifft? Ich habe Angst, dass das Selbstbestimmungsgesetz aufgrund der ganzen Hetze in der Gesellschaft doch noch geändert wird. Bis es wirklich in Kraft getreten ist, traue ich mich nicht, mich zu freuen.“
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